Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Drucksache 17/5200

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und einem konkreten Nutzer zugeordnet werden können.
Schließlich ist die strafrechtliche Würdigung des Drohneneinsatzes – bei heimlichen Aufnahmen oder Übertragungen von Personen in Wohnungen und anderen geschützten Bereichen kann es sich um eine Straftat handeln
(vgl. Kasten zu Nr. 5.13) – noch offen und erfolgt erst auf
Grund eines Strafantrags des Betroffenen. Immerhin
könnte im Falle einer Verurteilung die unzulässig verwendete Drohne gemäß § 74a StGB eingezogen werden.

cherung (VDS) dargelegt und über die Verfassungsbeschwerde berichtet (für Hintergrundinformationen zur
Vorratsdatenspeicherung vgl. Kasten a zu Nr. 6.1). Das
BVerfG hat in seinem Urteil vom 2. März 2010
(1 BvR 256/08) die Verfassungswidrigkeit der Regelungen zur VDS festgestellt und diese für nichtig erklärt. Ich
sehe das Urteil in einer Reihe mit den Grundsatzentscheidungen des BVerfG zur Volkszählung oder zur Online-Durchsuchung, die den Datenschutz in Deutschland
gestärkt haben.

K a s t e n zu Nr. 5.13

Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass das Gericht
lediglich die gesetzlichen Regelungen zur VDS als verfassungswidrig bewertete. Gleichzeitig äußerte es aber
die Auffassung, dass die der VDS zugrunde liegende europäische Richtlinie durchaus verfassungskonform umgesetzt werden könne. Wegen der hohen Eingriffsintensität
müsste die VDS jedoch besonders strengen Anforderungen unterliegen. Das Gericht nannte hier vier Kriterien:

§ 6b BDSG (Auszug)
Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume
mit optisch-elektronischen Einrichtungen
(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume
mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass
schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
(2) Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.
…
§ 201a StGB (Auszug)
Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs
durch Bildaufnahmen
(1) Wer von einer anderen Person, die sich in einer
Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis
zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
…
6

Telekommunikations- und
Postdienstleistungen

6.1

Vorratsdatenspeicherung: Quo vadis?

Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die gesetzlichen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung kassiert hat, stellt sich die Frage, wie es jetzt weiter geht. Die
Antwort hängt auch von der Evaluierung der zugrunde
liegenden europäischen Richtlinie ab.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
In meinem 22. TB (Nr. 3.2.1) hatte ich die verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber der Vorratsdatenspei-

– Hoher Standard der Datensicherheit,
– enge Grenzen der Datenverwendung,
– hinreichende Transparenz sowie
– effektiver Rechtsschutz.
Bei den Anforderungen an die Datensicherheit nahm das
Gericht meine Forderungen auf. So müssen die Vorratsdaten von den sonstigen vom Unternehmen für betriebliche
Zwecke genutzten Daten getrennt werden. Die Daten müssen verschlüsselt werden und einem gesicherten Zugriffsregime beim Provider unterliegen – beispielsweise durch
ein Vier-Augen-Prinzip. Schließlich sind die Zugriffe auf
die Daten revisionssicher zu protokollieren. Auch wenn
sich bei der Einhaltung dieser Vorgaben Missbrauchsmöglichkeiten nicht vollständig auszuschließen lassen, könnte
so die Gefahr des Missbrauchs zumindest stark reduziert
werden.
Für besonders unzulänglich hielt das Gericht die gesetzlichen Regelungen zur Datenverwendung. So habe der Gesetzgeber versäumt, die Datenverwendung auf einen abschließenden Katalog schwerer Straftaten zu beschränken.
Über diese eindeutig festzulegenden Strafverfolgungszwecke hinaus sei die Datenverwendung aufgrund ihrer
hohen Eingriffsintensität nur zulässig, wenn dies für überragend wichtige Aufgaben des Rechtsgüterschutzes unerlässlich sei. Darüber hinaus beschränke sich das Gebot der
restriktiven Datennutzung nicht nur auf die Anforderungen, unter denen die Daten an die Bedarfsträger übermittelt werden dürften, sondern es gelte auch für die Nutzung
bereits übermittelter Daten. Diese dürften nur zweckgebunden verwendet werden und müssten schnellstmöglich
verarbeitet und sofort gelöscht werden, wenn sie ihren
Zweck erfüllt hätten.
Das Gericht stellte außerdem klar, dass die Datenerhebung
und -nutzung grundsätzlich offen stattfinden müssen und
nur ausnahmsweise im Einzelfall mit richterlicher Anordnung heimlich erfolgen dürfen. Durch ein effektives
Rechtsschutzsystem müsse sichergestellt werden, dass die
Datenübermittlung von den Telekommunikationsunternehmen an die Bedarfsträger grundsätzlich einem Richter-

BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010

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