Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

die US-Seite zu erkennen, dass dort Bedenken gegen den deutschen Entwurf bestünden, weil damit ein internationaler Präzedenzfall geschaffen werden könnte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt traten die Vorbehalte
der US-Seite gegen ein öffentliches Bekenntnis der Nichtausspähung auf Regierungsebene deutlich zutage.
In einer Vorlage vom 5. Dezember 2013 wurde Kanzleramtsminister Pofalla über dem Stand der Verhandlungen zu einer Vereinbarung zwischen BND und NSA sowie zu einer politischen Erklärung zwischen Bundeskanzleramt und dem Weißen Haus und zum Memorandum of Understanding, MoU, zwischen BND und
NSA unterrichtet. Beigefügt war der Entwurf einer politischen Erklärung, der Entwurf einer Vereinbarung
zwischen BND und NSA, den die US-Seite nach dem deutschen Erstentwurf rückübermittelt hatte, sowie ein
erneut modifizierter Entwurf der deutschen Seite, der den US-Partnern am 29. November 2013 übermittelt
worden war. Weitere dem Ausschuss vorliegende Unterlagen, insbesondere des Auswärtigen Amts belegen
Bemühungen der Bundesregierung um den Abschluss derartiger Vereinbarungen zwischen den Diensten bis
in das Jahr 2014 hinein – etwa am 28. Oktober 2013, 7. November 2013, 6. Januar 2014 und 28. Januar 2014.
Kanzleramtsminister Peter Altmaier bekundete vor dem Ausschuss, dass er bereits zwei Tage nach seinem
Amtsantritt, am 20. Dezember 2013, durch eine erste Vorlage über den Stand der Verhandlungen informiert
worden sei und umgehend um Rücksprache mit Staatssekretär Fritsche sowie den Abteilungsleitern 2 und 6
gebeten habe, weil er erhebliche Probleme bei der Erreichung der deutschen Ziele wahrgenommen hatte.
Nach weiteren Bemühungen von deutscher Seite und einem negativen Befund in einer Vorlage vom 14. Januar 2014 sei für ihn spätestens mit der Erklärung von US-Präsident Obama vom 17. Januar 2014 klar gewesen, dass sich die USA nicht öffentlich zu einer vorbehaltlosen Geltung deutschen Rechts verpflichten
würden. Er habe daher darauf gedrungen, dass vor einer im Frühjahr 2014 geplanten USA-Reise der Bundeskanzlerin öffentlich bekannt gegeben werde, dass mit dem Abschluss eines Abkommens auf absehbare
Zeit nicht zu rechnen sei.
Jedenfalls bis zum Jahresbeginn 2014 war nach alldem aus deutscher Sicht die Möglichkeit des Abschlusses
einer nachrichtendienstlichen Vereinbarung zwischen BND und NSA nicht ausgeschlossen – wenn auch im
Rückblick von vorneherein nicht sehr wahrscheinlich. Gleiches galt trotz aller erkennbaren Vorbehalte der
US-Seite für eine gemeinsame politische Erklärung, bei der die Einhaltung des jeweils geltenden nationalen
Rechts zugesichert werden sollte. Insofern ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keineswegs belegt,
dass die Bundesregierung die deutsche Öffentlichkeit im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 über die Absicht,
eine Vereinbarung zur wechselseitigen Zusicherung der Nichtausspähung und der Einhaltung des jeweiligen
nationalen Rechts zwischen den Nachrichtendiensten der USA und Deutschlands bewusst unzutreffend informierte. In der Beweisaufnahme ist im Gegenteil deutlich geworden, dass über einen mehrmonatigen Zeitraum zwischen den USA und Deutschland auf Regierungsebene über weitere Möglichkeiten – vom Abschluss einer völkerrechtlichen Vereinbarung bis zu einer öffentlichen politischen Erklärung beider Regierungen – verhandelt wurde. Dass derartige Verhandlungen – insbesondere im Bereich nachrichtendienstlicher
Zusammenarbeit – kompliziert und langwierig sein können, liegt in der Natur der Sache. Die Möglichkeit
des Scheiterns solcher Verhandlungen oder die Erreichung nur eines Teilerfolges als Verhandlungsergebnis
mag daher nicht überraschen. Es ist auch nicht ungewöhnlich, wenn sich hierbei Verhandlungspartner von
sachfremden Motiven oder deutlich abweichenden Vorstellungen leiten lassen – oder Fehleinschätzungen

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