geliefert, über die die anderen Verfassungsschutzämter
nur gestaunt hätten. Weder der erste noch der zweite
Bundestagsuntersuchungsausschuss konnte diese
Behauptungen nachprüfen – ebenso wenig wie eine
abschließende Antwort auf die Frage geben, wie nah
»VM 2100« dem Trio wirklich stand. Seine P-Akte ist im
Thüringer Landesamt entweder verschwunden oder
vernichtet, wie die Thüringische Landesregierung 2012
mitteilte.
Marcel D., aber auch seine V-Mann-Führer profitierten
davon, dass seine V-Mann-Akten im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz auf ungeklärte Art und
Weise verschwanden und bis heute nicht wieder aufgetaucht sind. Das Ausmaß der Vertuschung ist damit
vergleichbar mit der »Operation Konfetti«, mit der beim
Bundesamt für Verfassungsschutz unmittelbar nach der
Selbstenttarnung des NSU im November 2011 die Akten
von sieben weiteren neonazistischen V-Leuten aus
Thüringen im Schredder vernichtet wurden.
1.3. Die im Rahmen der Operation Rennsteig vom
BfV angeworbenen V-Leute / die so genannten
T-Fälle
Im Rahmen der Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses der 17. Wahlperiode wurden die Aktenvernichtungen nach dem 4. November 2011 im Bundesamt
für Verfassungsschutz schon intensiv bearbeitet. In
seinem Abschlussbericht hatte der Ausschuss der 17.
Wahlperiode u.a. festgestellt: »Auch das BfV hat zu den
im Rahmen der Operation ‚Rennsteig‘ geworbenen und
geführten V-Leuten mitgeteilt, es habe im Rahmen der
Operation ‚Rennsteig‘ acht V-Leute geworben und sechs
VM mit Zielrichtung THS durch die ‚Beschaffung‘ der
Abteilung 2 des BfV geführt. Es habe sich hierbei gehandelt um
– »Treppe« (1999),
– »Tobago« (1999-2001),
– »Tonfall« (2000-2001),
– »Tonfarbe« (2000-2002),
– »Tusche« (2000),
– »Tinte« (2003 angeworben und im Jahr 2004 –
nach Beendigung der Operation ‚Rennsteig‘ an das LfV
Thüringen übergeben).
Die beiden weiteren geworbenen V-Leute, die VM Terrier
und Trapid, seien in den Jahren 2000 und 2003 dem LfV
Thüringen übergeben worden.113
Am 11. November 2011 und »einige Tage danach« wurden
durch den damaligen Referatsleiter Forschung und Werbung Rechtsextremismus, Lothar Lingen, fünf Akten aus
der Operation »Rennsteig« mit den Fallbezeichnungen

– »Treppe«,
– »Tobago/Investor«,
– »Tonfarbe«,
– »Tusche«,
– »Tinte«
vernichtet. Darüber hinaus wurden zwei Beschaffungsakten vernichtet, die nicht der Operation »Rennsteig«
zugerechnet wurden:
– VM – »Tacho« und
– VM – »Tarif«.
Bei der Akte »Tobago« handelte es sich um eine Werbungsakte. Die Akten »Tusche«, »Treppe«, Tonfarbe,
»Tacho«, »Tarif« und »Tinte« waren VM-Akten.«114
Seit dem Abschluss des Untersuchungsausschusses
der 17. Wahlperiode sind unterschiedliche Medien der
Frage nachgegangen, ob die im Rahmen der Operation
Rennsteig als V-Personen angeworbenen und geführten
Neonazis eine Nähe zum mutmaßlichen NSU-Kerntrio
und dessen engen Unterstützern hatten.
VM »Tinte«: Über »Tinte” heißt es u.a. im Buch »Heimatschutz« von Aust/Laabs: »Einer der V-Männer des
BfV in Thüringen wurde im Rahmen der Operation Rennsteig geworben. Der Heimatschützer, damals 26 Jahre
alt, Deckname »Tinte”«, wird 2004 an das LfV Thüringen
abgegeben (...) Er und andere V-Männer berichten viel
über die organisierte Kriminalität, das zeigen die wenigen
erhalten gebliebenen Akten. »Tinte” selber kaufte noch
zu Zeiten, als er BfV-Spitzel war, Drogen, auch Crystal
Meth. Er arbeitete in dieser Zeit in der Türsteherszene.
Er bekam Ärger mit der Polizei, weil er mit Maschinenpistolen gehandelt hatte. «Tinte”s Akten werden im November 2011 auf Anweisung Lothar Lingens gezielt geschreddert. »Tinte« – Enrico Ro. – war im Bereich Sonneberg
eingesetzt, das ist am Fuße des Thüringer Waldes.«115
Der ehemalige V-Mann »Tinte« und vorbestrafte Neonazi
soll nach Recherchen des MDR Thüringen u. a. wegen
Besitzes von illegalen Kriegswaffen vom Landgericht
Meiningen zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren
verurteilt worden sein.116
VM »Treppe«: Über »Treppe« berichteten Aust/Laabs
in »Heimatschutz«, dass dessen Bruder vom LKA Thüringen befragt wurde, als die Beamten auf der Suche nach
Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe waren. Sein Bruder
und er waren beide beim THS aktiv gewesen und u.a.
mit Zschäpe, Mundlos und Tino Brandt Teilnehmer
eines Rudolf-Heß-Gedenkmarsches in Worms im August
1996. 1999 sei Kay M. als V-Mann des Bundesamtes für
Verfassungsschutz im Rahmen der Operation Rennsteig
ebenda
vgl. Aust/Laabs, Heimatschutz, S. 601
116
vgl. Axel Hemmerling und Rudolf Kendzia »V-Mann in Waffengeschäfte
verwickelt«, MDR Thüringen vom 5. Januar 2014
114
115

113

vgl. BT-Drs. 17/14600, S. 757

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