Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
hin, dass solche Maßnahmen in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen wurden. Beweise liegen allerdings
nicht vor. Eine Untersuchung des Geräts durch das BSI, das für Informationssicherheit zuständig ist, war
nicht erforderlich. Sie hätte bei einer passiven strategischen Erfassung auch keine weiteren Hinweise ergeben. Die Bundeskanzlerin entschied sich daher zum Schutz ihrer Privatsphäre gegen eine solche Untersuchung und wechselte stattdessen das Mobiltelefon aus.
Alle weiteren Einzelheiten mussten sowohl für die deutschen Sicherheits- und Ermittlungsbehörden, wie
auch für den Ausschuss ungeklärt bleiben: Sowohl Zeitraum, Ort und Verantwortliche der möglichen Aufklärungsmaßnahme als auch die Frage, ob und welche Gespräche der Bundeskanzlerin tatsächlich erfasst
wurden. Den Unterschied zwischen versuchter und erfolgreicher Aufklärung erklärte der damalige BNDPräsident Schindler in einem anderen Zusammenhang vor dem Ausschuss: „Steuerung bedeutet nicht zugleich auch Erfassung.“ Auch hier sind die Snowden-Dokumente selbst alles andere als aussagefähig, da aus
der reinen Beschreibung von Funktionsparametern noch nicht einmal der Versuch einer Erfassung nachzuweisen ist – und schon gar nicht tatsächlich aufgefangene Kommunikationsinhalte.
Anfang November 2013 war angeblich aus „Kreisen deutscher Sicherheitsbehörden“ bekannt geworden, es
seien „mehrere hundert Anschlüsse wichtiger deutscher Entscheidungsträger“ betroffen, „die gesamte Bundesregierung“ sei „über Jahre hinweg systematisch abgehört“ worden. Ende 2013 wurden zudem Hinweise
auf eine Aufklärung deutscher Behörden durch das GCHQ veröffentlicht. Die Meldungen blieben unbestätigt, ebenso wie die „technischen Hinweise“ in Form von „Handy-Nummern und Namen diverser Spitzenpolitiker und dazu passenden Datenschlüsseln“ für den Zugang auf die Mobilfunkgeräte. Dem Ausschuss
wurden im Rahmen seiner Beweisaufnahme keine Maßnahmen von Nachrichtendiensten der FIVE EYESStaaten gegen Mitglieder der Bundesregierung bekannt.
Generalbundesanwalt Harald Range stellte im Juni 2015 die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Spionage und geheimdienstliche Agententätigkeit im Fall des Mobiltelefons der Bundeskanzlerin ein. Die Ermittlungsarbeit des Generalbundesanwalts wurde dabei im Ausschuss erheblich kritisiert. Es gab Zweifel, ob
überhaupt ernsthaft ermittelt worden ist. Das Ergebnis der Ermittlungen: Der Vorwurf, US-amerikanische
Nachrichtendienste hätten ein Mobiltelefon der Bundeskanzlerin abgehört, habe sich laut einer Erklärung des
Generalbundesanwalts vom 12. Juni 2015 „mit den Mitteln des Strafprozessrechts nicht gerichtsfest beweisen“ lassen. Der im Oktober 2013 veröffentlichte mutmaßliche Abhörauftrag sei lediglich die Abschrift eines
Originaldokuments. Weder das Original noch die Abschrift oder Einzelheiten zu seiner Entstehung konnten
seitens des Generalbundesanwalts beschafft werden, weil das Nachrichtenmagazin Der Spiegel dazu nicht
bereit war. „Eine den Anforderungen der Strafprozessordnung genügende Bewertung des Dokuments sowie
der Herkunft der in ihm enthaltenen Daten“ sei auf dieser Grundlage nicht möglich gewesen. Weitere Beweiserhebungen seien nicht erfolgversprechend.
Wie alle Informationen aus den Snowden-Veröffentlichungen waren Inhalte von Gesprächen der Bundeskanzlerin oder ihre Erwähnung an 300 Textstellen durch die NSA-Software NYMROD kein Nachweis für
die Überwachung ihres Mobiltelefons, da die so dokumentierten Informationen – ihre Zutreffendheit unterstellt – auch aus anderen Quellen stammen konnten.