Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1343 –
Drucksache 18/12850
bei der ausführlichen Aufklärung der BND-eigenen Selektoren und dem zutreffenden Verweis auf die Aktenlage in seiner Befragung den Vorwurf entkräften, das Kanzleramt hätte mit der Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Oktober 2015 nur einer unmittelbar bevorstehenden Presseberichterstattung zu diesem Thema zuvorkommen wollen.
Die Prioritätensetzung der Bundesregierung zugunsten des damaligen Untersuchungsauftrags war in der Bewertung des Ausschusses nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Nach Vorliegen der Sachstands- und
Controllingberichte des BND erfolgten im Mai und Oktober 2015 pflichtgemäß Berichte an das Parlamentarische Kontrollgremium entsprechend des zum jeweiligen Zeitpunkt belastbar und fundiert zusammengetragenen, geprüften und aufbereiteten Sachstands.
Dagegen wurde das Parlamentarische Kontrollgremium nicht bereits unmittelbar nach dem 28. Oktober 2013
davon in Kenntnis gesetzt, was Gegenstand der Besprechung im Bundeskanzleramt war und welche Weisung
im BND in welcher Form umgesetzt wurde. Eine frühzeitige Einbeziehung der parlamentarischen Kontrolle
hätte nach Einschätzung des Ausschusses vermutlich dazu geführt, dass die Problematik im Zusammenwirken von BND und Bundeskanzleramt nicht erst im Zusammenhang mit den NSA-Selektoren ab Frühjahr
2015 erörtert und letztlich gelöst worden wäre, sondern bereits rund 15 Monate früher.
2.
Befunde zu EU- und NATO-Partnern
Das Parlamentarische Kontrollgremium ließ die Vorgänge durch eine Task Force im Zeitraum vom 16. Oktober 2015 bis zum 22. Februar 2016 untersuchen und fasste seine Ergebnisse in einem Bericht zusammen.
Da dem Ausschuss zum Sachverhalt nur Streng Geheim eingestufte Akten vorgelegt wurden, nimmt der
Ausschuss auf die Befunde des Parlamentarischen Kontrollgremiums zu den BND-eigenen Selektoren aus
diesem offenen Bericht vom 7. Juli 2016 Bezug, die seinen eigenen Erkenntnissen entsprechen.
Zur Gruppenliste schreibt das Parlamentarische Kontrollgremium: „Sie beinhaltet zahlreiche Ziele, die der
BND aus seiner Fernmeldeaufklärung herausgenommen und gesperrt hat, weil sie Bezüge zu EU- oder
NATO-Staaten aufweisen, also Ziele in EU- oder NATO-Staaten bzw. Einrichtungen von EU- oder NATOStaaten betrafen.“ Die Ziele wurden von der Task Force priorisiert und einzelne stichprobenartig anhand von
Dossiers zu „potentiell als sensibel“ markierten Zielen genauer untersucht.
Von den 3.300 Teilnehmern der Gruppenliste war laut Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums etwa
ein Drittel „rechts- und auftragskonform“ und daher „nicht zu beanstanden“. Die übrigen zwei Drittel konnten nicht pauschal beurteilt werden: Eine größere Zahl „könnten“ „unter Umständen“ zulässige Ziele sein, es
„dürfte“ sich darunter jedoch auch eine größere Zahl von Teilnehmern befinden, die als „nicht auftragskonform und rechtlich unzulässig“ zu betrachten seien – etwa „führende Politiker“ aus Partnerländern oder europäische Institutionen. Dabei wurde auf den rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der nachrichtendienstlichen Aufklärung „in Bezug auf die (bündnis-)partnerschaftlichen Beziehungen zu anderen
Staaten“ rekurriert; auch waren die Hintergründe zur Auswahl einiger Selektoren für die Erfassung nicht
ausreichend dokumentiert. Ein eindeutiger Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen oder das Auftragsprofil
der Bundesregierung wird hingegen im Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums nicht genannt.
Denn in keinem einzigen Fall stellte das Parlamentarische Kontrollgremium in seinem offenen Bericht fest,