Drucksache 18/12850

– 1008 –

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

G.

Die Steuerung BND-eigener Selektoren mit EU- und NATO-Bezug in dessen AuslandAusland-Fernmeldeaufklärung

I.

Die Frage der Steuerung BND-eigener Selektoren und die Ergänzung des Untersuchungsauftrages

Im Zuge der Arbeit des Untersuchungsausschusses geriet auch die Frage, ob, inwieweit und auf welcher
Grundlage der BND eigene Selektoren steuert, zunehmend ins Blickfeld. Nachdem die BND-eigenen Selektoren ursprünglich nicht Gegenstand des Untersuchungsauftrages des Ausschusses waren, wurden sie insbesondere im Zusammenhang mit den beim BND gesteuerten NSA-Selektoren Gegenstand der Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen. Dies geschah auch vor dem Hintergrund, dass bereits in Presseberichten zu den NSA-Selektoren in Bad Aibling die Behauptung aufgestellt worden war, der BND habe „Treffer“ zu Selektoren, die Zielen zuzuordnen seien, deren Aufklärung möglicherweise nicht im deutschen Interesse liege, nicht nur an die NSA weitergeleitet, sondern diese Inhaltsdaten auch selbst ausgewertet.5740
Der Zeuge R. U. hat gegenüber dem Ausschuss am 7. Mai 2015 in allgemeiner Form Folgendes zur Verwendung von Inhaltsdaten, die aus NSA-Selektoren generiert wurden, ausgeführt:
„Man hat die Meldungen, also die Treffer, nur stichprobenartig ausgewertet. Und immer nur dann, wenn bei uns die Notwendigkeit dafür da war, sprich, wenn bei uns zum
Beispiel in einem Krisengebiet, in einem Zielgebiet wir zu wenige BND-eigene Selektoren hatten, dann haben wir da draufgeguckt.“5741
Der damalige BND-Präsident, Gerhard Schindler, hat am 17. Juni 2015 vor dem Ausschuss als Zeuge erklärt,
dass der BND auch „Selektoren der US-Seite in unseren PBDB5742-Bestand übernommen“ habe.5743
Der Öffentlichkeit sowie den Gremien des Deutschen Bundestages wurde die Problematik der BND-eigenen
Selektoren bekannt, nachdem am 14. Oktober 2015 der Beauftragte für die Nachrichtendienste des Bundes,
Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, und der damalige Präsident des BND, Gerhard Schindler, dem Parlamentarischen Kontrollgremium darüber berichteten, wie der BND in der Vergangenheit eigene Selektoren
mit Bezug zu EU- und NATO-Staaten gesteuert habe. Die in Rede stehenden Selektoren seien zwischenzeitlich weitgehend deaktiviert worden, in begründeten Fällen ursprünglich aus der Steuerung herausgenommene
Selektoren aber wieder in die Steuerung übernommen worden.5744
Über Inhalte aus der geheimen Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums berichtete die Presse
bereits ausführlich am folgenden Tag.5745 Nur wenig später wurden weitere Details bekannt, u. a. dass der
BND „2.800 problematische Suchbegriffe“ in der eigenen Erfassung gesteuert habe – bei einer Gesamtzahl
von 300 000 Suchbegriffen. Thematisiert wurde auch, dass dem Bundeskanzleramt der Sachverhalt bereits

5740)
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Zuerst bei Bild.de vom 2. Mai 2015 „BND wertete abgefangene NSA-Daten selbst aus“.
R. U., Protokoll-Nr. 47 I, S. 22.
„Personenbezogene Datenbestände“, vgl. W. K., Protokoll-Nr. 118 II – Auszug offen, S. 43: BND-Datenbank, die Selektoren zur
technischen Aufklärung enthält.
Schindler, Protokoll-Nr. 54 I, S. 59.
Öffentliche Bewertung des Parlamentarischen Kontrollgremiums gemäß § 10 Absatz 2 und 3 des Kontrollgremiumgesetzes zur
BND-eigenen Steuerung in der strategischen Fernmeldeaufklärung, BT-Drs. 18/9142, S. 3 (im Folgenden: Öffentliche Bewertung
des Parlamentarischen Kontrollgremiuns).
Beispielhaft: Berliner Zeitung vom 15. Oktober 2015 „BND spitzelte mit eigenen Selektoren“.

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