Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/9142

erfolgreiche Möglichkeiten der Informationsgewinnung in dem vorliegenden Fall nicht ersichtlich sind und der
Wert der erhaltenen Informationen die Schwere des Eingriffs wohl überwiegt.
Der BND kann zudem in seiner Begründung auch hinreichende Bezüge zum APB und den darin genannten
Kernthemen und -ländern darstellen. Damit erfolgte die Steuerung auftragskonform, auch wenn eine Telefonnummer eines Staatsangehörigen eines Partnerlandes betroffen ist.
Angesichts der gewonnenen Informationen lässt sich sogar vermuten, dass eine weitere Steuerung des TKM vermutlich sinnvoll wäre. Ferner wäre vom BND auch zu prüfen, ob in der Angelegenheit nicht der zuständige ausländische Partnerdienst unterrichtet werden sollte, wenn dies nicht schon geschehen ist.
6.6 „G 10-Fragen“
Für den Bereich der G 10-Fragen können mit Blick auf die „Gruppenliste“ drei Bereiche unterschieden werden:
(1) Mögliche deutsche Staatsangehörige im Ausland. Es sind bei einer Reihe von gesteuerten Teilnehmern (Einzelpersonen) deutsch klingende Namen feststellbar. Ferner finden sich auch in E-Mail-Adressen, die als TKM
gesteuert waren, Namen, die deutsch klingen. Stichproben zeigen, dass aufgrund des Namens keine Rückschlüsse
auf die Staatsangehörigkeit möglich sind. (2) Ausländische Staatsangehörige in Deutschland? Es war ein Fall
feststellbar, in dem einem ausländischen Teilnehmer (Einzelperson) ausländische Telefonnummern zugeordnet
waren und gleichzeitig für diesen Teilnehmer Deutschland als Standortland angegeben war. (3) Ferner sind diplomatische Vertretungen vor allem von Krisen- und Monitoringländern in Deutschland als Teilnehmer auf der
„Gruppenliste“ aufgeführt.
Fall: G 10-Fragen
Die Steuerung im untersuchten Fall war mit Blick auf den Schutzbereich von Artikel 10 GG und das BNDG
fragwürdig und insgesamt unverhältnismäßig.
Im konkreten Fall mag die strategische Fernmeldeaufklärung einer Person aus diesem beruflichen Umfeld zwar
grundsätzlich geeignet sein, um bestimmte Informationen zu erlangen. Sie lässt sich hier aber nicht vertretbar als
erforderlich begründen.
Dass bei der Fernmeldeaufklärung nicht ausreichend auf deutsche Grundrechtsträger, weder bei den gesteuerten
Teilnehmern noch bei den Gesprächspartnern, geachtet wurde und stattdessen bis zu den jeweiligen Einzelweisungen des BND im Jahr 2014 die in der Rechtsprechung und Literatur weitgehend unbekannte sogenannte „Funktionsträgertheorie“ zur Eliminierung des Grundrechtsschutzes aus Artikel 10 GG juristisch vertreten wurde, offenbart eine extensive und wenig grundrechtsschützende Anwendung des nachrichtendienstlichen Mittels der strategischen Fernmeldeaufklärung.
Selbst mit der „Funktionsträgertheorie“ ließe sich die Steuerung der Person nicht rechtfertigen, denn das berufliche Umfeld der gesteuerten Person ist als solches kein geeignetes Zielobjekt, um zu den im APB erwähnten
Kernländern entsprechende Steuerungen zu veranlassen. Die Steuerung der personenbezogenen dienstlichen EMail-Adresse und die in deutscher Sprache geführten Telefonate der Person haben einen Hinweis auf die mögliche
deutsche Staatsangehörigkeit gegeben. Dennoch wurden zielgerichtet die TKM, ungeachtet des Aufenthaltsortes
der Person, weiterhin gesteuert.
6.7 Fazit
Für die Einzelstichprobenuntersuchung wurden – soweit die „Gruppenliste“ dazu Rückschlüsse zulässt – vor allem politisch sensible Teilnehmer und Teilnehmer ausgewählt, deren Steuerung nicht nur rechtliche Fragen aufwirft.
Grob zusammengefasst kann man die Steuerung der rund 3.300 auf der „Gruppenliste“ befindlichen Teilnehmer
wie folgt einschätzen:
Die Steuerung eines Drittels dieser Ziele, insbesondere Ziele mit einem Bezug zu Krisenländern oder Gefahrenbereichen in EU-/NATO-Staaten erfolgte mit großer Wahrscheinlichkeit rechts- und auftragskonform, weil deren
Aufklärung zu spezifischen Aufgaben des BND gehört. Hier d��rfte ein unmittelbarer APB-Bezug bestehen, da
diese Länder eindeutig legitime Aufklärungsziele des BND sind. Ferner setzt die Aufklärung in diesen Fällen
direkt bei Einrichtungen von Kern- und Monitoringländern an. Die Steuerung der Teilnehmer diente damit – ohne

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