Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

seit 28. Oktober 2013 bekannt gewesen sei.5746 Der damalige BND-Präsident Gerhard Schindler habe unter
dem Eindruck des Ausspruchs der Kanzlerin „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht“ im Oktober
2013 den Chef des Bundeskanzleramtes Ronald Pofalla über die BND-eigenen Selektoren aufgeklärt, woraufhin dieser die Praxis umgehend habe stoppen lassen.5747 Der BND-Präsident habe dann die Unterabteilungsleiter T1 und T2 der Abteilung TA beim BND angewiesen, die BND-Datenbanken nach Selektoren zu
durchforsten, die mit dieser Devise nicht in Einklang stünden. Ergebnis der Prüfung sei die Löschung von
2 800 gesteuerten Teilnehmern gewesen. Die Löschaktion soll „binnen Wochen abgeschlossen gewesen und
das Kanzleramt detailliert unterrichtet“ worden sein.5748 In einer weiteren Presseveröffentlichung wurde zudem berichtet, der BND habe das Kanzleramt bereits im Jahr 2008 über seine nun umstrittene Praxis der
Ausspähung (auch) „befreundeter“ Staaten informiert.5749
Im November 2015 wurden im Rahmen von Presseberichten zudem vermeintliche Ziele der Steuerung BNDeigener Selektoren genannt. So wurde berichtet, dass der BND mittels seiner eigenen Selektoren das Innenministerium der USA, Polens, Österreichs, Dänemarks, Kroatiens sowie US-Vertretungen bei der EU in
Brüssel und den icherzus Nationen in New York sowie das US-amerikanische Außenministerium ausgespäht
habe. Auch Nichtregierungsorganisationen wie Oxfam und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in
Genf hätten sich danach unter den Suchbegriffen befunden.5750 Des Weiteren wurde berichtet, dass unter den
BND-eigenen Selektoren auch der deutsche Diplomat Hansjörg Haber zu finden sei. Gleiches gelte für den
französischen Außenminister Laurent Fabius.5751
In der Folge hat das Plenum des Deutschen Bundestages am 9. Juni 2016 einen auf die BND-eigenen Selektoren gerichteten Ergänzungsauftrag beschlossen, durch den der am 20. März 2014 vom Deutschen Bundestag beschlossene Untersuchungsauftrag des 1. Untersuchungsausschusses5752 ergänzt wurde5753 [zur Erweiterung des Untersuchungsauftrags siehe auch unter VI. des Ersten Teils des Berichts]. Der erweiterte Untersuchungsauftrag bezieht sich dabei auf die Telekommunikationsüberwachung des BND mit Ausnahme der
Überwachung von in den Regelungsbereich des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses fallenden Telekommunikationsverkehren.
Im Untersuchungszeitraum hat der BND die Aufklärung von Ausland-Ausland-Telekommunikation auf
§ 1 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) gestützt, der vorsieht, dass der
BND zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen sammelt und auswertet [zu
den Rechtsgrundlagen der strategischen Fernmeldeaufklärung des BND siehe auch unter F.II. des Zweiten

5746)
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Berliner Zeitung vom 16. Oktober 2015 „2800 Suchbegriffe für das Spitzeln unter Freunden“.
Berliner Zeitung vom 16. Oktober 2015 „2800 Suchbegriffe für das Spitzeln unter Freunden“.
Süddeutsche Zeitung vom 16. Oktober 2015 „Der große Löscheinsatz“.
Focus vom 24. Oktober 2015 „So täuschte das Kanzleramt den Bundestag“.
Der Spiegel vom 10. November 2015 „Geht richtig gut“.
RBB-Online vom 11. November 2015 „BND hörte deutsche Diplomaten ab“.
BT-Drs. 18/843.
Siehe BT-Drs. 18/8683.

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