Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
II.

Bad Aibling

1.

Grundlagen der Kooperation

– 1321 –

Drucksache 18/12850

Schon seit Ende der 1990er Jahre gab es Gespräche zwischen der Bundesregierung und den USA, wie die
Zukunft der von den USA einst auf Grundlage des Besatzungsrechts errichteten und von der NSA betriebenen
Erfassungsanlage in Bad Aibling aussehen könnte. Im Zusammenhang mit einer Untersuchung des Europäischen Parlaments war zum sogenannten ECHELON-System der Vorwurf laut geworden, die Amerikaner
nutzten den Stützpunkt auch zur (Wirtschafts-)Spionage gegen Deutschland. Bereits 1998 war dem Abteilungsleiter 6 im Kanzleramt Ernst Uhrlau von NSA-Direktor Michael V. Hayden zugesichert worden, die
Einrichtung in Bad Aibling sei weder gegen deutsche Interessen noch gegen deutsches Recht gerichtet. Auch
CIA-Chef George Tenet hat Wirtschaftsspionage ausgeschlossen.
Das richtige Ziel der Bundesregierung war es, Bad Aibling der vollen Souveränität des deutschen Staates zu
unterstellen und damit alle Zweifel an der Nutzung der Anlage auszuräumen. Zugleich strebte man eine intensivere Zusammenarbeit mit den USA im Bereich der Terrorabwehr an. Der damalige Präsident des BND
Dr. August Hanning führte dazu Gespräche mit seinen amerikanischen Ansprechpartnern. Es konnte mit der
NSA eine Einigung erzielt werden, die am Ende darin bestand, eine gemeinsame Nutzung unter deutscher
Hoheit vorzusehen und vorzubereiten.
Im Juli 2001 waren sich BND und NSA im Grundsatz darüber einig, die bis dahin ausschließlich von den
USA genutzte Anlage in Bad Aibling gemeinsam zu betreiben. Wie der Zeuge Uhrlau betonte, sei es dabei
nicht zuletzt auch um eine „Ertüchtigung“ des BND gegangen, der von den überlegenen technischen Möglichkeiten der US-Partner habe profitieren wollen. Der BND habe damit Zugang zur Technologie der Erfassung satellitengestützter Kommunikation erhalten. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt wurde der damalige
Chef des Kanzleramts, Dr. Frank-Walter Steinmeier, über die Pläne informiert. Er machte für die Verhandlungen drei wesentliche Vorgaben: volle Kontrolle durch den BND, volle Transparenz beim Einsatz der
Technik sowie die Beachtung deutschen Rechts, insbesondere des Schutzes deutscher Bürger.
Als sich wenige Wochen später die Terrorattacken des 11. September 2001 ereigneten und die Beteiligung
der Hamburger Al-Qaida-Zelle offenbar wurde, gab es über die Notwendigkeit, mit der NSA eine intensivere
Zusammenarbeit zu entwickeln, seitens der Bundesregierung keinen Zweifel mehr. Der Zeuge Uhrlau führte
insoweit aus: „Es war völlig klar, dass die Zusammenarbeit mit den USA politisch gewollt war und auch
politisch für notwendig erachtet wurde.“ Dies sei im Herbst 2001 die politische Gesamtposition im Kanzleramt gewesen.
Die Kooperation wurde dann im April 2002 in einem vertragsähnlichen Dokument zwischen BND und NSA
festgeschrieben, in einem Memorandum of Agreement (MoA). Nachdem die Verhandlungen abgeschlossen
waren, wurde der Entwurf dem damaligen Abteilungsleiter 6, Uhrlau, zugeleitet. Der Chef des Kanzleramts
habe dann grünes Licht für den Abschluss gegeben.

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