Drucksache 18/9142
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der BND führt nicht im Detail aus, welche Informationen aus der Steuerung erwartet wurden. Soweit mit der
Steuerung zeitnah sensible Informationen über Entführungsfälle erlangt werden sollten, ist zu fragen, ob diese auf
anderem Wege (etwa durch die Steuerung des entsprechenden Krisenstabes) effektiver zu beschaffen wären. Es
ist also fraglich, ob die Steuerung in dieser Form auch erforderlich war.
Die Steuerung des Amtssitzes eines Staats- oder Regierungschefs war allerdings nicht angemessen. Das Land, zu
dessen Regierung der Amtssitz gehört, ist im APB nicht der Rubrik der Kernländer oder Monitoringländer zuzuordnen. In der Begründung für die Steuerung stellt der BND vielmehr zu einem Kernthema des APB Bezüge her.
Mit einer solchen Argumentation, die zulässt, dass selbst hochsensible politische Ziele aufgeklärt werden können,
um auf diesem (Um)Weg Informationen zu relevanten Themen und Ländern zu erhalten, wäre jedoch nahezu eine
unbegrenzte Aufklärung potentiell vielversprechender politischer Akteure weltweit möglich. Abgesehen davon
dürfen erhebliche Zweifel bestehen, ob es angemessen sein kann, ein derart sensibles Ziel wie das Büro des Staatsoder Regierungschefs zu steuern, um Informationen über Entführungen Drittstaatsangehöriger zu erlangen, die
sich erfahrungsgemäß eher selten ereignen. Dies gilt umso mehr, als dass mit großer Wahrscheinlichkeit auf diese
Weise auch zahlreiche andere sensible Informationen erfasst werden, die bei der Kommunikation über die gesteuerten TKM anfallen.
Es ist insgesamt nicht erkennbar, dass eine Abwägung zwischen dem möglichen nachrichtendienstlichen Mehrwert der Informationen und den politischen Risiken stattgefunden hat. Der Aufklärungsauftrag des BND rechtfertigt in dieser Hinsicht keinen derart tiefgreifenden Eingriff gegenüber einem Partner.
Insgesamt findet sich auf der „Gruppenliste“ eine hohe zweistellige Zahl an Ministerien der verschiedensten Ressorts von EU/NATO-Staaten. Im Folgenden wird ein Fall eines Ministeriums dargestellt.
Fall: Ministerium
Insgesamt war die Steuerung der TKM zur Stichprobe eines Ministeriums gemessen an den Maßgaben des APB
unverhältnismäßig.
Der Hintergrund für die Aufnahme der TKM dieses Ministeriums dürften Informationen über Waffentransporte,
die durch das Land gegangen sind, und die Polizeizusammenarbeit mit Krisenstaaten gewesen sein. Die mit der
Steuerung verbundene Erwartung, nd-relevante Informationen zu entsprechenden Kernthemen bzw. Kernländern
zu generieren, ist daher nachvollziehbar. Die Steuerung der Teilnehmer (besonders in ausgewählten Abteilungen)
kann also grundsätzlich als geeignet angesehen werden. Ein nd-relevantes Meldungsaufkommen ist aus der jahrelangen Steuerung der zahlreichen in der Stichprobe untersuchten TKM des Ministeriums nur in sehr bescheidenem Umfang und auch nur aus einer E-Mail-Adresse entstanden.
Es ist unklar, ob die erhofften Informationen gleich effektiv auf anderem, etwa diplomatischem Wege oder dem
Wege der fachlichen Zusammenarbeit zwischen Ministerien, zu beschaffen wären. Es könnte also davon ausgegangen werden, dass die Steuerung bei den konkreten Stellen und Personen zugeordneten TKM auch erforderlich
war. Ob dies auch bei allen TKM der Fall war, ist allerdings mehr als fraglich.
Die Steuerung der TKM des Ministeriums war nicht angemessen. Das Land, zu dessen Regierung das Ministerium
gehört, ist im APB nicht der Rubrik der Kernländer oder Monitoringländer zuzuordnen. In der Begründung für
die Steuerung stellt der BND vielmehr zu Kern- und Monitoringthemen bzw. Kernländern des APB Bezüge her.
Es ist nicht erkennbar, dass eine Abwägung zwischen dem möglichen nachrichtendienstlichen Mehrwert der Informationen und den politischen Risiken stattgefunden hat. Der Aufklärungsauftrag des BND rechtfertigt in dieser
Hinsicht keinen derart tiefgreifenden Eingriff gegenüber einem Partner.
6.2 EU-Institutionen/Organisationen
Aus der eher überschaubaren Kategorie der EU-Institutionen, die auf der „Gruppenliste“ vorhanden sind, wird ein
Fall dargestellt.
Fall: EU-Institution
Selbst bei wohlwollender Betrachtung fehlt jegliche Rechtfertigung für die Steuerung dieser EU-Institution, so
dass die Maßnahme unverhältnismäßig war.