Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1277 –

Drucksache 18/12850

II.

Snowden und die Klagen der Opposition gegen den Ausschuss

1.

Allgemeine Bedeutung des Zeugen

Edward Snowden hat durch seine Veröffentlichungen eine öffentliche Debatte in Gang gesetzt, die zentrale
Fragen für das Leben im Zeitalter globaler Kommunikation und Mobilität betrifft. Zum einen wurde ein
neues Schlaglicht auf die Abwägung zwischen den Werten der Freiheit und Sicherheit geworfen, welche
demokratische Staaten seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 bewegt. Damit wurde offensichtlich, in welchem Ausmaß Nachrichtendienste heutzutage Einblick in das Privatleben von Bürgern nehmen
können – und in Einzelfällen auch müssen – , um Gefahren abzuwehren. Zum anderen hat sich auch die
gesellschaftliche Sicht auf die Aktivitäten von großen IT-Dienstleistern und Internetprovidern wie Google,
Facebook oder Amazon zur Anhäufung ungeheurer Datenmengen verändert, denen man bisher weitgehend
unhinterfragt auch intimste Informationen anvertraute. Durch die intensive öffentliche Diskussion ist offensichtlich geworden, dass die Algorithmen dieser Firmen nicht mehr nur die Sammlung von Daten zur Analyse
des individuellen Konsumverhaltens ermöglichen, sondern auch in vielfältiger Weise die Wahrnehmungen
ihrer Nutzer beeinflussen.
Edward Snowdens „Whistleblowing“ in Zusammenarbeit mit wichtigen Medien hat die Arbeit der NSA und
die Möglichkeiten von Nachrichtendiensten im digitalen Zeitalter ans Licht gebracht – und zum Gegenstand
einer kritischen gesellschaftlichen Auseinandersetzung gemacht. Das halten ihm selbst viele seiner Kritiker
in den USA zugute. Weder in Deutschland noch in den USA ist Edward Snowden für alle die schillernde
Lichtgestalt, zu der ihn die Opposition und einige Medien unentwegt zu stilisieren versuchten. Vor allem in
den USA gilt er aus juristischer Sicht als ein hart zu bestrafender „Verräter“ (siehe Abschnitt V). Und auch
in der dortigen Administration, den Medien und der Bevölkerung fällt das herrschende Bild aus nachvollziehbaren Gründen deutlich negativer als in Deutschland aus. Das geht bis hin zu der These, dass Edward
Snowden ein „russischer Agent“ sei – eine These, für die BfV-Präsident Dr. Hans-Georg Maaßen in seiner
Befragung keine Belege nennen konnte.
2.

Bedeutung des Zeugen für den Ausschuss

Edward Snowden war für den Ausschuss ein wichtiger Zeuge, den der Ausschuss hören wollte. Allerdings
war er kein unverzichtbarer Zeuge, ohne den Auftrag und Arbeit des Ausschusses hinfällig geworden wären.
Mit Blick auf sein Verhalten gegenüber dem Ausschuss hätte man Edward Snowden jedenfalls gewünscht,
besser beraten worden zu sein. Hätte er als Zeuge oder Sachverständiger mit dem einzigen Untersuchungsausschuss zusammengearbeitet, der in Europa um Aufklärung bemüht gewesen ist, hätte er seinen postulierten Zielen dienen können.
Sein Beharren – und das seiner Unterstützer – auf der Maximalforderung der Gewährung politischen Asyls
oder mindestens effektiven Abschiebungsschutzes nach Art. 3 EMRK in Deutschland, wie sie auch die Opposition erfolglos gerichtlich durchzusetzen versuchte, hat dem Ausschuss den Zugang zum direkten Gespräch mit dem Zeugen verbaut, dessen Veröffentlichungen den Anlass für seine Einsetzung gegeben haben.

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