Drucksache 18/9142
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Diese Verfahrensweise bietet zwar einen flexiblen und weiten Handlungsspielraum für den BND, birgt jedoch
auch genau die Risiken, wie Unsicherheiten und Unsensibilitäten in der praktischen Anwendung des Gesetzes
und Verselbstständigung der ausführenden Ebene ohne Rückkopplung mit dem Bedarfsträger, die durch präzise
Vorgaben und juristische Vereinheitlichung sowie mit Abstimmung der Hausleitung nicht eingetreten wären.
Auf Grundlage der geführten Gespräche und der vorgelegten Unterlagen war außerdem ersichtlich, dass die Abteilung TA erhebliche Entscheidungsfreiräume bei der Steuerung von Teilnehmern und TKM hat. Wie konsequent
die Auswertung in diesem Zusammenhang die Beschaffung der Abteilung TA steuert, war nicht nachvollziehbar.
5.
Zur „Gruppenliste“
5.1 Allgemeines
Die dem Parlamentarischen Kontrollgremium vorgelegte „Gruppenliste“ beinhaltet 3.300 Teilnehmer mit rund
15.000 Telekommunikationsmerkmalen. Den meisten auf der „Gruppenliste“ befindlichen Teilnehmern sind also
mehrere TKM zugeordnet. Dabei handelt es sich um Teilnehmer und Merkmale, die mit Stand 23. Oktober 2015
nicht mehr gesteuert waren, sich in der Vergangenheit aber in der Steuerung der Abteilung TA befunden haben
und einen EU/NATO-Bezug aufweisen.15 Daraus ergibt sich, dass die „Gruppenliste“ lediglich einen kleinen Auszug aus der vom BND durchgeführten strategischen Fernmeldeaufklärung darstellt.
Anhand der in Papierform vorgelegten „Gruppenliste“ ist insbesondere nicht erkennbar, mit welcher Begründung
ein Teilnehmer bzw. Merkmal gesteuert wurde. Auch ist nicht erkennbar, über welchen Zeitraum ein Teilnehmer
oder Merkmal gesteuert wurde. Ob, in wie vielen Fällen und wann es zu einer Erfassung gekommen ist, geht aus
der „Gruppenliste“ ebenfalls nicht hervor. Die Begründung für eine Steuerung wird im Einzelfall nicht dokumentiert. Der BND kann daher relevante Eckdaten (Begründung, Steuerungszeitraum, Erfassungen) lediglich im
Nachhinein und nur teilweise aus verschiedenen Datenbanksystemen anhand der nd-relevanten Meldungen an die
Auswertung rekonstruieren.
5.2 Entstehung der Gruppenliste
Die ersten Überlegungen, die als gedanklicher Ursprung der „Gruppenliste“ angesehen werden können, stammen
aus dem Frühjahr 2013. In dieser Zeit wurde in der Abteilung TA nach deren Angaben gegenüber der Task Force
über die Problematik der Steuerung von Teilnehmern mit EU/NATO-Bezug gesprochen. Diese Überlegungen
fielen demnach in die Zeit vor den ersten Veröffentlichungen über Edward SNOWDEN.
Die Gesprächspartner im BND gaben gegenüber der Task Force an, dass die Erarbeitung eines Weisungsentwurfs
zur weiteren Verfahrensweise hinsichtlich der Steuerung von TKM von Regierungseinrichtungen mit EU/NATOBezug geplant war. Im Zuge der Aktensichtung wurden E-Mail-Verkehre aus dem August und September 2013
vorgelegt, die die Entwicklung eines solchen Weisungsentwurfs dokumentieren. Letztlich wurde dieser Weisungsentwurf allerdings nicht in Kraft gesetzt, auch weil er von Einzelweisungen gewissermaßen „überholt“
wurde.
So wurden seit 2013 gesteuerte Teilnehmer und TKM deaktiviert und aus der Steuerung bzw. Erfassung genommen. Nach der Unterrichtung des Chefs des Bundeskanzleramtes erteilte der BND-Präsident im Oktober 2013
schließlich die mündliche Weisung zur Schaffung einer Liste, in die Teilnehmer bzw. TKM überführt werden, die
nicht gesteuert werden. Die Liste entstand schließlich als Gruppe in einer Datenbank. Im Oktober 2013 wurde
innerhalb der Abteilung TA eine mündliche Weisung erlassen, dass Botschaften und Regierungseinrichtungen
von EU/NATO-Staaten zu deaktivieren sind.
5.3 Übersicht
Gliedert man die auf der „Gruppenliste“ befindlichen Teilnehmer nach Standortländern, ist festzustellen, dass der
BND Teilnehmer global weit verbreitet gesteuert hat. Um eine Übersicht zu erstellen und die Untersuchung der
„Gruppenliste“ zu strukturieren, wurden die auf der „Gruppenliste“ befindlichen Teilnehmer von der Task Force
für diesen Bericht abstrahiert kategorisiert:
15
Ein EU/NATO-Bezug besteht in der Regel, wenn die Nationalität oder der Standort eines Teilnehmers Bezug zu einem EU/NATO-Staat
aufweist.