Drucksache 18/12850
– 1342 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
noch nicht vollständig. Die Ablehnungsliste der NSA-Selektoren und die Frage ihrer Freigabe für den Ausschuss (siehe Abschnitt III.2) hatten nach Aussage des Staatssekretärs Fritsche angesichts der damaligen
Fassung des Untersuchungsauftrags „absolute Priorität.“
Nachdem eine Erstauswertung der NSA-Selektoren stattgefunden hatte, wurde im April 2015 das Parlamentarische Kontrollgremium gemeinsam mit den Obleuten des Ausschusses darüber unterrichtet. Als Stellungnahme auf die darauf folgende Presseberichterstattung stellte die Bundesregierung in einer Presseerklärung
am 23. April 2015 fest: „Das Bundeskanzleramt steht zu dem heute in Presseveröffentlichungen thematisierten Vorgang mit dem Bundesnachrichtendienst seit mehreren Wochen in intensivem Kontakt und hat diesen
angewiesen, den komplexen Sachverhalt vollständig aufzuklären. Im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht
hat das Bundeskanzleramt technische und organisatorische Defizite beim BND identifiziert. Das Bundeskanzleramt hat unverzüglich Weisung erteilt, diese zu beheben. Nach wie vor gibt es keine Hinweise auf eine
massenhafte Ausspähung deutscher und europäischer Staatsbürger. Die zuständigen parlamentarischen Gremien wurden und werden fortlaufend über den Sachverhalt, die ergriffenen Maßnahmen sowie die geplanten
Konsequenzen unterrichtet.“
Dieser Erklärung entsprechend wurde am 6. Mai 2015 dem Parlamentarischen Kontrollgremium ausführlich
über die NSA-Selektoren berichtet. Bereits bei dieser Sitzung waren die BND-eigenen Selektoren, deren
Prüfung zu diesem Zeitpunkt noch andauerte, ebenfalls Thema. Das Parlamentarische Kontrollgremium monierte jedoch später in seinem Bericht, die diesbezügliche Unterrichtung sei nur „rudimentär“ und „nicht
angemessen“ gewesen, weder in dieser „noch in einer anderen Sitzung vor Oktober 2015“ habe eine Unterrichtung „in einer dem Vorgang gebotenen Form“ stattgefunden. Erst im Oktober 2015 sei das Parlamentarische Kontrollgremium „ausführlicher“ informiert worden.
BND-Präsident a. D. Schindler hingegen zitierte bei seiner Vernehmung vor dem Ausschuss aus seinem
damaligen Sprechzettel. Danach hatte er schon bei der Sitzung am 6. Mai 2015 das „Sonderproblem – eigene
Erfassung“ mit Verweis auf die Besprechung im Bundeskanzleramt und die nachfolgende Weisung am
28. Oktober 2013 und den damals mit ähnlichen Worten geschilderten Informations- und Kenntnisstand angesprochen. Er habe im Parlamentarischen Kontrollgremium ausgeführt, dass „Telekommunikationsmerkmale zu Einrichtungen und Personen von Partnern“ in der Erfassung aktiv waren, etwa „Botschaften von EUStaaten und/oder NATO-Partnern in Krisengebieten oder in Einsatzgebieten der Bundeswehr“. Nach dieser
„Vorabunterrichtung“ habe es jedoch „keinerlei Nachfragen“ seitens des Gremiums gegeben. Es sei damals
„zu 99 Prozent“ um die NSA-Selektoren gegangen – nach Bewertung des Ausschusses vermutlich aufgrund
der öffentlichen Aufmerksamkeit.
Nach Einsetzung der unabhängigen sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich und dem Vorliegen eines internen Abschlussberichts zu den NSA-Selektoren vom August 2015 konnte auch die Informationslage
zur BND-eigenen Erfassung weiter verdichtet werden, bis Ende September 2015 ein abschließender „separater Bericht“ vom BND dazu vorlag. Staatssekretär Fritsche schlug daraufhin Kanzleramtsminister Altmaier
vor, das Parlamentarische Kontrollgremium umfassend zu informieren, was dann im Oktober 2015, also „in
der nächsten Sitzung“, erfolgte. Staatssekretär Fritsche konnte mit der Schilderung der zeitlichen Abläufe