Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/12850
Gleiches gilt für Wikileaks-Veröffentlichungen, wonach 69 Rufnummern deutscher Ministerien teilweise
schon seit Jahrzehnten aktiv überwacht worden sein sollen. Auch von einem Telefonat zwischen einem Abteilungsleiter im Kanzleramt und einem Berater des französischen Staatspräsidenten aus dem Jahr 2011
wurde berichtet. Letztlich ungeklärt blieb auch hier, ob die veröffentlichten Gesprächsinhalte tatsächlich über
die angeblich in der Fernmeldeaufklärung erfassten Rufnummern bzw. Ministerien aufgeklärt worden waren.
Die veröffentlichte „Ausbeute“ scheint in einem solchen Fall gering, der technische Ansatz der NSA – wenn
es ihn so gegeben hat – nicht sehr effektiv. Der Generalbundesanwalt nahm dazu kein Ermittlungsverfahren
auf.
Die politische Reaktion auf die Vorwürfe im Oktober 2013 bestand in der Einbestellung des US-Botschafters
John B. Emerson durch den damaligen Außenminister Dr. Guido Westerwelle, zudem gab es ein Telefonat
zwischen der Bundeskanzlerin und US-Präsident Obama. Nach den Wikileaks-Veröffentlichungen 2015
wurde der US-Botschafter ins Kanzleramt eingeladen bzw. dort „zu einer Unterredung empfangen“. Damit
hat die Bundesregierung hinreichend deutlich gemacht, dass sie eine Überwachung durch die Verbündeten
ablehnt, und es die bilateralen Beziehungen nachhaltig belasten könnte, wenn solche Praktiken in der Zukunft
durchgeführt werden würden. Als man im Sommer 2015 in einem den Untersuchungsausschuss nicht betreffenden Zusammenhang die Anwerbung eines BND-Mitarbeiters („Markus R.“) durch die CIA entdeckte,
wurde der oberste Repräsentant der US-Nachrichtendienste in Deutschland aufgefordert, das Land zu verlassen. Diese diplomatischen Reaktionen der Bundesregierung waren nach Überzeugung des Ausschusses deutlich, ausgewogen und angemessen.
II.
Aufklärungsbemühungen und Maßnahmen der Spionageabwehr
Für Spionageabwehr in Deutschland ist im BfV die Abteilung 4 zuständig. Zu ihren Aufgabenbereichen gehören auch Proliferationsbekämpfung, Geheimschutz, sowie Sabotage- und Wirtschaftsschutz. Den Schwerpunkt der Bedrohungslage bei der Spionageabwehr bilden heute laut Eigendarstellung des BfV die „Nachrichten- oder Sicherheitsdienste der Russischen Föderation, der Volksrepublik China, des Iran und einiger
sonstiger Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordkoreas. Die Spionageabwehr wird jedoch auch
dann tätig, wenn andere Nachrichtendienste Aktivitäten gegen Deutschland entfalten, z. B. die der USA und
Großbritanniens.“ Die Spionageabwehr versucht die Vorgehensweise fremder Nachrichtendienste aufzudekken, die Mitarbeiter fremder Dienste zu identifizieren und zu überwachen sowie ihre Kontaktpersonen zu
sensibilisieren. Etwaige nachrichtendienstliche Aktivitäten sogenannter befreundeter Staaten wie jene der
FIVE EYES wurden im BfV jedoch vor den Veröffentlichungen der Snowden-Dokumente im Jahre 2013 nur
anlassbezogen und in sehr geringem Ausmaß bearbeitet. Der angeblich schon lange existierende sogenannte
360-Grad-Blick bestand lange hauptsächlich auf dem Papier.
Speziell der Schutz der deutschen Wirtschaft vor einer Ausspähung zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen
wird in der Abteilung 4 durch das Referat Wirtschaftsschutz geleistet. Das BfV wird hier im Verbund mit
den Verfassungsschutzbehörden der Länder als Dienstleister tätig und sensibilisiert Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Verbände. Aus Sicht des Ausschusses haben die Berichte über angebliche Aus-