Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1347 –
Drucksache 18/12850
Die im Ausschuss behandelten Prüfbesuche der Bundesbeauftragten bezogen sich in erster Linie auf den
Sachverhalt der NSA-Selektoren. Die untersuchten Datenbanken und Filtersysteme werden jedoch auch für
die BND-eigene Erfassung genutzt. Die rechtliche Kritik der Bundesbeauftragten daran hält der Ausschuss
für unzutreffend (siehe Abschnitt III.1).
5.
Fach- und Dienstaufsicht
Der oben genannte mündliche Bericht des BND-Präsidenten Schindler am 28. Oktober 2013 war der erste
konkrete Hinweis an das Bundeskanzleramt auf politisch heikle oder unverhältnismäßige Ziele in der strategischen Fernmeldeaufklärung des BND. In der Folge erließ BND-Präsident Schindler auf Veranlassung des
Bundeskanzleramts die Weisung an die Unterabteilungen T1 und T2 des BND, alle Selektoren mit Bezügen
zu EU- oder NATO-Partnern zu deaktivieren. Der Ausschuss befasste sich daher intensiv mit den Umständen
und dem Ablauf dieses Termins. Ein Protokoll dieses Treffens von nur „wenigen Minuten“ lag nicht vor,
aber die Teilnehmer wurden dazu als Zeugen befragt.
Unklar ist geblieben, ob während oder am Rande dieses Gesprächs vom Bundeskanzleramt ein ausführlicher
Bericht angefordert wurde. Während der BND-Präsident a. D. Schindler hierüber keine Aussage traf, erinnerte sich der damalige Bundesminister Pofalla als einziger Teilnehmer, vom BND-Präsidenten einen schriftlichen Bericht über den mündlich vorgetragenen Sachverhalt angefordert zu haben. Wie der Zeuge Pofalla
ausführte, sei das Kanzleramt sehr gut organisiert und verfüge über ein konsequentes Berichtswesen, so dass
er den angeforderten Bericht auch ohne Fristsetzung vor weiteren Schritten abwarten konnte. Weil ihm ein
Bericht bei Amtsübergabe nicht vorgelegen habe, habe er – ohne Klarheit über alle Details – keine Veranlassung gesehen, seinen Amtsnachfolger, Bundesminister Altmaier, oder gar die Bundeskanzlerin über den
Sachverhalt zu informieren. Der Leiter der Abteilung 6, Heiß, wiederum gab an, das Problem habe sich aus
seiner Sicht mit der vereinbarten Weisung an den BND erledigt gehabt, er informierte deshalb im Nachgang
der Besprechung weder das zuständige Fachreferat 603 in seiner Abteilung im Kanzleramt noch später den
neuen Chef des Kanzleramts Altmaier oder den Beauftragten für die Nachrichtendienste des Bundes, Staatssekretär Fritsche.
Ungeklärt blieb aus Sicht des Ausschusses zudem, welche Angaben zum Umfang an Zielobjekten mit Bezug
zu Partnerstaaten BND-Präsident Schindler seinen Gesprächspartnern Pofalla und Heiß tatsächlich gemacht
hatte. Der Zeuge Schindler erinnerte sich, sein damaliger Kenntnisstand habe auf einen Vermerk des BND
vom gleichen Tag beruht, in dem auf die Problematik hingewiesen und berichtet wurde, dass doch eine „beachtliche Anzahl von EU- und NATO-Zielen“ in der strategischen Fernmeldeaufklärung des BND gesteuert
würden. Zielobjekte seien beispielsweise Botschaften von EU- und NATO-Staaten gewesen. Nach Aussage
des Abteilungsleiters Heiß hingegen sei nur von einem „kleinen Kreis von Einzelfällen“ die Rede gewesen.
Man wähnte sich, wie es Abteilungsleiter Heiß ausdrückte, „im Stande der Unschuld. Wir hatten nicht die
Vermutung, dass wir irgendwelche politisch heiklen Steuerungen haben, und insofern waren wir in der Tat
von dieser Quarantäneliste wirklich überrascht.“
Sowohl der Zeuge Pofalla als auch Abteilungsleiter Heiß berichteten jedenfalls übereinstimmend, dass es
sich nur um Fälle in Krisenländern gehandelt habe. Falls der BND-Präsident von seiner Behörde aber in dem