Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/9142

BND habe ChefBK unter Beisein des Abteilungsleiters 6 des Bundeskanzleramtes vorgetragen und vorgeschlagen, die bisherige Steuerungspraxis trotz des darauf folgenden Erkenntnisverlustes grundsätzlich einzustellen.
Dem habe der ChefBK zugestimmt. Eine entsprechende mündliche Weisung sei unmittelbar nach der Entscheidung vom Präsidenten des BND an die Abteilung TA weitergegeben worden.
Ob, wann, durch wen und in welcher Form die Bundeskanzlerin über die hier in Rede stehende Steuerung von
Personen und TKM aus EU- und NATO-Staaten informiert wurde, ist den eingesehenen Akten nicht zu entnehmen. In der Abteilung TA wurde für den Präsidenten eine Liste mit Steuerungszielen erstellt, die möglicherweise
zur Vorbereitung für das Gespräch beim ChefBK diente. Fest steht, dass der ChefBK in dem Gespräch die pauschale und breite Deaktivierung der einschlägigen Teilnehmer nebst zugehöriger TKM anwies und sich der BND
bemühte, dem auch zeitnah Folge zu leisten, d.h. in den Monaten November und Dezember 2013. Dies geschah
durch das blockweise Deaktivieren von solchen Telefonnummern, die aufgrund ihrer Vorwahl als Anschlüsse in
einem EU- oder NATO-Land identifiziert wurden. Teilweise wurden derartige sensible TKM jedoch auch noch
über einen längeren Zeitraum weiter gesteuert.
7.3 Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums
Die Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums über den Vorgang erfolgte erst am 15. Oktober 2015,
d. h. über zwei Jahre nachdem das besondere Vorkommnis der Leitung des Bundeskanzleramtes bekannt wurde.
Zwar finden sich sowohl im Sprechzettel des Präsidenten des BND wie auch in dem Sprechzettel des im Bundeskanzleramt für die Nachrichtendienste zuständigen Staatssekretärs für die PKGr-Sitzung vom Mai 2015 Passagen
zu dem hier in Rede stehenden Vorgang. Eine Ansprache des Vorgangs durch die Bundesregierung oder den BND
in einer dem Vorgang gebotenen Form fand jedoch weder in der Sitzung von Mai 2015 noch in einer anderen
Sitzung vor dem Oktober 2015 statt.
Dem ChefBK wurde bereits am 20. März 2015 bei einem Termin in der Zentrale des BND in Pullach unter anderem dieser Vorgang erläutert. Der BND wurde daraufhin vom Bundeskanzleramt beauftragt, einen umfassenden
Bericht vorzulegen. Eine Unterrichtung des PKGr über die Unterrichtung erfolgte zu diesem Zeitpunkt nicht.
7.4 Abschlussbericht des BND an die Fachaufsicht im Bundeskanzleramt
Der BND hat mit einem Schreiben vom September 2015 das Bundeskanzleramt umfassend über den Vorgang
unterrichtet. Anlass war die Bitte des Bundeskanzleramtes um einen Bericht zur Liste der Abteilung TA.
Diese Liste führte der BND für seine eigene Erfassung im Oktober 2013 ein. Sie enthält Teilnehmer und TKM
(mit EU/NATO-Bezug), die nicht erfasst werden sollen.
7.5 Fazit
Den Vorgang aus dem Jahr 2008 zu unbeabsichtigten Informationserhebungen von UN und EU-Funktionsträgern
hätte das Bundeskanzleramt zum Anlass für eine kritische Nachfrage zur Steuerungspraxis bei der strategischen
Fernmeldeaufklärung des BND nehmen können. Der BND selbst hat in seinem Schreiben die bisherige Handhabung der zielgerichteten Steuerung lediglich angedeutet.
Fragen im Zusammenhang mit der BND-eigenen Steuerung wurden im Frühjahr 2013 innerhalb der Abteilung
TA thematisiert. Die BND-Spitze wurde offenbar erst Monate später über die Vorgänge informiert. Ende Oktober
2013 wurde das Bundeskanzleramt informiert. Das PKGr wurde allerdings erst im Mai 2015 rudimentär und
schließlich im Oktober 2015 ausführlicher unterrichtet. Die sehr späte und unvollständige Unterrichtung stellt
einen Verstoß der Bundesregierung gegen ihre Unterrichtungspflicht gemäß PKGrG dar.
Weder aus den eingesehenen Unterlagen noch den Befragungen im Bundeskanzleramt und im BND ist erkennbar,
warum das Gremium zunächst gar nicht und dann nicht angemessen unterrichtet wurde. Angesichts der besonderen politischen Sensibilität konnte nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Vorgang um einen
alltäglichen Verwaltungsvorgang handelt. Im Interesse einer vertrauensvollen Zusammenarbeit muss das PKGr
davon ausgehen, dass derartige Vorgänge dem PKGr rechtzeitig vorgetragen werden.

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