Drucksache 18/12850
– 1334 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
die kooperative Überwachung ausgewählter ausländischer Telefon- und Faxverkehre sicherheitspolitisch
notwendig und nach damaligem technischem Stand rechtlich angemessen war.
3.
Zweite Phase
Nach dem Übergang zur Vermittlung von Datenpaketen (paketvermittelter Verkehr) konnte der Netzbetreiber dem BND zwar Verkehre (vornehmlich aus dem Ausland) zur Verfügung stellen, aber diese konnten
aufgrund der Übertragungsweise immer auch G 10-relevante Daten enthalten. Diese ließen sich aus technischen Gründen nicht in gleicher Weise erkennen und ausfiltern wie bei den leitungsvermittelten Verkehren.
Der Netzbetreiber erbat daher vom BND die Einholung einer G 10-Anordnung, da eine Ausleitung von
G 10-relevanten Daten ohne Rechtfertigung durch das G 10 telekommunikations- und strafrechtlich problematisch gewesen wäre. Dem Netzbetreiber war aufgrund des vorhergehenden Transitvertrags positiv bekannt, dass aufgrund einer solchen Anordnung nicht nur G 10-Daten, sondern vorrangig nicht G 10-geschützte Verkehre erfasst werden sollten.
Die G 10-Anordnung stellte also keineswegs ein Täuschungsmanöver gegenüber dem Netzbetreiber dar. Sie
war vielmehr eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme und diente somit bei EIKONAL der rechtlich zulässigen
Erfassung relevanter Verkehre von Grundrechtsträgern, sollten sich deren Daten in der erfassten paketvermittelten Kommunikation befinden. BND und Kanzleramt vertraten hierbei die vertretbare, auf die §§ 27,
28 TKÜV gestützte Auffassung, dass das G 10 im Rahmen einer Anordnung die gleichzeitige Ableitung von
Ausland-Ausland-Verkehren nicht verbot und dieses mangels Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nach
BND-Gesetz auch ohne zusätzliche gesetzliche Ermächtigung zulässig war.
Die G 10-Kommission wurde zwar über die Erfassung von paketvermittelten Verkehren im Rahmen des G 10
und die technischen und rechtlichen Probleme hierbei informiert. Nicht mitgeteilt wurde ihr jedoch, dass es
auch weitere Erfassungsziele außerhalb des G 10 und der G 10-Anordnung gab, die neben den G 10-Zielen
erhoben wurden und dass es eine Kooperation mit der NSA in diesem Fall gab.
Der damalige Abteilungsleiter 6 des Kanzleramtes, Uhrlau, hat den Vorwurf der „Lüge“ gegenüber der zuständigen G 10-Kommission zurückgewiesen. Die Kommission habe G 10-Suchbegriffe genehmigt, mit denen aus einem Datenstrom die relevanten Informationen ausgefiltert würden. Dabei werde gleichwohl der
gesamte Datenstrom erfasst: „Zwischen Routineverkehren und G 10-Erfassung gibt es keine Brandmauer.“
Das sei der Kommission natürlich bewusst gewesen.
Da sich die Befugnisse der G 10-Kommission allein auf die vom G 10 umfassten Kommunikationen erstreckt, bestand hier auch keine Rechtspflicht der Bundesregierung, die Kommission entsprechend über konkrete Erfassungen von nicht dem G 10 unterfallenden Verkehren oder gar Kooperationen mit ausländischen
Nachrichtendiensten zu unterrichten. Die Kommission wurde über die Möglichkeit informiert, dass anlässlich von Erfassungen auf Grundlage von G 10-Anordnungen auch Ausland-Ausland-Verkehre – also außerhalb des G 10-Regelungsregimes – erhoben, verarbeitet und an Partner übermittelt werden. Die Kommissionsmitglieder waren jedenfalls faktisch über diese Praxis des BND informiert. Der Zeuge Uhrlau erinnerte
sich zudem noch an einen Vororttermin der G 10-Kommission in Frankfurt am Main an der Erfassungsstelle
des Projekts EIKONAL.