Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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mehr als sieben Tage andauernde Speicherung solcher Daten halte ich generell nicht für vertretbar. Die DTAG muss
ihre Verarbeitungsprozesse so optimieren, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
Kritisch sehe ich auch den Umgang mit Verkehrs- und
Nutzungsdaten bei einem im Aufbau befindlichen System
für den Kundenservice. Auch wenn ich das Argument
nachvollziehen kann, dass durch die immer komplexeren
Dienste der Mobilfunkanbieter manche Fehlerquellen nur
schwer zu analysieren sind, rechtfertigt dies keine exzessive Datenspeicherung. Der Umfang der – insbesondere
entsprechend der anfänglichen Planung – gespeicherten
Daten erscheint mir unverhältnismäßig.
Die vorgenannten Beispiele belegen, dass ich bei Beratungs- und Kontrollbesuchen oft auf Sachverhalte aufmerksam werde, die anhand gesetzlicher Vorgaben
schwierig zu beurteilen sind. Nur vor Ort ist zu erkennen,
ob die gesetzlichen Anforderungen umgesetzt werden. All
dies zeigt, wie wichtig diese Kontrollen sind, die jedoch einen hohen personellen Aufwand bedeuten, angefangen
von der Vorbereitung des Besuchs über den Kontrollbericht bis hin zur Prüfung der Umsetzung.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch anmerken, dass
das hinhaltende Verhalten mancher TK-Anbieter ebenfalls nicht unerhebliche personelle Ressourcen bindet und
meine Arbeit unnötig erschwert. Mancher Vorgang – sowohl bei Kontrollen als auch bei Bürgereingaben – besteht aus fast ebenso vielen Erinnerungsschreiben wie aus
produktivem Schriftverkehr. Ich werde Verstöße gegen
die gesetzliche Kooperationspflicht mit dem BfDI zukünftig ggf. beanstanden. Leider habe ich – anders als die
Aufsichtsbehörden der Länder – nicht die Möglichkeit,
derartige Verstöße mit einem Bußgeld zu belegen (vgl.
Nr. 2.1).
6.4
Kein Anschluss unter dieser URL –
Tippfehler als Geschäftsmodell
Ob es sich hier um eine praktische Hilfe bei Vertippern
oder – wie eine Computerzeitschrift meinte – um einen
Lausbubenstreich handelt, ist umstritten. In jedem Fall ist
für den offensichtlich einträglichen Dienst eine Einwilligung des Kunden erforderlich.
Ein Vertippen in der Adress-Zeile eines Browsers, etwa
ein wwww.bfdi.bund.de, hatte bisher die Fehlermeldung
„Error 404“ des abgefragten DNS-Servers zur Folge. Damit wusste der Internetnutzer, dass die Adresse so nicht
existiert und konnte sie korrigieren. Noch bequemer mag
ein neuer Service der Internetanbieter sein. Statt der Fehlermeldung wird eine Suchmaschine bemüht, um zu erraten, was der Nutzer meinte. Das Ergebnis wird dem Nutzer angezeigt – natürlich verbunden mit Werbung. Ob
man dies als praktisch empfindet, ist Ansichtssache.
Nicht immer ist das Gesuchte dabei und im heimischen
Computernetz können die Seitenumleitungen zunächst
unerklärliche Reaktionen auslösen, da sich einige Programme auf die übliche Fehlermeldung des DNS-Servers
verlassen.
Drucksache 17/5200
Aufgrund einiger Eingaben habe ich die Thematik näher
betrachtet. Die DNS-Abfrage (vgl. Kasten zu Nr. 6.4) ist
– rechtlich betrachtet – Teil des Telekommunikationsdienstes „Internetzugang“, mit der Folge, dass das Fernmeldegeheimnis greift. Das Angebot von Inhalten durch
eine Suchmaschine ist demgegenüber ein Telemedienangebot. Daten, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen,
dürfen nur dann für andere Zwecke – hier Umleitung einer angeforderten URL auf eine Suchseite – genutzt werden, wenn der Teilnehmer eingewilligt hat. Schließlich
handelt es sich um einen grundsätzlich anderen Dienst,
der für den Internetzugang selbst nicht erforderlich ist.
Zudem erfährt der Anbieter der Suchmaschine, für welche Inhalte sich der Nutzer interessiert, ohne dass dieser
den Dienst dieses Anbieters überhaupt in Anspruch nehmen wollte. Wer diese Argumentation nicht als ausreichend stichhaltig empfindet, mag sich das Zugangserschwerungsgesetz (vgl. hierzu Nr. 4.6) ansehen. In § 11
ZugErschwG wird bei technisch ähnlicher Vorgehensweise explizit festgestellt, dass das Fernmeldegeheimnis
eingeschränkt wird, wenn eine URL-Anforderung etwa
auf ein virtuelles „Stoppschild“ umgelenkt wird. Nutzt jemand hingegen eine Suchmaschine direkt, um die gewünschte Website zu finden – ggf. auch mit Schreibfehler
–, ist dies ein direkter Kommunikationsvorgang zwischen
dem Nutzer und dem Suchmaschinenanbieter: Der Nutzer
erhält Seitenvorschläge mit vermeintlich richtigen Angaben. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil für den
Betreiber einer Suchmaschine das Fernmeldegeheimnis
nicht gilt.
Die Netzbetreiber waren zunächst nicht von der Notwendigkeit zu überzeugen, dass eine Einwilligung erforderlich ist. Ob dies daran lag, dass man einen von manchen
Kunden als bequem empfundenen Dienst erhalten wollte,
oder daran, dass bei den präsentierten Vorschlägen auch
bezahlte Verweise auf kommerzielle Internetangebote
enthalten waren, möchte ich hier nicht kommentieren. Einige Anbieter wollen nun nach einem Vertipper die Einwilligung beim Nutzer einholen. Somit kann dieser
Kunde künftig die Suchseite erhalten. Ebenso soll es
möglich sein, dass ein Kunde auf Wunsch die klassische
Fehlermeldung erhält. Diese Vorgehensweise entspricht
sowohl dem Fernmeldegeheimnis als auch dem Interesse
der Netzbetreiber und mancher Kunden.
K a s t e n zu Nr. 6.4
Das Domain Name System (DNS) dient zur Namensauflösung im Internet, um die logischen Namen von über
das Internet abfragbaren Ressourcen in maschinenauswertbare IP-Adressen umzuwandeln. Wenn man im
Web-Browser eine URL (Uniform Resource Locator)
eingibt, fragt der PC beim DNS-Server des Routers nach,
der wiederum den DNS-Server des Internet-Providers
befragt. Von diesem erhält der PC mittels Router die
IP-Adresse des Servers, auf dem die abgefragte Website
gespeichert ist. Um die Website abzufragen, schickt der
PC eine Anfrage an die so ermittelte IP-Adresse des
BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010