Drucksache 18/9142

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

dass dies im Einzelfall überprüft werden konnte – der Beschaffung außen- und sicherheitspolitisch relevanter
Informationen. Daher ist die Steuerung in diesen Fällen nicht zu beanstanden.
Die übrigen zwei Drittel der gesteuerten Teilnehmer lassen sich nicht pauschal beurteilen. Hier sind erstens einige
Steuerungen feststellbar, die ohne Zweifel auftragskonform erfolgt sind und auch wieder in die Steuerung aufgenommen werden sollten. Dazu zählen etwa Unternehmen, die im Zusammenhang mit Proliferation aufgeklärt
werden oder Personen, die im Zusammenhang mit terroristischen Strukturen, Spionageaktivitäten oder Organisierter Kriminalität stehen.
Zweitens ist eine größere Zahl von Steuerungen feststellbar, die unter Umständen zulässige Ziele sein könnten.
Dazu können im klar begründeten und belegbaren Einzelfall etwa Auslandsvertretungen von EU/NATO-Staaten
in Kern- und Monitoringländern oder unter bestimmten Voraussetzungen weitere Einrichtungen von EU/NATOStaaten zählen.
Drittens dürfte sich unter den Steuerungen der „Gruppenliste“ eine größere Zahl von Teilnehmern befinden, die
als nicht auftragskonform und rechtlich unzulässig zu betrachten sind. Dazu zählt etwa die Steuerung von führenden Politikern und Beschäftigten verschiedener Ministerien aus Partnerländern in der Erwartung von Informationen über relevante Themen und Staaten. Ebenso ist die Steuerung von Mitarbeitern europäischer Institutionen als
hochproblematisch zu betrachten – insbesondere weil Deutschland hier zahlreiche andere Zugänge hat und mit
einer erhöhten Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist, dass es sich dabei um deutsche Staatsbürger handeln kann.
Auch internationale Organisationen, insbesondere solche, die Deutschland finanziell und organisatorisch unterstützt, können politisch sensible Ziele sein. Ferner ist es als hochproblematisch zu betrachten, wenn Auslandvertretungen von EU/NATO-Staaten in EU/NATO-Staaten oder in sonstigen Ländern, die nicht zu den Kern- oder
Monitoringländern gehören, gesteuert werden. Insbesondere für derartige Fälle wäre eine rechtliche Klarstellung
angezeigt.
7.

Chronologie des Vorgangs, Berichterstattung und Verantwortlichkeiten

Teil des Untersuchungsauftrags war es auch, die Informationswege und Verantwortlichkeiten darzustellen. Dabei
war zu prüfen, zu welchem Zeitpunkt der BND das Bundeskanzleramt über den Umfang der strategischen Fernmeldeaufklärung unterrichtet hat.
7.1 Unterrichtung zu einer anderen Aufkommensart
Der Ausgangspunkt der internen Diskussion um die Steuerung von Teilnehmern mit NATO/EU-Bezug ist nicht
mit letzter Sicherheit präzise zu datieren. Die Aktenauswertung und die Befragung im BND und Bundeskanzleramt liefern jedoch Anhaltspunkte. Im Frühjahr 2013 soll die Problematik in einem internen Gespräch der Abteilung TA eingehend erörtert worden sein.
Bereits von Ende 2008 existiert jedoch ein Schriftverkehr zwischen dem BND und dem Bundeskanzleramt zu
einer anderen Art der Informationsgewinnung mit UN/EU-Bezug. Der Vorgang bezieht sich laut Betreff und Inhalt der Schreiben ausdrücklich auf eine andere Aufkommensart, nicht generell auf die strategische Fernmeldeaufklärung.
Das Bundeskanzleramt hatte 2008 zu der anderen Aufkommensart einen Ausschluss der Informationsgewinnung
mit UN/EU-Bezug angewiesen. Der BND hatte in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass eine bestimmte Auslegung dieser Weisung Auswirkungen auch auf andere Aufkommensarten haben könnte.
7.2 Unterrichtung des BND-Präsidenten und des Chefs des Bundeskanzleramtes
Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes soll seinem Sprechzettel für eine PKGr-Sitzung im Mai 2015 zufolge über den Vorgang erst im Oktober 2013 informiert worden sein. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Thematik
der BND-eigenen Steuerung von Zielen mit EU/NATO-Bezug zumindest in der Abteilung TA bereits seit etwa
einem halben Jahr erörtert. Die Abteilung TA soll dem Präsidenten im Oktober vorgetragen haben, dass bei einer
Prüfung der BND-eigenen Erfassung deutlich geworden sei, dass der BND TKM zu Einrichtungen und Personen
von Partnern steuere. Dies hielt die Abteilung TA zwar für auftragskonform, aber angesichts der öffentlichen
Diskussionen möglicherweise für bedenklich.
Der genaue Zeitpunkt der Unterrichtung des Chefs des Bundeskanzleramtes (ChefBK) durch den Präsidenten des
BND war den vorgelegten Akten nicht zu entnehmen. Laut der Aussage des Präsidenten soll die Unterrichtung
des ChefBK Ende Oktober 2013 im Rahmen eines Termins im Bundeskanzleramt erfolgt sein. Der Präsident des

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