Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/1200

zu bescheiden (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 1 IFG). Das
Verwaltungsgericht Berlin hat dies allerdings anders
gesehen.

zukommt bzw. die Verfahrensführung innehat“
(VG Berlin, Urteil vom 10. September 2013,
- VG 2 K 61.13, S. 4 -).

Die Richtlinie für das Nachrichtendienstliche Informationssystem (NADIS) wurde vom BfV in Zusammenarbeit mit den Landesbehörden für den Verfassungsschutz entwickelt und von der Konferenz der
Innenminister und -senatoren (IMK) mit Beschluss
vom 6. Mai 1994 gebilligt. Sie war Grundlage für die
Nutzung
des
technisch
vom
BfV
im
Bund-Länder-Verbund betriebenen elektronischen
Informationssystems. Zwischenzeitlich ist NADIS zu
einer umfassenden Wissensdatenbank (NADIS WN)
der Verfassungsschutzämter ausgebaut worden, in
der auch inhaltliche Daten zu Personen gespeichert
und von allen Teilnehmern abgerufen werden können.

Daran anschließend weist das VG zutreffend auf die
- im Regelfall bestehende - Übereinstimmung von
(Informations-)Besitz und Verfügungsberechtigung
hin.

Das neue Nachrichtendienstliche Informationssystem
wurde im Juni 2012 in Betrieb genommen. (vgl.
24. TB Datenschutz, Nr. 7.5.1). Die NADIS-Richtlinie, die Dateianordnung NADIS-WN sowie die
Durchführungsbestimmungen sind gemäß § 4 Absatz 1 Sicherheitsüberprüfungsgesetz i. V. m. der
„Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VSA)“ als
„VS - Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD) eingestuft.
Ein Antrag auf Informationszugang zu den „NADISRichtlinien“ wurde vom BMI (zunächst) unter Hinweis auf die Einstufung als Verschlusssache abgelehnt. Auch Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Das VG Berlin sah - wie das beklagte BMI keine Verfügungsbefugnis des BMI als Klagegegner.
In den Urteilsgründen verweist das Gericht zunächst
auf die Begründung des IFG-Entwurfes, nach der
grundsätzlich der Urheber der Information verfügungsberechtigt sei (Bundestagsdrucksache 15/4493,
S. 14).
Hieran anknüpfend erläutert es Sinn und Zweck der
Verfügungsbefugnis als Voraussetzung des Informationszuganges:
Werde die Information „im weiteren Verlauf anderen
Behörden übermittelt und ist sie demnach an mehreren Stellen verfügbar, soll mit dem Merkmal der
Verfügungsberechtigung eine sachangemessene Entscheidungszuständigkeit ermöglicht werden [...].
Insbesondere angesichts der umfangreichen Abstimmungspraxis unter den Behörden, aufgrund derer
diese in großem Umfang als Teil der bei ihnen geführten Akten über Informationen verfügen, die nicht
von ihnen erhoben worden sind, sollen die Verfahren
auf Informationszugang bei der Behörde konzentriert
werden, der die größte Sachnähe zum Verfahren

Einen solchen Regelfall sah das VG hier jedoch
nicht, da Urheber der fraglichen Informationen das
BfV sei, das selbst aufgrund der Bereichsausnahme
nach § 3 Nummer 8 IFG unabhängig von der Sensibilität und Geheimschutzbedürftigkeit der fraglichen
Information im Einzelfall vom Anwendungsbereich
des IFG ausgenommen sei.
Aus dem Schutzzweck dieser Bereichsausnahme
leitet das Gericht dann den Ausschluss einer „stillschweigenden oder gesetzlichen Übertragung der
Verfügungsbefugnis“ vom BfV auf das BMI ab.
Dies überzeugt mich nicht.
Es ist schon fraglich, ob das BfV und die Landesbehörden für Verfassungsschutz alleinige „Urheber“
der aktualisierten NADIS-Regelungen sind.
Gesetzliche Zustimmungserfordernisse (vgl. § 8
Absatz 2 Satz 3, § 14 Absatz 1 Satz 1, § 19 Absatz 4
Satz 2 BVerfSchG) bedeuten, dass das fachaufsichtlich zuständige Ressort zur Prüfung unter praktischen
und rechtlichen Aspekten berechtigt und verpflichtet
ist und seine Prüfergebnisse und evtl. Weisungen bei
der abschließenden Formulierung zu berücksichtigen
bzw. zu befolgen sind.
Damit ist das BMI „Miturheber“ der fraglichen Informationen, seine Verfügungsbefugnis lässt sich
nicht durch die (nur) für das BfV als weiteren Urheber geregelte Bereichsausnahme ausschließen.
Eine umdeutende Interpretation der Verfügungsbefugnis im Sinne einer „verlängerten Bereichsausnahme“ wäre im übrigen mit dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Nummer 8 IFG nicht in Einklang zu
bringen, der nur die Nachrichtendienste des Bundes
und „sonstige öffentliche Stellen des Bundes, soweit
sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nummer 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen“ vom
Anwendungsbereich des IFG ausnimmt. Das BMI
beaufsichtigt das BfV, ist aber selbst kein Nachrichtendienst des Bundes. Das BMI ist gemäß § 1 Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung
(SÜFV) auch keine öffentliche Stelle des Bundes, die
Aufgaben im Sinne des § 10 Nummer 3 des SÜG
wahrnimmt.
Der Informationszugang konnte deshalb nach meiner
Auffassung nicht bereits mit Hinweis auf die fehlende Verfügungsbefugnis abgelehnt werden. Der Ausschlusstatbestand des § 3 Nummer 4 IFG (fortbeste4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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