Drucksache 18/1200
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Im Übrigen geht die neue Ausnahmeregelung für den
Informationszugang beim BRH und bei geprüften
Stellen in § 96 Absatz 4 BHO jedoch über die mit
dem BRH, den Ressorts und den Ausschüssen erörterten Überlegungen hinaus und schränkt den Informationszugang unnötig weitgehend ein. Auch die
„Auslagerung“ dieser Ausnahmeregelung entspricht
nicht der Regelungssystematik des IFG, das Ausnahmetatbestände für alle dem Informationszugang
grundsätzlich offen stehende Bereiche der Bundesverwaltung zusammenfassend in den §§ 3 bis 6 regelt. Die neue Regelung in § 96 Absatz 4 BHO eröffnet ferner ein Ablehnungsermessen, während die
meisten der weiterhin im IFG geregelten Ausnahmetatbestände eine Ausnahme nur dann erlauben, wenn
die - seit 2006 durch die Rechtsprechung weiter konkretisierten - tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Grenzen des Ermessens werden in
§ 96 Absatz 4 BHO zudem nicht so recht deutlich.
Ferner habe ich Bedenken gegen dieses „legislative
Outsourcing“ auch insofern, als auch nach Abschluss
des Prüfungsverfahrens und der unstreitig schutzbedürftigen Erörterung des Prüfergebnisses mit dem
Rechnungsprüfungs- und Haushaltsauschuss des
Deutschen Bundestages der Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten beim
BRH und den geprüften Stellen nicht gewährt wird.
2.1.2.2 Neuerungen im Recht der Verbraucherinformation
Die Novellierung des Verbraucherinformationsgesetzes hat den Zugang zu Verbraucherinformationen
wesentlich erleichtert. Meine Ombudsfunktion bleibt
aber weiterhin auf den Bereich des allgemeinen IFG
beschränkt. Die neue Pflicht, Hygieneverstöße zu
veröffentlichen (§ 40 Absatz 1a LFGB), bedarf der
Überarbeitung.
In meinem 3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hatte ich ausführlich über das damals kurz vor
dem Abschluss stehende Gesetzgebungsverfahren
zur Änderung des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) berichtet (Nr. 2.8). Die entsprechenden
Neuerungen sind am 1. September 2012 in Kraft
getreten (Gesetz vom 15. März 2012, BGBl. I
S. 476).
Damit hat das VIG sowohl in materieller als auch in
verfahrensrechtlicher Hinsicht deutliche Verbesserungen erfahren: Der Anwendungsbereich des Gesetzes wurde auf Verbraucherprodukte i. S. d. Produktsicherheitsgesetzes ausgeweitet, das Antragsverfahren bürgerfreundlicher ausgestaltet und das Anhörungsverfahren bei der Beteiligung betroffener Wirtschaftsunternehmen gestrafft. Bei amtlichen Kontrollergebnissen der Lebensmittelüberwachung ist
eine Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheim4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
nisse nunmehr ausdrücklich ausgeschlossen, im Übrigen steht die Geheimhaltung wegen betroffener
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse jetzt generell
unter einem Abwägungsvorbehalt.
Leider wurde die Reform nicht dazu genutzt, den
Katalog der Ablehnungsgründe generell zu überarbeiten und auf die wesentlichen, unbedingt erforderlichen Ausnahmen zu reduzieren. Stattdessen ist ein
bedenklich weit gefasster Ausnahmetatbestand neu
eingeführt worden: Ein Antrag auf Informationszugang kann jetzt auch abgelehnt werden, soweit durch
seine Bearbeitung die ordnungsgemäße Erfüllung der
Aufgaben der Behörde beeinträchtigt würde.
Auch ein weiteres Manko bleibt: Der Gesetzgeber
hat bewusst darauf verzichtet, die Zuständigkeit der
Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit auch
auf den Bereich des VIG zu erstrecken. Damit besteht die unbefriedigende Situation fort, dass mich
informationssuchende Bürgerinnen und Bürger nur
dann anrufen können, wenn ihr Informationsbegehren nach dem allgemeinen Informationsfreiheitsgesetz zu beurteilen ist (vgl. § 12 IFG), nicht aber,
wenn ihnen der Zugang speziell zu Verbraucherinformationen verwehrt wird. Ich werde mich auch
weiterhin für eine einheitliche Regelung des Anrufungsrechts für alle Bereiche des Informationszugangs (IFG, VIG, UIG) im Interesse der Bürgerinnen
und Bürger einsetzen.
Probleme bereitet auch die neu eingeführte Regelung
des § 40 Absatz 1a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB; vgl. Kasten zu Nr. 2.1.2.2). Der
Gesetzgeber wollte hiermit - als Reaktion auf die
Lebensmittelskandale der vergangenen Jahre - die
zuständigen Behörden zur proaktiven Veröffentlichung von Hygieneverstößen rechtlich verpflichten,
was im Grundsatz sehr zu begrüßen ist. Allerdings
hat die undifferenzierte Fassung der Vorschrift in der
Praxis eher das Gegenteil bewirkt. In mehreren Bundesländern sind entsprechende Veröffentlichungen
auf eigens dafür geschaffenen Internetplattformen
durch eine Reihe von verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen wieder gestoppt worden (vgl. z. B.
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 9 S 2423/12 -; OVG Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 24. April 2013 - 13 B 192/13 -). Nach
Auffassung dieser Gerichte greift die Vorschrift des
§ 40 Absatz 1a LFGB u. a. deshalb unverhältnismäßig in die Rechte der betroffenen Unternehmen ein,
weil sie schon bei relativ geringen Verstößen eine
Veröffentlichung zulasse, keine Grenzen für deren
Dauer vorsehe und nicht verpflichte, auf beseitigte
Mängel hinzuweisen.
Die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten
in Deutschland hat deshalb am 27. Juni 2013 eine
Entschließung gefasst, mit der die Bundesregierung