Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

Datenbanksystemen und Brüche bei der Überführung in neue Systeme. Für die Kernfrage der Verhältnismäßigkeit beim Einsatz konkreter Selektoren in der Erfassung war dies erst einmal unerheblich, da ein möglicherweise nicht angemessener Eingriff in Grundrechte erst im Fall eines Treffers bei Durchführung der strategischen Fernmeldeaufklärung eingetreten wäre. Auf Grundlage der fehlenden Dokumentation war es auch
dem Ausschuss nur zum Teil möglich, die Motivlage, also den Anfangsverdacht, der Anlass zum Einsatz
einzelner Selektoren zur Aufklärung eines bestimmten Themas im Auftragsprofil der Bundesregierung gewesen war, in jedem Fall nachzuvollziehen und zu bewerten.
Es bestehen erhebliche Zweifel, ob und in welchem Ausmaß es zu einem Großteil der inkriminierten Selektoren zu Partnerstaaten überhaupt ein relevantes Aufkommen an Telekommunikationsdaten beim BND gab.
Technisch versierte Zeugen der Abteilung TA verwiesen in diesem Zusammenhang auf die Streckenauswahl
und die Beschaffenheit der Erfassungssysteme, die vor allem auf Krisengebiete ausgerichtet seien und somit
von vorneherein Treffer auf Ziele in Europa unwahrscheinlich erscheinen lassen. Diese Tatsache dürfte wiederum dazu beigetragen haben, dass die Selektoren weiter aktiv in der Erfassung verblieben, gerade weil sie
gar keine Treffer generierten und somit auch die Nachrichtenbearbeitung und Auswertung des BND nicht
belasteten und mithin auch nach damaliger Lesart keine große rechtliche Relevanz hatten.
Ein völlig anderer Hinweis auf eine vom BND angeblich durchgeführte technische Aufklärung eines Partnerstaates wurde Ende Oktober 2013 von der „Washington Post“ publiziert. Die Zeitung berichtete, in einer
2008 vom BND „versehentlich“ an die USA übergebenen Liste seien 300 Telefonnummern von Bürgern der
USA aufgeführt gewesen. Daraus könne gefolgert werden, dass der BND Ziele in den USA überwache oder
überwacht habe.
BND-Präsident a. D. Schindler dementierte den Vorgang wie auch das Vorhandensein einer entsprechenden
Liste. Er berichtete dem Ausschuss, es seien in der Vergangenheit in der nachrichtlichen Zusammenarbeit
mit den USA lediglich einmal Selektoren vom BND vorgeschlagen worden, bei denen man nicht erkennen
konnte, ob sie sich auf US-Bürger bezogen. Die US-Seite habe die Nutzung dieser Selektoren abgelehnt. Er
stellte zudem öffentlich klar, dass weder „aus der deutschen Botschaft in Washington“ eine „Fernmeldeaufklärung durchgeführt“ noch „die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika“ aufgeklärt worden sei.
„Etwaige zufällige Erfassungen durch unsere technischen Systeme werden gelöscht.“ Der Ausschuss hat keinen Anhaltspunkt, der die Feststellungen des früheren BND-Präsidenten dazu in Zweifel zöge.
3.

Folgen und Maßnahmen ab März 2015

Seit dem Bekanntwerden der Probleme der BND-eigenen Erfassung wurden in der Abteilung TA des BND
umfassende Maßnahmen umgesetzt, um solche Probleme für die Zukunft auszuschließen. Die Defizite bei
den BND-eigenen Selektoren wurden aufgearbeitet, ein „unabhängiges Qualitätssicherungselement“ in die
Entscheidungsprozesse über die Auswahl von Selektoren eingefügt; diese müssen nun „mehrere Prüfschritte“
einer „Überprüfungskette“ durchlaufen. Es wurden klare Kriterien und Richtlinien für die Mitarbeiter erstellt,
das Primat der Auswertung bei der Steuerung der Beschaffung wurde umgesetzt – wie im Bericht des Parla-

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