Drucksache 17/5200
detaillierte Vorgaben
Nr. 11.1.3.2).
zur
– 120 –
IT-Sicherheit
(vgl. u.
Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ist zum 1. Januar
2010 zunächst lediglich die Verpflichtung zur Zulieferung
von Daten für das ELENA-Verfahren in Kraft getreten
(vgl. Kasten zu Nr. 11.1.3.1). Seit diesem Zeitpunkt sind
die Arbeitgeber verpflichtet, Daten ihrer Arbeitnehmer an
die Zentrale Speicherstelle (ZSS) zu melden. Die ZSS ist
räumlich, organisatorisch und personell getrennt bei der
Datenstelle der Träger der Rentenversicherung eingerichtet worden (§ 96 Absatz 1 SGB IV). Ende des Jahres 2010
hatte die Registratur Fachverfahren (RFV) 33 126 688
vorläufige Identitätsnummern für ebenso viele Arbeitnehmer vergeben. Insgesamt waren damit am 31. Dezember
2010 ca. 330 Millionen Datensätze gespeichert.
Die einzumeldenden Daten sind in einem sogenannten
Multifunktionalen Verdienstdatensatz (MVDS) festgelegt,
der aus verschiedenen Datenbausteinen besteht, die teilweise monatlich, teilweise anlassbezogen gemeldet werden müssen.
Einer dieser anlassbezogen zu meldenden Datenbausteine
ist der Datenbaustein Kündigung/Entlassung, der im Berichtszeitraum im Fokus des Interesses stand, weil er vorsah, dass im Falle der Kündigung u. a. auch gemeldet
werden sollte, ob der Kündigung die Teilnahme an einem
Streik oder einer Aussperrung zugrunde lag. Nicht zuletzt
aufgrund meiner Intervention wurde der Datenbaustein so
geändert, dass diese Informationen über das ELENA-Verfahren nicht erhoben werden. Außerdem konnte ich erreichen, dass die Arbeitgeber keine sogenannten Freitextfelder mehr ausfüllen müssen, da dies die Gefahr beinhaltet
hätte, dass unsachliche Freitexte Einfluss auf die Vergabe
von Sozialleistungen an Bürger gehabt hätten.
Gegen Ende des Berichtszeitraumes wurden Pläne der
Regierungskoalition bekannt, das verbindliche Abrufverfahren statt am 1. Januar 2012 erst am 1. Januar 2014 beginnen zu lassen. Die Gründe liegen zum einen in der
Nichtverfügbarkeit der erforderlichen Karten mit einer
qualifizierten elektronischen Signatur, zum anderen fehlt
es bei den abrufenden Stellen aber auch noch an den technischen Möglichkeiten für den Abruf. Nicht ändern soll
sich allerdings die Regelung, wonach zu Erprobungszwecken auch bereits vor dem festgesetzten Termin ein Abruf
möglich sein soll.
Diese Regelung ist insbesondere erforderlich, um möglichst schnell den Anspruch auf Selbstauskunft nach § 103
Absatz 4 Satz 1 SGB IV zu realisieren. Diese Vorschrift
gibt den Bürgern einen Auskunftsanspruch gegenüber der
ZSS und der Registratur Fachverfahren über die dort zu ihrer Person gespeicherten Daten. Der Anspruch ist jedoch
bei der ZSS derzeit nicht umsetzbar, weil die ZSS aufgrund datenschutzrechtlicher Vorgaben keinen Zugang zu
den bei ihr gespeicherten Daten hat. Durch diese Vorgabe
soll bereits technisch verhindert werden, dass die ZSS von
BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
außen dazu genötigt werden könnte, Daten herauszugeben. Aus diesem Grund war in den vorangegangenen JobCard-Projekten großer Wert darauf gelegt worden, dass
der Auskunftsanspruch nur über eine abrufende Behörde
gestellt werden konnte. Hierdurch sollte innerhalb des
ELENA-Verfahrens das Zwei-Signaturen-Prinzip sichergestellt werden, nach welchem für einen Abruf aus der
ELENA-Datenbank stets zwei elektronische Signaturen
erforderlich sind, nämlich die qualifizierte elektronische
Signatur des Teilnehmers und die elektronische Signatur
der abrufenden Behörde nach § 102 SGB IV. Dieser wesentlichen datenschutzrechtlichen Sicherung steht allerdings § 103 Absatz 4 Satz 3 Alt. 2 SGB IV entgegen, wonach der Anspruch auch direkt gegenüber der ZSS geltend
gemacht werden kann. Mit den am ELENA-Verfahren beteiligten Stellen erarbeite ich derzeit eine Möglichkeit, den
Auskunftsanspruch zu verwirklichen, ohne dass wesentliche Sicherheitsmaßnahmen des ELENA-Verfahrens außer
Kraft gesetzt werden müssen.
Im Berichtszeitraum habe ich eine erste datenschutzrechtliche Kontrolle der ZSS durchgeführt. Dabei habe ich
festgestellt, dass die in § 96 Absatz 1 SGB IV vorgesehene räumliche Trennung der ZSS von der Datenstelle
der Träger der Rentenversicherung (DSRV) zwar verwirklicht wurde, es aber noch Defizite bei der gesetzlich
geforderten organisatorischen und personellen Trennung
gibt. Insbesondere halte ich das Weisungsrecht gegenüber
den Mitarbeitern der ZSS durch Vorgesetzte der DSRV
mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Der Hinweis auf nicht näher spezifizierte finanzielle Probleme bei
der Beachtung der gesetzlichen Vorgaben darf jedenfalls
nicht dazu führen, dass diese nicht beachtet werden.
Zu den vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfassungsbeschwerden gegen das ELENAVerfahren habe ich ebenfalls Stellung genommen. Mit
Beschluss vom 14. September 2010 (1 BvR 872/10) hat
es das BVerfG abgelehnt, durch eine einstweilige Anordnung die §§ 97 Absatz 1 und 98 Absatz 1 SGB IV auszusetzen, die die Meldepflicht der Arbeitgeber und die Anmeldepflicht der Teilnehmer betreffen. Ein wesentlicher
Aspekt, über den das BVerfG im Hauptsacheverfahren zu
entscheiden hat, wird die Frage sein, ob das ELENA-Verfahren eine unzulässige Datenvorratshaltung darstellt
(vgl. hierzu schon 19. TB Nr. 23.2.2, S. 131). Ich gehe
davon aus, dass das BVerfG die in seiner Entscheidung
vom 2. März 2010 zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten herausgearbeiteten Kriterien auf
das ELENA-Verfahren anwenden wird (vgl. o. Nr. 6.1),
und halte das ELENA-Verfahren nur dann für verfassungsgemäß, wenn das Sicherheitsniveau auf dem Standard bleibt, wie es während der JobCard-Projekte und des
Gesetzgebungsverfahrens zum ELENA-Verfahrensgesetz verabredet wurde. Bestrebungen, etwa aus Kostengründen hiervon Abstriche zu machen, werde ich mich
weiterhin entgegen stellen.