Drucksache 17/5200

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Auf der Grundlage des mit mir gemeinsam erstellten
Rahmenkonzepts hat die BAköV inzwischen Ausschreibungen für die Erstellung eines Feinkonzepts, des Selbsteinschätzungstest, eines Fragenpools für die Abschlussprüfung sowie des Handbuchs veranlasst.
8.9

Qualifizierung und Freistellung behördlicher Datenschutzbeauftragter

Die verantwortliche Tätigkeit der Beauftragten für den
Datenschutz erfordert nicht nur ein hohes Maß an Fachkunde. Ihre gesetzlich vorgeschriebene Unabhängigkeit
ist nur gewährleistet, wenn sie angemessen von anderen
Aufgaben entlastet werden und genügend Zeit für die
Wahrnehmung ihres Amtes haben. Hierzu fehlen jedoch
konkrete Vorgaben.
Der Institution des durch § 4f BDSG vorgesehenen behördlichen Datenschutzbeauftragten kommt bei der Einhaltung des Datenschutzes und der Umsetzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen besondere Bedeutung
und Verantwortung zu. Diese Aufgabe erfordert ein hohes
Maß an Fachkunde sowie eine unabhängige und organisatorisch herausgehobene Stellung.
Das BDSG erläutert den Begriff der erforderlichen Fachkunde zwar nicht näher, grundlegende Kenntnisse zum
Inhalt und zur rechtlichen Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes sowie zu spezialgesetzlichen datenschutzrelevanten Regelungen, zur Informations- und Kommunikationstechnologie und zu Datensicherheitsanforderungen
nach § 9 BDSG müssen jedoch gewährleistet sein. Soweit
er nicht bereits darüber verfügt, muss sich der behördliche
Datenschutzbeauftragte die entsprechenden Kenntnisse
vor allem durch den Besuch von Fortbildungsseminaren
mit Unterstützung seiner Dienststelle aneignen.
In der am 1. September 2010 in Kraft getretenen BDSGNovelle (vgl. Nr. 2.2) wurde ein Anspruch auf Teilnahme
an Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen sowie
Übernahme der Kosten durch die verantwortliche Stelle
festgeschrieben. Solche Datenschutzfortbildungen haben
bisher in erster Linie private Anbieter durchgeführt. Deshalb begrüße ich, dass die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung den Beschäftigten in der Bundesverwaltung demnächst neben dem Grundseminar „Datenschutz“
einen Fortbildungsgang für behördliche Datenschutzbeauftragte mit abschließendem Zertifikatserwerb anbieten
will (vgl. o. Nr. 8.8).
Beim regelmäßigen Erfahrungsaustausch mit den Datenschutzbeauftragten der obersten Bundesbehörden (vgl. u.
Nr. 14.2) habe ich mich immer wieder über deren Situation informiert, insbesondere über Arbeitsanfall, die organisatorischen Zuordnung sowie die Unterstützung durch
ihre Dienststelle. Die Betroffenen können in vielen Fällen
ihre Aufgaben nur neben ihrer eigentlichen Tätigkeit ausüben und sind deshalb nicht in der Lage, den an ihr Amt
gestellten Anforderungen – auch bei größtem persönlichem Einsatz – in vollem Umfang gerecht zu werden.
Dies ist umso unbefriedigender, als die steigende Bedeu-

BfDI 23. Tätigkeitsbericht 2009-2010

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

tung des Datenschutzes immer mehr Aufgaben und Anforderungen an die Datenschutzbeauftragten mit sich
bringt. Von Seiten der Datenschutzbeauftragten wurde ich
daher gebeten, Richtlinien oder Empfehlungen zu geben,
sowohl zur Ausgestaltung der Kontrolltätigkeit als auch
zur Ermittlung des Freistellungsbedarfs. Auch gesetzliche
Regelungen werden teilweise gefordert.
Nach § 4f Absatz 5 Satz 1 BDSG haben die verantwortlichen Stellen den Beauftragten für den Datenschutz bei der
Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Von entscheidender Bedeutung ist hier eine angemessene Entlastung
von möglicherweise übertragenen anderen Aufgaben,
auch wenn ein gesetzlicher Freistellungsanspruch für den
Datenschutzbeauftragten nicht gegeben ist. Alle Rechte
und Befugnisse können dem Datenschutzbeauftragten nur
von Nutzen sein, wenn er ausreichend Zeit für die Wahrnehmung seiner Aufgabe hat.
In meinem 20. TB (Nr. 2.4) hatte ich bereits einmal den
Gesetzgeber aufgefordert, eine adäquate gesetzliche Freistellungsregelung in das BDSG aufzunehmen. Die Bundesregierung ist diesem Vorschlag nicht gefolgt, hat aber
ausdrücklich anerkannt, dass aus der Unterstützungspflicht der Dienststelle auch die Pflicht zur teilweisen oder
völligen Freistellung von anderen Aufgaben folgt (vgl.
21. TB Nr. 2.6 sowie Kasten a zu Nr. 8.9).
Da zahlreiche Dienststellen offensichtlich den Aufgabenbereich und Arbeitsanfall der Datenschutzbeauftragten
nicht richtig kennen oder einschätzen, werde ich mich verstärkt bemühen, durch Aufklärung Abhilfe zu schaffen.
Allgemeingültige Aussagen zur Notwendigkeit einer Freistellung oder zur Anzahl des erforderlichen Hilfspersonals
lassen sich nur schwer treffen. Bei größeren Behörden mit
zahlreichen Beschäftigten und PC-Arbeitsplätzen oder
auch besonders umfangreicher oder sensibler personenbezogener Datenverarbeitung kann die Bestellung eines
hauptberuflichen Datenschutzbeauftragten durchaus geboten sein. Allerdings kann die Anzahl der Beschäftigten
alleine nicht ausschlaggebend sein. Es kommt vielmehr
auf den Umfang und die Sensibilität der Daten an. Gleichwohl werde ich prüfen, ob und inwieweit den Behörden
des Bundes Empfehlungen zu den Kapazitätsanforderungen für behördliche Datenschutzbeauftragte gegeben werden können.
Der Düsseldorfer Kreis, ein Koordinierungsgremium aller Datenschutzaufsichtsbehörden für den nicht-öffentlichen Bereich, hat mit Blick auf die ähnliche Problematik
bei den betrieblichen Datenschutzbeauftragten in der Privatwirtschaft in seinem Beschluss vom 24./25. November 2010 „Mindestanforderungen an Fachkunde und
Unabhängigkeit des Beauftragten für den Datenschutz
nach § 4f Absatz 2 und 3 Bundesdatenschutzgesetz“
(Kasten b zu Nr. 8.9) eine Art Leitbild für das Amt des
Beauftragten für den Datenschutz erstellt. Dieser Beschluss könnte als Grundlage für eine vergleichbare Empfehlung für die behördlichen Datenschutzbeauftragten in
den Bundesbehörden dienen.

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