Drucksache 18/1200

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sion (UHK)“, unterstützt durch eine 2010 eingesetzte
Arbeits- und Forschungsgruppe des BND, untersucht
werden soll. Der BND rechnet damit, dieses Projekt
im Jahr 2016 abschließen zu können. Erste Teilergebnisse hat die UHK in einem öffentlichen Kolloquium in Berlin am 2. Dezember 2013 vorgestellt.
Diese (Teil-)Ergebnisse sollen im Frühjahr 2014 in
einem Tagungsband veröffentlicht werden.
Diese - hier nur exemplarisch und knapp geschilderten - Forschungsvorhaben zeigen, dass die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit Fahrt aufgenommen hat.
Gleichwohl bleibt für Behörden und Historiker noch
viel zu tun. Auch der Zugang zu personenbezogenen
Daten in Personalakten in diesem Zusammenhang
bedarf unverändert einer gesetzlichen Klärung.
3.1.2.2 Was dürfen Medien und Öffentlichkeit über die Vergangenheit ehemaliger Beamter wissen?
Der Zugang zu Informationen über das Vorleben
ehemaliger Mitarbeiter eines Ministeriums während
des Dritten Reiches hat inzwischen auch das Verwaltungsgericht Köln beschäftigt.
Das BMELV hatte 2005 ein Gutachten zu Rolle und
Inhalt der Agrarpolitik und Agrarforschung von Vorgängerinstitutionen dieses Bundesministeriums in
Auftrag gegeben, um - mit Blick auf eventuelle Verstrickungen und Belastungen aus der Zeit des Dritten
Reiches - zu klären, ob die Voraussetzungen für
einen ehrenden Nachruf für 62 Pensionäre in jedem
Einzelfall vorlagen (vgl. 3. TB Nr. 3.3.2.2). Von
diesen 62 Pensionären waren nach der Bewertung
des Gutachters fünf als „nicht ehrwürdig“ anzusehen.
Bei nicht wenigen Lebensläufen findet sich die zusammenfassende Bewertung „nicht kritikwürdig“;
drei Lebensläufen begegnet der Gutachter mit der
Bewertung „mit Respekt“.
Ein Journalist einer großen Tageszeitung hatte Zugang zu dem Gutachten einschließlich der vom Gutachter aus Personalakten entnommenen biographischen Informationen und dem jeweiligen Votum zur
Nachrufwürdigkeit dieser inzwischen hochbetagten
bzw. nach Erstellung des Gutachtens bereits verstorbenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beantragt.
Diese personenbezogenen Informationen waren im
besonderen Teil des Gutachtens enthalten. Zu prüfen
war hier, ob der Informationszugang mit Blick auf
den besonderen Schutz von Informationen aus Unterlagen, soweit diese mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis „in Zusammenhang stehen“ (§ 5 Absatz 2
IFG, vgl. Kasten a zu Nr. 3.1.2.2) auch ohne Einwilligung der Betroffenen eröffnet war. Der Informationszugang zum ersten (allgemeinen) Teil des Gutachtens zur Rolle der Vorgängerinstitutionen des
Bundesministeriums wurde vor Klageerhebung ge4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

währt. Der Informationszugang zum besonderen Teil
des Gutachtens wurde vom BMELV nur eingeschränkt gewährt, da die Offenlegung der geschwärzten Passagen eine Identifizierung der Betroffenen
ermögliche und damit der Schutz personenbezogener
Daten nicht mehr gewährleistet sei. Das Persönlichkeitsrecht dieser ehemaligen Mitarbeiter habe Vorrang gegenüber dem journalistischen Informationsinteresse.
Bei einem dieser 62 ehemaligen Mitarbeiter hatte ich
mich dafür ausgesprochen, den Informationszugang
auch unabhängig von einer Einwilligung zu eröffnen,
da die mehrjährige Zugehörigkeit dieses inzwischen
verstorbenen Staatssekretärs zur Waffen-SS bereits
1984 anlässlich seiner Ernennung in den Medien
diskutiert worden war, dieser Beamte als (relative)
Person der Zeitgeschichte anzusehen ist und - sofern
die Personalakte bereits vom Bundesarchiv übernommen wäre - der archivrechtliche Informationszugang deshalb unter Verkürzung der Sperrfrist „auf
Null“ möglich gewesen wäre.
Ziel der Klage des Journalisten war es, vollständige
Einsicht in den besonderen Teil des Gutachtens zu
erhalten. Mit Urteil vom 26. September 2013 hat das
Verwaltungsgericht Köln entschieden, das Ministerium müsse zunächst die ehemaligen Mitarbeiter bzw.
die nächsten Angehörigen der inzwischen verstorbenen ca. 52 Pensionäre beteiligen, um die Frage einer
evtl. Einwilligung in den Informationszugang zu
klären (VG Köln 13 K 1541/11).
K a sten a z u N r . 3.1.2.2
§ 5 Absatz 1 und Absatz 2 IFG
(1) Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur
gewährt werden, soweit das Informationsinteresse
des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des
Dritten am Ausschluss des Informationszugangs
überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Besondere
Arten personenbezogener Daten im Sinne des § 3
Absatz 9 des Bundesdatenschutzgesetzes dürfen nur
übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich
eingewilligt hat.
(2) Das Informationsinteresse des Antragstellers
überwiegt nicht bei Informationen aus Unterlagen,
soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder
einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen
und bei Informationen, die einem Berufs- oder
Amtsgeheimnis unterliegen.
Die Möglichkeit, zwischen dem Informationszugangsinteresse und dem Schutz des Persönlichkeitsrechtes abzuwägen, sieht das VG für alle
62 Pensionäre durch § 5 Absatz 2 IFG ausgeschlossen. Diese gesetzliche Regelung verbiete die in § 5
Absatz 1 Satz 1 IFG vorgesehene Abwägung des

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