setzgeber abgesehen - von der weiteren Kontrolle dieser hoheitlichen Gewalt gänzlich ausgeschlossen. Eine personelle und sachliche Legitimation und Steuerung ist
ihnen ebenso unmöglich wie die politische Verantwortung gegenüber den Bürgern.
Das verstößt gegen den Grundsatz der Volkssouveränität (Art. 20 Abs. 2 Satz 1
GG). Mit dem Grundsatz der Volkssouveränität (vgl. Unger, Das Verfassungsprinzip
der Demokratie, 2008, S. 288; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR II,
3. Aufl. 2004, § 24 Rn. 8; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. 60 <Dez.
2015>) gewährleistet das Grundgesetz einen Anspruch aller Bürger auf freie und
gleiche Teilhabe an der Legitimation und Beeinflussung der sie betreffenden Hoheitsgewalt. Das schließt es aus, dass sie einer politischen Gewalt unterworfen werden,
der sie nicht ausweichen können und die sie nicht prinzipiell personell und sachlich
zu gleichem Anteil in Freiheit zu bestimmen vermögen (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>;
123, 267 <341>; 129, 124 <168>; 134, 366 <396 Rn. 51>).

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cc) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Erhebung offener Daten im
Internet unabhängig von ihrer Eingriffsqualität Völkergewohnheitsrecht entspräche.
Selbst wenn dies zuträfe, was anhand einer allgemeinen, als Recht anerkannten
Übung noch nachzuweisen wäre (vgl. Art. 38 Abs. 1 Buchstabe b IGH-Statut; zum
Diskussionsstand siehe Seitz, Strafverfolgungsmaßnahmen im Internet, 2004,
S. 361 ff.; Sieber, in: Verhandlungen des 69. Deutschen Juristentages, 2012, Bd. I,
Gutachten C, S. 144 f.), könnten die Vorgaben des Grundgesetzes hierdurch nicht
relativiert werden.

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Das Grundgesetz ordnet nicht die Unterwerfung der deutschen Rechtsordnung unter die Völkerrechtsordnung und den unbedingten Geltungsvorrang von Völkerrecht
vor dem Verfassungsrecht an (vgl. BVerfGE 31, 58 <76>; BVerfG, Beschluss des
Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvL 1/12 -, Rn. 69; stRspr). Auch den
allgemeinen Regeln des Völkerrechts weist es ausweislich des Art. 25 GG keinen
Verfassungsrang zu (vgl. BVerfGE 6, 309 <363>; 37, 271 <279>; 111, 307 <318>;
112, 1 <24, 26>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2
BvL 1/12 -, Rn. 41; Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 25 Rn. 42 <Dez. 2015>; Hillgruber, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 25 Rn. 11;
Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 25 Rn. 55). Soweit deren
Anwendung in Deutschland mit Grundrechten des Grundgesetzes kollidiert, scheitert
sie am Vorrang der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG). Zwar verpflichtet der Grundsatz
der Völkerrechtsfreundlichkeit die gesamte öffentliche Gewalt, einem Auseinanderfallen von völkerrechtlicher und innerstaatlicher Rechtslage soweit wie möglich entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 58, 1 <34>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats
vom 15. Dezember 2015 - 2 BvL 1/12 -, Rn. 65; stRspr). Auch hat dieser Grundsatz
Verfassungsrang; er beinhaltet jedoch keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Normen, sondern dient vor allem als
Auslegungshilfe im Rahmen der einzelnen die offene Staatlichkeit des Grundgesetzes prägenden Öffnungsklauseln. Der Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit kann
die differenzierten Regelungen des Grundgesetzes über den Rang der unterschiedli-

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