Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Drucksache 17/5200
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Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) befasst sich im Wesentlichen mit der Zulassung biomedizinischer Produkte und
Impfstoffe, Maßnahmen im Bereich der Risikovorsorge
und im Zusammenhang mit Humanarzneimitteln sowie
mit hierauf bezogenen Forschungsprojekten.
Forschungsprojekt „Humanes endogenes
Retrovirus, Typ K (HERV-K)“
Die Erforschung humaner endogener Retroviren des
Typs K (dazu gehört HERV-K) ist einer der Arbeitsschwerpunkte des PEI. Ziel ist es, die Behandlung bei Tumor-, Autoimmun- und HIV-Erkrankungen zu verbessern.
Das Erheben, Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten in der entsprechenden Projektdatenbank
ist zulässig, da dies zur Erfüllung der in der Zuständigkeit
des PEI liegenden Aufgaben (hier: Forschung) erforderlich ist. Dem steht nicht entgegen, dass bisherige Zwischenergebnisse den vermuteten Zusammenhang zwischen dem
Virus HERV-K und dem Entstehen einer HIV-Infektion
nicht aufzeigen. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass
bei komplexen medizinischen Forschungen mit raschen
Ergebnissen nicht gerechnet werden kann. Damit ist die
Datenerhebung selbst zwar rechtmäßig, die Art und Weise
der Datenspeicherung und -nutzung jedoch problematisch:
Die Speicherung der Datensätze mit Angaben zum Gesundheitszustand bzw. Diagnosen erfolgte ohne Einwilligung der Betroffenen und teilweise unter Nennung der
Klarnamen. Dies betraf auch die Referenzdaten, die von
Mitarbeitern des PEI erhoben wurden, wobei hier zumindest eine mündliche Einwilligung der Betroffenen gegeben wurde. Die Datei wurde unverschlüsselt geführt; die
Zugangsberechtigungen waren nicht geregelt.
Inzwischen hat das PEI die festgestellten Mängel beseitigt: Der Personenbezug bei den bestehenden Daten
wurde gelöscht, neue Datensätze werden nur noch in anonymisierter Form gespeichert. Zusätzlich wird die Datenbank mittels der Verschlüsselungssoftware „True Crypt“
verschlüsselt.
Das Deutsche Hämophilieregister
Nach dem Transfusionsgesetz (TFG) hat das PEI die Aufgabe, die Anzahl behandlungsbedürftiger Hämophiliepatienten und den Versorgungsgrad mit Blutprodukten auszuwerten. Hierfür betreibt das PEI das Deutsche
Hämophilieregister (DHR) auf der Basis eines zusammen
mit der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung, der Deutschen Hämophiliegesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten und der Interessengemeinschaft Hämophiler erarbeiteten Konzepts. Außerdem wird
mit Hilfe der im DHR gespeicherten Krankheits- und Therapiedaten diese seltene Krankheit mit dem Ziel erforscht,
die Behandlung Betroffener zu verbessern und dabei die
Behandlungskosten zu senken. Für die Umsetzung der
technisch–organisatorischen Einrichtung des Registers
mussten die unterschiedlichen Anforderungen seitens der
Ärzte und Patienten, der Wissenschaftler und des PEI berücksichtigt werden. Niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser stellen nach Autorisierung mittels eines Benutzer-
namens und einer Ident-Nummer die umfangreichen
Daten ihrer Hämophiliepatienten (Patientennummer, Geburtsmonat, Geburtsjahr, Geschlecht, zwei Ziffern seiner
Postleitzahl, diagnostische und therapeutische Daten sowie behandlungsbezogene Qualitätssicherungs-Daten) selbst
in das DHR ein. Dabei wird die Patientennummer zunächst auf einem Rechner ohne Festplatte pseudonymisiert, bevor der Datensatz in das DHR überführt wird. Betreiber des festplattenlosen Rechners ist die Stadt Langen,
mit der das PEI einen entsprechenden Kooperationsvertrag geschlossen hat.
Für die beschriebene Forschungsnutzung werden die
pseudonymisierten Daten durch Löschen des Pseudonyms mit Ausnahme der Behandlungsdaten, des Geburtsjahrs und der ersten beiden Ziffern der Postleitzahl des
Patienten anonymisiert. Jeder Behandler kann nur auf die
von ihm selbst eingestellten Daten zugreifen; ein Zugriff
auf die gesamte Behandlungshistorie eines Patienten, der
bei unterschiedlichen Ärzten bzw. Krankenhäusern in Behandlung war, ist nicht möglich. Die beschriebene Konzeption für den Betrieb des DHR wirft einige datenschutzrechtliche Fragen auf.
– Pseudonymisierung
Personenbezogene Forschungsdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu
speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche
oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie
dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt
werden, soweit der Forschungszweck dies erfordert.
Die im DHR erfassten Daten sind demnach spätestens
nach Abschluss der Erhebung zu anonymisieren, sofern es keiner Ergänzungen bei fortgeführter (in der
Regel lebenslanger) Hämophilietherapie oder keiner
Kontrollen mehr bedarf.
Die Speicherung der Patientendaten im DHR erfolgt
unter einem Pseudonym. Für dessen Berechnung im
festplattenlosen Rechner wird die Patientennummer verwendet, die sich aus der Krankenversichertennummer
und dem Institutionskennzeichen der Krankenkasse
des Patienten zusammensetzt. Neben dem pseudonymisierten Patientendatensatz werden auch Arztdaten
(Praxisdaten des Behandlers wie etwa Name, Anschrift
und Telefonnummer) gespeichert. Damit könnte das
Pseudonym – allerdings mit erhöhtem Aufwand – reidentifiziert werden. Um dies zu vermeiden, habe ich
eine Pseudonymisierung der Arztdaten gefordert. Die
Umsetzung dieser Forderung durch das PEI werde ich
beratend begleiten.
– Auskunftsrecht der Patienten
Die Patienten haben jederzeit das Recht, Auskunft bezüglich der im DHR über sie gespeicherten Daten zu
erhalten. Die Datenbank des PEI lässt einen hierfür erforderlichen Zugriff auf alle Patientendaten jedoch
nicht zu. Eine Änderung wollte das PEI zunächst nicht
vornehmen, da die Patientendaten nach § 14 Absatz 3
TFG für die Dauer von 15 Jahren bereits von anderen
Stellen vorgehalten werden müssen. Daher sei es nach
BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010