Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
V.
– 1339 –
Drucksache 18/12850
BND-eigene Erfassung
Nach einer Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums Mitte Oktober 2015 wurde öffentlich
bekannt, dass der BND in seiner eigenen strategischen Fernmeldeaufklärung Suchbegriffe nutzte, die Ziele
mit Bezug zu EU- oder NATO-Mitgliedsstaaten erfassen sollten. Dem Kanzleramt sei dies schon mindestens
seit März 2015 bekannt gewesen. Der Untersuchungsauftrag wurde in der Folge mit Beschluss des Plenums
vom 9. Juni 2016 um die Thematik der seit 2013 aus der Erfassung genommenen BND-eigenen Selektoren
erweitert, da sich der ursprüngliche Untersuchungsauftrag auf Kooperationen mit Nachrichtendiensten der
FIVE EYES-Staaten beschränkte.
1.
Kenntnis und Weisungslage 2013 bis 2015
Für den BND stand aufgrund der gesetzlichen Aufgabenbereichsbestimmung in § 1 Abs. 2 BNDG außer
Frage, dass mit allen aktiv gestellten Zielen der strategischen Fernmeldeaufklärung in Gestalt von Suchbegriffen (Telekommunikationsmerkmalen) immer nur Themen gemäß dem Auftragsprofil der Bundesregierung bearbeitet werden dürfen. Für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit außerhalb dieses Auftragsprofils
gab und gibt es keine Anhaltspunkte. 2013 wollte der damalige BND-Präsident Schindler die begrenzten
Ressourcen des BND insgesamt und über alle Abteilungen hinweg auf wesentliche Teile konzentrieren und
ließ daher generell in seiner Behörde hinterfragen, welche Regionen und Themen von der Abteilung TA mit
welchem Aufwand und mit welchen Ansätzen aufgeklärt werden.
Vor diesem Hintergrund, aber ohne dass der BND-Präsident zu diesem Zeitpunkt davon Kenntnis erlangt
hätte, wurde im Frühjahr 2013, also noch vor den ersten Snowden-Veröffentlichungen, in der Abteilung TA
auf selbständige Initiative des UAL T2 zum ersten Mal eine schriftliche Weisung zu der Frage erarbeitet,
welche Zielobjekte von bzw. in EU- und NATO-Staaten in welchen Fällen zur Erfassung genutzt werden
dürfen. Dies sei „Routine“ gewesen, so der ehemalige UAL T2 in seiner Vernehmung. Gleichzeitig wollte
man in der Abteilung TA mit dieser Neuregelung, allerdings mit nicht angemessener Verzögerung nach einem Vorgang aus dem Jahr 2008, für die Mitarbeiter „Rechtssicherheit“ schaffen: Bezogen auf eine „andere
Aufkommensart“, wie das Parlamentarische Kontrollgremium dazu feststellte, war 2008 vom Bundeskanzleramt entschieden worden, keine Ziele mit UN- oder EU-Bezug aufzuklären. Dies war jedoch im BND ohne
Auswirkungen auf die strategische Fernmeldeaufklärung geblieben, weil eine pauschale Deaktivierung von
Suchbegriffen dazu geführt hätte, dass wesentliche vom Auftragsprofil der Bundesregierung umfasste Bereiche nicht mehr erfasst worden wären.
Nach ersten Deaktivierungen von Selektoren und noch vor Inkrafttreten des 2013 weitgehend fertiggestellten
differenzierten Weisungsentwurfs wurden die zuständigen Unterabteilungen der Abteilung TA am 28. Oktober 2013 durch den BND-Präsidenten pauschal angewiesen, die Aufklärung aller Zielobjekte mit Bezug zu
„Partnerländern“ einzustellen – nach Erinnerung des UAL T2 sind dabei „EU- und NATO-Staaten explizit
genannt worden.“ Die entsprechende Weisung erteilte der Präsident fernmündlich. Die Entscheidung dazu
war am gleichen Tag im Bundeskanzleramt einvernehmlich mit dem damaligen Kanzleramtsminister Pofalla
und dem Abteilungsleiter 6 Heiß besprochen und vom Bundesminister vorgegeben worden. Präsident
Schindler soll zuvor nach Erinnerung der Zeugen Pofalla und Heiß vorgetragen haben, zur Beschaffung von