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Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542)
in die Prozessordnungen und gerichtlichen Verfahrensgesetze aufgenommene Ermächtigung der Bundesregierung
und der Landesregierungen, für ihren jeweiligen Bereich
den Zeitpunkt zu bestimmen, von dem an elektronische Dokumente bei den Gerichten eingereicht werden können, und
welches die für die Bearbeitung dieser Dokumente geeignete Form ist (§ 130a Zivilprozessordnung, § 46b Arbeitsgerichtsgesetz, § 108a Sozialgerichtsgesetz, § 86a Verwaltungsgerichtsordnung, § 77a Finanzgerichtsordnung, § 21
Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit, §§ 73 Abs. 2
und 81 Abs. 3 Grundbuchordnung). Als erstes Land hat
Hamburg mit der Verordnung über den elektronischen
Rechtsverkehr in gerichtlichen Verfahren vom 9. April 2002
(HmbGVBl. S. 41) von der in § 77a Finanzgerichtsordnung
enthaltenen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht und ab dem 1. Mai 2002 die Einreichung
von elektronischen Dokumenten – also Schriftsätzen und
Klagen – beim Finanzgericht Hamburg gesetzlich zugelassen.
Auch an den Bundesgerichten ist ein Anfang dieser Entwicklung zu verzeichnen. So habe ich mich beim Bundesgerichtshof über die dort aufgrund der Verordnung über den
elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof vom
26. November 2001 (BGBl. I S. 3225) geschaffene Möglichkeit informiert, Verfahren bei einem Bundesgericht auf
elektronischem Wege zu führen. Dort erstreckt sich die
Möglichkeit, Revisionsverfahren elektronisch zu führen, zunächst nur auf wenige der beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte. Ich rechne damit, dass sich diese
Form der Prozessführung relativ schnell durchsetzen wird.
Desto wichtiger ist es aus datenschutzrechtlicher Sicht im
Hinblick auf die Übermittlung sehr sensibler personenbezogener Daten auf elektronischem Wege zwischen den Prozessbeteiligten – wie z. B. in Ehescheidungsverfahren,
deren elektronische Abwicklung derzeit bei einem niedersächsischen Amtsgericht getestet wird –, möglichst frühzeitig bei der Einführung dieser neuen prozessualen Möglichkeiten beteiligt zu werden. Umso mehr begrüße ich, dass bei
der Entwicklung der technischen Systeme sehr viel Wert auf
Sicherheit gelegt wurde.
Ein wesentlicher Aspekt des elektronischen Rechtsverkehrs
ist die Möglichkeit, elektronisch auf die Datenbanken der
Registergerichte zugreifen zu können, was alle bei Gerichten geführten Register umfasst. Es geht dabei nicht nur um
die Möglichkeit, aus diesen Registern im automatisierten
Verfahren Informationen abrufen zu können, sondern auch
darum, bestimmte Register über das Internet allgemein zur
Verfügung zu stellen. Wegen der unterschiedlichen Zielrichtung und der unterschiedlichen Berechtigung, Informationen aus den bei den Gerichten vorhandenen Registern abzurufen, ist es nicht möglich, einheitlich für alle Register
geltende Bestimmungen zu finden. Im Berichtszeitraum
sind bereits gesetzliche Regelungen getroffen worden, um
entsprechende automatisierte Abrufe aus dem Handelsregister (§§ 9 und 9a Handelsgesetzbuch), dem Vereinsregister
(§ 79 BGB) und dem Schuldnerverzeichnis (§ 9 Insolvenzordnung, s. hierzu Nr. 10.7) zu ermöglichen. Gesetzesänderungen für die anderen bei den Gerichten geführten Register
werden folgen.
Ich werde die Entwicklung verfolgen und darüber weiter berichten.

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

8.10.2

Zugang der Bürger zum Rechtsverkehr
mit den Behörden

Nachdem mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den
modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001
(BGBl. I S. 1542) die Möglichkeit geschaffen worden ist,
im Zivilrecht verbindliche Rechtserklärungen – z. B. zum
Abschluss eines Vertrages – in elektronischer Form abzugeben, bestand diese Möglichkeit im öffentlichen Recht zunächst nicht. Das „Dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften“ vom 21. August 2002
(BGBl. I S. 3322) eröffnet nunmehr die elektronische Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung. Es ist – mit
Ausnahme von steuerrechtlichen Vorschriften, die bereits ab
dem 1. September 2002 galten – am 1. Februar 2003 in
Kraft getreten.
Zentrale Regelung ist dabei der neue § 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), der die Übermittlung elektronischer Dokumente zwischen Bürger und Verwaltung
erlaubt, „soweit der Empfänger hierfür einen Zugang geschaffen hat“. Die Bundesregierung hat in der Begründung
zu dieser Vorschrift (Bundestagsdrucksache 14/9000 S. 30
f.) deutlich hervorgehoben, dass nur dann, wenn eine Behörde, ein Unternehmen oder ein Rechtsanwalt – d. h. Institutionen, die berufsmäßig am Rechtsverkehr teilnehmen –
eine E-Mail-Adresse angeben, damit konkludent die Bereitschaft erklärt wird, auf diesem Wege Dokumente und Erklärungen anzunehmen. Diese Institutionen haben in diesem
Fall den Empfang elektronischer Post durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, z. B. dadurch, dass ihre
E-Mail-Postfächer regelmäßig abgefragt werden. Will eine
Institution trotz Angabe ihrer E-Mail-Adresse Erklärungen
nicht elektronisch annehmen, muss sie dies auf ihrer Internetseite oder in ihrem Schreiben an die Behörde ausdrücklich erklären. Etwas anderes gilt für den Bürger. Bei ihm
kann noch nicht davon ausgegangen werden, dass er mit der
Angabe seiner E-Mail-Adresse in einem Schreiben an eine
Behörde sein Einverständnis erklärt, von dieser auf elektronischem Wege eine rechtlich verbindliche Erklärung, z. B.
einen Verwaltungsakt, zu erhalten. Der Bürger muss daher
der Behörde gegenüber ausdrücklich erklären, dass er mit
diesem Verfahren einverstanden ist. Ich hätte es begrüßt,
wenn der Gesetzgeber nicht nur in der Begründung, sondern
im Gesetzestext selbst ausdrücklich die Einwilligung des
Bürgers in die elektronische Übermittlung von Dokumenten
vorgesehen hätte.
Ebenfalls hätte ich es begrüßt, wenn in § 37 Abs. 4 VwVfG
eine Regelung aufgenommen worden wäre, wonach ein Verwaltungsakt, dessen Erlass und Gültigkeit dauerhaft nachweisbar sein muss, nur dann in elektronischer Form erlassen
werden darf, wenn sichergestellt ist, dass der Inhalt des
elektronischen Dokuments dauerhaft lesbar und die nach
§ 3a Abs. 2 VwVfG erforderliche digitale Signatur dauerhaft überprüfbar ist. Dies gilt für Verwaltungsakte wie z. B.
einer Gewerbeuntersagung. Dabei sehe ich es als besonders
problematisch an, dass bei digitalen Signaturen nach dem
derzeitigen Stand der Technik der Sicherheitswert durch
Zeitablauf geringer wird (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Signaturgesetz).
Die digitale Signatur müsste daher von Zeit zu Zeit erneuert,
d. h. durch eine andere ersetzt werden. Wie und ob das in
der Praxis funktioniert, muss sich erst noch zeigen. Insbesondere hätte im Gesetzestext vorgesehen werden sollen,

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