Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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verfolgt. Das Ergebnis ihrer Überlegungen haben sie
bei ihrer 26. Konferenz am 27. Juni 2013 in Erfurt in
der Entschließung „Für einen effektiven presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber allen Behörden
- auch des Bundes“ formuliert (vgl. Anlage 10).
Starke und zugleich plurale Medien sind unverzichtbar für eine lebendige Demokratie. Unverzichtbare
Voraussetzung starker Medien ist die - gerade auch
rechtlich eindeutig abzusichernde - Möglichkeit der
Recherche, die ohne eine presserechtliche Auskunftspflicht auch der Bundesbehörden in Frage
gestellt wird.
Gemeinsam mit meinen Kollegen aus den Ländern
werde ich deshalb die weitere Entwicklung mit großem Interesse verfolgen. Abzuwarten bleibt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über eine
Verfassungsbeschwerde in diesem Kontext.
3.1.2

Vergangenheitsbewältigung und
Informationszugang?

3.1.2.1 Mehr Transparenz durch die wissenschaftliche Aufarbeitung der
NS-Vergangenheit von Ministerien
und Behörden
Im Berichtszeitraum gab es weitere Fortschritte bei
der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Der Deutsche Bundestag hat sich für eine „Forschungsklausel“ ausgesprochen, die den wissenschaftlichen
Zugriff auf Personalakten erleichtern soll. Die Umsetzung steht noch aus.
Seit mehreren Jahren beschäftigen sich Bundesministerien und einzelne große Bundesbehörden mit der
Aufarbeitung ihrer nationalsozialistischen Vorgeschichte. Dies ist ein wichtiges zeitgeschichtliches
und gesellschaftspolitisches Anliegen. Hierauf habe
ich bereits in meinem 3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hingewiesen (Nr. 3.3.2) und die Einführung einer Forschungsklausel im Bundesbeamtengesetz angeregt, um den Informationszugang zu
Personalakten früherer Mitarbeiter zu Forschungszwecken zu ermöglichen (3. TB Nr. 3.2.2.1).
Die große Bedeutung der Aufarbeitung der
NS-Vergangenheit von Ministerien und Behörden
und möglicher personeller und sachlicher Kontinuitäten hat der Deutsche Bundestag anerkannt und sich
dabei auch für eine forschungserleichternde (aus
meiner Sicht: forschungsermöglichende) Stärkung
des Rechtes auf Akteneinsicht ausgesprochen (vgl.
den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der
FDP vom 16. Oktober 2012, Bundestagsdrucksache
17/11001, S. 3, die befürwortende Beschlussempfehlung des Innenausschusses vom 29. Oktober 2012,
Bundestagsdrucksache 17/11260, S. 4 sowie das
Protokoll der 204. Sitzung des Deutschen Bundesta-

Drucksache 18/1200

ges vom 8. November 2012, S. 24700 ff. (Plenarbeschluss S. 24722)).
Auch im Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode (S. 130) ist vorgesehen, „die Aufarbeitung
der NS-Vergangenheit von Ministerien und Bundesbehörden“ voranzutreiben. „In einer Bestandsaufnahme soll der aktuelle Forschungsstand und bestehende Forschungsbedarf auf Bundesebene zur Aufarbeitung der frühen Nachkriegsgeschichte von Ministerien und Behörden in der Bundesrepublik
Deutschland und der DDR ermittelt werden.“
Für ressortübergreifende Fragen und Koordinierung
ist die Beauftragte für Kultur und Medien zuständig.
Unter anderem von folgenden Untersuchungen und
Forschungsvorhaben habe ich beispielsweise im
Rahmen meiner Tätigkeit Kenntnis erhalten:
Im Bundesministerium des Innern wurde bei Redaktionsschluss dieses Tätigkeitsberichtes „vor dem
Hintergrund der notwendigen Haushaltsmittel [...]
geprüft, ob und wie ein eigenes Vorhaben zur Aufarbeitung der frühen Nachkriegsgeschichte des BMI
einschließlich des ehemaligen Bundesvertriebenenministeriums und des Ministeriums des Innern der
DDR [...] bzgl. der personellen und sachlichen Kontinuitäten [...] aufgelegt werden kann.“
Das BKA hatte als „Vorreiter“ der großen Sicherheitsbehörden des Bundes bereits 2007 begonnen,
die Geschichte des Amtes und insbesondere die
Gründungsphase in einer Kolloquienreihe kritisch zu
reflektieren. Hieran schloss sich ein Forschungsprojekt des BKA zur „BKA-Historie“ (- Das BKA und
seine Gründungsgeneration in der frühen Bundesrepublik -) an, das bereits 2010 durch einen Zeithistoriker der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
abgeschlossen werden konnte. Das Ergebnis wurde
2011 in einem Sonderband der Buchreihe „Polizei
+ Forschung“ veröffentlicht und steht als Download
auf der Internetseite des BKA zur Verfügung
(www.bka.de).
Das „Forschungsvorhaben zur Organisationsgeschichte des Bundesamtes für Verfassungsschutz
1950 bis 1975, unter besonderer Berücksichtigung
der NS-Bezüge früherer Mitarbeiter in der Gründungsphase“ soll 2014 abgeschlossen werden. Teilergebnisse wurden in einer Pressekonferenz im
Herbst 2013 vorgestellt und können auf der Homepage des BfV (www.verfassungsschutz.de) aufgerufen werden.
Auch der Bundesnachrichtendienst hat ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, mit dem die
Geschichte des BND, seiner Vorläuferorganisationen
sowie seines Personal- und Wirkungsprofils von
1945 bis 1968 und der Umgang mit dieser Vergangenheit durch die „Unabhängige Historikerkommis4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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