Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1303 –

Drucksache 18/12850

Vom 4. bis zum 6. August 2013 hielten sich nach Aussagen zahlreicher Zeugen, die zudem von dem Ausschuss vorliegenden offenen sowie eingestuften Unterlagen gestützt wurden, der damalige BND-Präsident
Schindler, BfV-Präsident Dr. Maaßen, der Abteilungsleiter 6 im Kanzleramt, Ministerialdirektor Heiß, und
Staatssekretär Fritsche (damals der für Sicherheitsfragen zuständige beamtete Staatssekretär im BMI) zu
Gesprächen unter anderem mit dem damaligen NSA-Direktor Alexander und dem US-Nachrichtendienstkoordinator Clapper in den USA auf. Laut Aussage des Zeugen Schindler hat die US-Seite im Rahmen dieser
Gespräche, konkret in einem Gespräch am 5. August 2013, ausdrücklich den Abschluss eines No Spy-Abkommens angeboten. Die Idee dazu sei von der US-Seite geäußert worden, ebenso sei der Begriff No Spy
von der US-Seite verwandt worden. Diese Aussagen des Zeugen Schindler wurden von den Zeugen Staatssekretär Fritsche und Ministerialdirektor Heiß bestätigt – allerdings ohne dass sie die Verwendung des Begriffs No Spy durch die Amerikaner eindeutig erinnerten. Der ehemalige BND-Präsident musste dabei im
Ausschuss einräumen, dass die USA auch nach seiner Kenntnis bislang mit keinem anderen Partner weltweit
ein solches weitreichendes und umfassendes No Spy-Abkommen abgeschlossen hatten. Derartige Vereinbarungen existieren – nach Kenntnis des Ausschusses – auch nicht zwischen den auf das Engste verbundenen
Diensten der FIVE EYES (siehe Abschnitt V.1.b).
Unmittelbar nach ihrer Rückkehr nach Berlin unterrichteten die deutschen Teilnehmer der Besprechung am
5. August 2013 in Washington D.C. persönlich den damaligen Kanzleramtsminister Pofalla über das Ergebnis der Gespräche. Ihm wurde unter anderem mitgeteilt, dass die amerikanische Seite auf Ebene der Nachrichtendienste Verhandlungen über den Abschluss eines No Spy-Abkommens angeboten habe. In einer
schriftlichen Vorlage vom 7. August 2013 wurde Kanzleramtsminister Pofalla mitgeteilt, dass der NSA-Direktor Alexander und der US-Nachrichtendienstkoordinator Clapper die Forderung auf deutschem Boden
müsse deutsches Recht gelten, akzeptiert hätten und eine flächendeckende Überwachung deutscher Bürger
nicht stattfinde. Der NSA-Direktor sei bereit, eine entsprechende Zusicherung in Form einer Vereinbarung
der Dienste abzugeben. Nachrichtendienstkoordinator Clapper, der den Vorschlag ebenso unterstützte, wies
jedoch darauf hin: „Über das ‚Ob‘ müsse allerdings die Politik entscheiden.“ Auf Bitten von Kanzleramtsminister Pofalla richtete BND-Präsident Schindler daraufhin am 9. August 2013 ein Schreiben an den NSADirektor Alexander, mit dem er dieses Angebot der US-Seite aufgriff und die Verhandlungen auf Ebene der
Nachrichtendienste zwischen BND und NSA einleitete.
Die Überpr��fung der in diesem Zusammenhang im Mai 2015 in der Presse zitierten Dokumente – namentlich
eines E-Mail-Austauschs zwischen dem Leiter der Abteilung 2 im Bundeskanzleramt, Christoph Heusgen,
und National Security Council Senior Director Karen Donfried – durch den Ausschuss zeigte, dass die Darstellung in den Medien missverständlich und unvollständig war. Vielmehr zeigt der Mailverkehr, dass man
auf Seiten des Bundeskanzleramts bis Januar 2014 begründet an den möglichen Abschluss eines No SpyAbkommens zwischen den Diensten glaubte, während den hinhaltenden Äußerungen der US-Seite ab Jahresende 2013 jedenfalls hätte entnommen werden können, dass ein No Spy-Abkommen, das den weitreichenden deutschen Vorstellungen entsprach, keinesfalls gewollt war.

Select target paragraph3