Drucksache 17/5200
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Darüber hinaus ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens der Merkmalskatalog bei der Haushaltebefragung
erweitert worden. Die Erhebungsmerkmale „rechtliche
Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft“ sowie „Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung“ sind europarechtlich
nicht vorgegeben. Im Gesetzgebungsverfahren habe ich
die Erforderlichkeit und Eignung dieser Erhebungsmerkmale wiederholt in Frage gestellt. Leider ist man mir in
diesem Punkt nicht gefolgt und hat die Merkmale in das
ZensG 2011 aufgenommen. Immerhin konnte aber erreicht werden, dass die Beantwortung der Frage nach dem
Glaubensbekenntnis freiwillig ist.
Bei der Gebäude- und Wohnungszählung werden sämtliche Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden und
Wohnungen zu diesen schriftlich befragt. Gefragt wird
beispielsweise nach dem Baujahr des Gebäudes, der Heizungsart, der Art der Nutzung und der Fläche der Wohnung (§ 6 Absatz 2 ZensG 2011).
Im Rahmen der Haushaltestichprobe werden 9,6 Prozent
der Bevölkerung aufgefordert, Angaben zu machen. Die
Fragen umfassen persönliche Angaben, Angaben über
Bildung und Ausbildung sowie Angaben den Beruf betreffend (§ 7 Absatz 4 ZensG 2011). Bei den Erhebungen
in den Sonderbereichen werden für jede dort wohnende
Person beispielsweise Monat und Jahr der Geburt, der Familienstand und der Tag des Bezugs der Wohnung bzw.
des Beginns der Unterbringung erfragt (§ 8 Absatz 1 Nr. 1
ZensG 2011). Wenngleich der Gesetzgeber entgegen meiner Forderung leider nicht auf personenbezogene Erhebungen in den sensiblen Sonderbereichen verzichten
wollte, hat das Statistische Bundesamt zumindest für die
Verarbeitung dieser Daten ein spezielles Verfahren entwickelt, das den besonderen Schutzbedarf der an diesen Anschriften lebenden Personen berücksichtigt.
Besonders schützenswert sind auch diejenigen Personen,
für die im Melderegister eine Übermittlungssperre wegen
Gefahr für Leib oder Leben eingetragen ist. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Personen im Zeugenschutzprogramm. Um dem besonderen Schutzbedarf dieser Personen Rechnung zu tragen, habe ich empfohlen,
diejenigen Anschriften, an denen eine Person mit einem
solchen Sperrvermerk lebt, insgesamt aus der Haushaltestichprobe auszunehmen.
Für die Durchführung des Zensus 2011 haben die Statistischen Ämter ein generisches Sicherheitskonzept erstellt,
welches mir zur Prüfung vorgelegen hat. Das Konzept
orientiert sich methodisch an den vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorgegeben
Standards. § 13 ZensG 2011 sieht vor, dass u. a. für jede
Person eine Ordnungsnummer vergeben wird. Mir war es
besonders wichtig, dass es nicht möglich ist, von der Ordnungsnummer auf die dahinter stehende Person schließen
zu können. Ich habe daher mit dem Statistischen Bundesamt vereinbart, dass die personenbezogene Ordnungsnummer mit Hilfe einer sogenannten Hashfunktion verschlüsselt wird.
BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Neben den Ordnungsnummern im Sinne des § 13
ZensG 2011 werden statistikintern weitere Nummern vergeben, die nur der Organisation des jeweiligen konkreten
Erhebungsgeschäftes dienen. Eine solche Nr. ist die Auskunftspflichtigen-ID im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung. Sie dient dazu, statistikintern eine bestimmte Person zu identifizieren und deren Daten im
Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung zusammenzuführen. Zwar besteht die Auskunftspflichtigen-ID
aus einer fortlaufend gebildeten Ziffernfolge, aus der
keine Informationen ableitbar sind. Als statistikinterner
Identifikator darf sie dennoch den abgeschotteten Bereich
der Statistik nicht verlassen. Hiervon konnte ich auch das
Statistische Bundesamt überzeugen. Entgegen der ursprünglichen Planung wurde auf die Nutzung der Auskunftspflichtigen-ID als Fragebogennummer für die Fragebögen der Gebäude- und Wohnungszählung verzichtet
und stattdessen wird für jeden Fragebogen eine nicht systematische Fragebogennummer vergeben, die innerhalb
der amtlichen Statistik mit Hilfe einer algorithmischen
Umrechnung mit der Auskunftspflichtigen-ID in Beziehung gesetzt wird.
Die praktische Durchführung des Zensus 2011 werde ich
intensiv und in enger Kooperation mit den für die Statistischen Landesämter, die Städte und Gemeinden zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten kritisch begleiten
und dabei insbesondere auf
– die Einhaltung der gesetzlichen Zweckbindung,
– die frühestmögliche Datenlöschung und
– eine hohe Datensicherheit
achten.
8.1.2
Statistikdaten dürfen nicht
beschlagnahmt werden
Ein Beschluss des Landgerichts Mannheim stellt klar,
dass Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse, die für eine Bundesstatistik mit Auskunftspflicht
erteilt werden, ohne Zustimmung des Betroffenen in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht gegen ihn verwertet werden dürfen.
Gegen den Beschuldigten lief ein Ermittlungsverfahren
wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Da die betroffenen Unternehmen im Rahmen der statistischen Erhebung für die Außenhandelsstatistik Umsatzdaten an das
Statistische Bundesamt gemeldet hatten, wurden auf der
Grundlage eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses Unterlagen beim Statistischen Bundesamt beschlagnahmt.
In seinem Beschluss vom 18. Juli 2007 (22 Qs 7/06) stellt
das LG Mannheim fest, dass diese Durchsuchungs- und
Beschlagnahmeanordnung rechtswidrig war. Die vom
Statistischen Bundesamt erhobenen Angaben zur Außenhandelsstatistik unterlägen im Strafverfahren gegen die
Verantwortlichen der betroffenen Unternehmen einem
Verwertungsverbot. Das in § 16 Bundesstatistikgesetz
vorgegebene Statistikgeheimnis sei verfassungskonform