Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1341 –
Drucksache 18/12850
auch der Leitungsebene des BND. Auf Seiten des Bundeskanzleramts ging der allein informierte Abteilungsleiter 6 davon aus, die Problematik sei innerhalb des BND geklärt und forderte keine Berichte an.
1.
Ereignisse von März bis Oktober 2015
In Folge eines Beweisbeschlusses des Ausschusses wurde im März 2015 die Ablehnungsdatei der NSA-Selektoren (siehe Abschnitt III.2) erstmals in Form einer Liste ausgedruckt und über die Leitung des BND an
das Bundeskanzleramt gemeldet. Nach Besprechungen im Kanzleramt reiste Bundesminister Altmaier nach
Pullach und stieß eine grundlegende Prüfung und Aufklärung der von der NSA im Rahmen der Bad Aiblinger
Kooperation eingesteuerten Selektoren an. Bei diesem Besuch kam auch die BND-eigene Erfassung zur
Sprache.
Bei der anschließenden Revision der BND-eigenen Selektorenbestände wuchs die Gruppenliste bis zum
23. Oktober 2015 zunächst auf ca. 3.300 Teilnehmer mit insgesamt 15.000 Selektoren an – dem Stand, zu
dem sie durch die sogenannte Task Force des Parlamentarischen Kontrollgremiums geprüft wurde.
Im Rahmen der durch Bundesminister Altmaier angestoßenen Aufklärung forderte die Fachabteilung im Bundeskanzleramt nunmehr zahlreiche Berichte beim BND an und stellte eine „Fülle von Nachfragen“. Der BND
wurde an die „kurze Leine“ genommen. Diese Berichte und laufend fortgeschriebene Sachverhaltsdarstellungen hatten vorrangig die NSA-Selektoren zum Gegenstand, behandelten jedoch zunehmend auch die Problematik um die Nutzung BND-eigener Selektoren und die Ereignisse beim Umgang damit seit 2013.
Eine BND-interne Prüfgruppe unter der Leitung der Datenschutzbeauftragten des BND untersuchte ab
März 2015 akribisch die Defizite bei der Prüfung der NSA-Selektoren. Ziel der Prüfung war eine Revision
aller Deaktivierungen und die Erstellung eines ausführlichen Berichts. Die Prüfgruppe traf hierzu allgemeine,
auch auf den Umgang mit den BND-eigenen Selektoren zutreffende Feststellungen. Vor Oktober 2013 war
die Erfassung nichtdeutscher Telekommunikationsmerkmale in der Abteilung TA offensichtlich kaum geregelt. So hätten die Mitarbeiter bei der Selektorenprüfung zu wenige Vorgaben gehabt, welche Selektoren
zulässig waren und wo besondere Vorsicht geboten wäre, etwa bei EU-Ausländern oder -Institutionen. Die
Prüfgruppe berichtete dem BND-Präsidenten nach Aussage ihrer Leiterin, die Mitarbeiter seien zwar „sehr
intensiv in der Vergangenheit geschult worden zum Thema G 10; aber die sonstigen Interessen, europäische
Interessen und Ähnliches, da herrschte offensichtlich Unkenntnis.“ Auch habe es keinen „zentralen Ansprechpartner für Selektorenfragestellungen oder Ähnliches“ gegeben, an den sich die Mitarbeiter hätten
wenden können. Von der Arbeitsgruppe wurden folgerichtig Empfehlungen für Maßnahmen formuliert, mit
denen die Rechtssicherheit für die Mitarbeiter beim Umgang mit Selektoren erhöht werden konnte.
Sowohl im BND als auch im Kanzleramt erfolgte ab März 2015 die Untersuchung der BND-eigenen Selektoren parallel zur Aufklärung der umfangreichen Ablehnungsliste mit NSA-Selektoren. Nur die NSA-Selektoren waren zum damaligen Zeitpunkt vom Untersuchungsauftrag des Ausschusses umfasst und in ihrer ganzen Dimension und Reichweite schon im März 2015 greifbar geworden – der wahre Umfang der kritischen
BND-eigenen Selektoren hingegen wurde erst durch die schriftlichen Berichte im Zuge der Aufarbeitung
deutlich. Dementsprechend waren die gesicherten Informationen, die die Bundesregierung über die BND-eigene Erfassung vor Abschluss der Berichterstattung an die parlamentarischen Gremien weitergeben konnte,