Drucksache 18/12850
– 1340 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Informationen über Krisengebiete seien im BND auch (dort befindliche) Botschaften und Einrichtungen von
„Partner-“ bzw. „befreundeten Staaten“ in die Aufklärung einbezogen worden.
Der Zeuge Schindler erinnerte sich bei seiner Befragung durch den Ausschuss dahingehend, vor seiner Berichterstattung im Bundeskanzleramt sei er auch in Form einer mehrseitigen Liste des BND darüber unterrichtet worden, dass eine „beachtliche Anzahl von EU- und NATO-Zielen“ wie „beispielsweise“ deren Botschaften gesteuert worden seien. In dieser Sammlung sei ihm das „ein Stück weit ungeheuer“ vorgekommen,
weshalb er das Bundeskanzleramt unterrichtet habe. Als einziger der drei Beteiligten konnte sich der Zeuge
an den zeitlichen Kontext der Unterredung erinnern. Sie erfolgte vier Tage, nachdem medienwirksam über
den Satz der Bundeskanzlerin „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht“ mit Blick auf die Aktivitäten
der NSA berichtet worden war. Abteilungsleiter Heiß hingegen glaubte, als Auslöser für den Bericht des
BND-Präsidenten eine Snowden-Veröffentlichung zur Ausspähung von Botschaften durch die NSA in Erinnerung zu haben. Bei den vom BND-Präsidenten berichteten Zielen der BND-eigenen technischen Aufklärung habe es sich nach seiner Erinnerung nur um einen kleinen Kreis von „Einzelfällen“ gehandelt, die rechtsund auftragskonform, jedoch politisch heikel seien.
Ein Teil dieser Selektoren mit Bezug zu Partnerstaaten wurde in der Abteilung TA sofort nach der von Präsident Schindler erteilten Weisung deaktiviert und zum Schutz vor einer erneuten Aktivierung in eine sogenannte Quarantäne- bzw. Gruppenliste verschoben. Parallel dazu entwickelte die Abteilung TA ihre im Vorfeld bereits erarbeitete Weisungslage im Frühjahr und Sommer 2014 fort und differenzierte sie aus, damit
nicht Ziele von hoher Auftragsrelevanz und nachrichtendienstlicher Bedeutung aus der Erfassung entfielen,
zugleich aber das Votum der Kanzlerin, „Freunde nicht auszuspionieren“ umgesetzt werden konnte. Hierzu
erließ der damalige Abteilungsleiter TA Hartmut Pauland mehrere Weisungen.
Die damit einhergehende Neuregelung der Verfahrensabläufe und der Verzicht auf Ziele mit Bezug zu
NATO- und EU-Ländern war für die Abteilung TA ein „massiver Umbau und Einschnitt“, wie es Abteilungsleiter Pauland formulierte. Die Deaktivierung von Selektoren, die Regierungseinrichtungen von
EU- und NATO-Ländern betrafen, vollzog sich in mehreren Schritten, aber wenig geordnet: Die pauschale
Weisung vom 28. Oktober 2013 war automatisiert umgesetzt worden, wodurch auch legitime Selektoren
deaktiviert worden waren. Hinsichtlich einzelner Länder musste per Hand nachgesteuert werden, wobei eine
Wiederaufnahme bereits gesperrter Selektoren in die Erfassung nur mit Zustimmung des zuständigen UAL
T2 bzw. Abteilungsleiters TA erfolgen durfte. Die Herausnahme von Selektoren aus der Erfassung oder ihre
Kennzeichnung als keinesfalls zu aktivieren blieb in den Außenstellen der Abteilung TA dabei im Ergebnis
fragmentarisch. Die deaktivierten Selektoren wurden zwar in der Quarantäneliste – auch zur Vermeidung
einer erneuten Einstellung – gesammelt, aber bei der Migration wurden aus technischen Gründen auch Daten
gelöscht, die Aufschluss darüber gegeben hatten, aus welchen Gründen einst eine Steuerung erfolgt war. Vor
dem Hintergrund einer hohen Arbeitsbelastung der Abteilung TA und den teilweise separierten technischen
Systemen der Außenstellen war dies vorerst auch nicht aufgefallen. Dass bis März 2015 eine Fristsetzung
und Kontrolle bei Umsetzung der Weisung vom 28. Oktober 2013 und den späteren Weisungen der Abteilungsleitung von 2014 nicht erfolgte, hält der Ausschuss für ein Versäumnis der Abteilungsleitung TA wie