Drucksache 18/12850
– 1328 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Das zentrale Problem bestand darin, dass die politischen Vorgaben des MoA niemals in handhabbare operative Kriterien umgewandelt und von der Leitung gegenüber den mit der Prüfung betrauten Sachbearbeitern
kommuniziert wurden. Entsprechende Schulungen und eine Dienstvorschrift wurden erst infolge der Untersuchung der BND-eigenen Selektoren ab März 2015 in Angriff genommen.
Als Reaktion der Bundesregierung auf die fehlenden Begründungen der NSA bei den Internetselektoren war
in der Presse berichtet worden, die Kooperation mit der NSA in Bad Aibling sei bis zur Lieferung von Begründungen vorübergehend eingestellt worden. Bundesminister Altmaier erklärte dazu vor dem Ausschuss,
er hätte „…immer großen Wert darauf gelegt, dass wir solche Selektoren steuern, von denen wir auch wissen,
was sie bedeuten. Andernfalls können wir unserer Verpflichtung nicht gerecht werden.“ Dies habe die amerikanische Seite auch verstanden und es habe „eine gute Kooperation gegeben.“
d)
Wie viele Selektoren waren wie lange aktiv? Welche Daten wurden übermittelt?
Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob nach Einstellung der Selektoren auch unzulässige Datenübermittlungen an die NSA erfolgt sind, ist nach dem Bericht der unabhängigen sachverständigen Vertrauensperson nicht bereits die Einstellung eines Selektors in das Suchprofil der NSA, sondern erst die Übermittlung von Treffern bei der Anwendung des Profils auf die jeweils erfasste Datenbasis.
–
Ob und welche Daten (Treffer) an die NSA weitergeleitet wurden, lässt sich nicht mehr rekonstruieren.
Die Trefferanzahl dürfte anhand der Ausrichtung der Satellitenerfassung auf Strecken mit Bezug zu
bestimmte Krisengebiete eher gering gewesen sein.
–
Es konnte lediglich rekonstruiert werden, dass der ganz überwiegende Teil abgelehnter Selektoren nie
aktiv für die Erfassung genutzt wurde. Etwa 21% waren kurzfristig, nur 10% länger gesteuert.
–
Bei den untersuchten rund 40.000 Selektoren kann danach differenziert werden, ob sie von vorneherein
gar nicht in das Erfassungsprofil eingesteuert, nach einer kurzen Zeit (Quartalsprüfungen) wieder entnommen oder erst bei einer der außerordentlichen Sonderprüfungen ab 2013 deaktiviert wurden.
–
Bei den Regierungsstellen von EU-Mitgliedsländern waren die Selektoren zumeist länger aktiv (vermutlich größtenteils bis 2013), bei G 10-relevanten Selektoren größtenteils nie. Die meisten der untersuchten Selektoren waren nicht aktiv gestellt, d. h. sie sind in Folge des Prüfprozesses im BND vor
Beginn der Erfassung aus dem System in Bad Aibling genommen worden.
–
Auf der Liste waren rund 15% Deutsche in Deutschland und rund 11% Deutsche im Ausland zu finden,
davon waren in Deutschland rund 31%, im Ausland rund 58% kurzfristig oder länger gesteuert. Im
Ergebnis waren rund 4.500 G 10-relevante Selektoren zu irgendeinem Zeitpunkt aktiv.
–
Bei einer zahlenmäßigen Einordnung ist zu unterscheiden zwischen Erfassungszielen (Teilnehmern)
und daraus gebildeten Selektoren (formalen Suchbegriffen bzw. Telekommunikationsmerkmalen,
TKM) wie etwa E-Mail-Adressen oder Telefonnummern. Da ein Erfassungsziel oder ein Teilnehmer
mehrere TKM besitzt und diese v. a. im Internet-Verkehr „permutiert“, also in verschiedene technische
Schreibweisen übersetzt werden, übersteigt die Zahl der Selektoren die der Telekommunikationsmerkmale und diese wiederum die Zahl der Teilnehmer in der Regel um ein Vielfaches.