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Befragungen der Beschäftigten die Zeugen- und Beschuldigtenrechte nach der Strafprozessordnung nicht berücksichtigt
werden. Die UVT ihrerseits sind für die gespeicherten Daten
verantwortlich und haben die datenschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten.
Nach den abschließenden Übermittlungsnormen des Sozialgesetzbuches haben sich die UVT zu Recht geweigert, die
Untersuchungsberichte des Technischen Aufsichtsdienstes
an die Staatsanwaltschaften herauszugeben. Die Übermittlungsnorm des § 69 Abs. 1 SGB X knüpft an gerichtliche
Verfahren – einschließlich Strafverfahren – an, die mit der
Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe nach dem Sozialgesetzbuch zusammenhängen. Nur in diesen Fällen kann ein
UVT die personenbezogenen Daten eines Versicherten weitergeben, wenn dies zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe erforderlich ist. Die Datenübermittlungsbefugnis setzt
immer einen in dieser Vorschrift genannten Tatbestand voraus: Die Übermittlung muss für Zwecke erfolgen, für die die
Daten erhoben worden sind, für eine Aufgabe der übermittelnden Stellen nach dem Sozialgesetzbuch oder für die
Aufgabe eines anderen Sozialleistungsträgers. Handelt es
sich dagegen nicht um die Übermittlung zur Erfüllung einer
Aufgabe nach dem Sozialgesetzbuch, ist § 69 SGB X nur
anwendbar, wenn ein gerichtliches Verfahren anhängig ist.
In diesen Fällen werden die Anforderungen an die Übermittlung von Sozialdaten an Ermittlungsbehörden und
Staatsanwaltschaften dadurch verschärft, dass nach der Spezialregelung des § 73 SGB X die Datenübermittlung zur
Durchführung eines Strafverfahrens durch einen Richter angeordnet werden muss. Im Hinblick auf die besondere Sensibilität der durch das Sozialgeheimnis geschützten Daten
erachte ich diese erhöhte Schutzschwelle für sachgerecht.
Um die UVT nicht dem Konflikt zwischen ihrer Verpflichtung zum Schutz der Sozialdaten und dem Herausgabeverlangen durch Staatsanwaltschaften, die zum Teil auch
Durchsuchungs- und Herausgabebeschlüsse bei den Amtsgerichten erwirken konnten, auszusetzen, habe ich das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung um eine gesetzliche Klarstellung gebeten.
26.6
Sozialdaten in der Mülltonne?
In einem Einzelfall wurden mir Sozialdaten einer Versicherten mit sehr sensiblen medizinischen Angaben und Prüfungsunterlagen einer Mitarbeiterin einer Berufsgenossenschaft mit einem anonym verfassten Begleitschreiben
zugesandt. Der namentlich nicht genannte Einsender äußerte
seine Sorge über den angeblich unsachgemäßen Umgang
mit Daten durch die Bezirksverwaltung einer Berufsgenossenschaft. Er gab an, dass er bereits mehrfach beobachtet
habe, dass ein Mitarbeiter dieser Bezirksverwaltung, den er
genau beschreiben konnte und dessen Autokennzeichen er
nannte, ähnliche Schriftstücke in eine Mülltonne geworfen
habe.
Zur Klärung dieser Vorkommnisse habe ich eine datenschutzrechtliche Kontrolle in der betroffenen Bezirksverwaltung durchgeführt. Im Rahmen eines Gespräches ist
nachvollziehbar dargelegt worden, dass sich der Verlust der
Akte und der Prüfungsunterlagen nicht auf die Art und
Weise zugetragen haben konnte, wie sie von dem Einsender
der Unterlagen geschildert wurde. Es waren vielmehr deutliche Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Unterlagen
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
von einem „Insider“ der Berufsgenossenschaft aus dem
Büro eines Mitarbeiters entwendet worden waren. Eine Anzahl von Formulierungen in dem anonymen Schreiben
spricht für eine persönliche Animosität gegen den gut erkennbar skizzierten Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft
und die Absicht, diesem schaden zu wollen.
Von einer Beanstandung wegen Verletzung des Sozialgeheimnisses bzw. unzureichender Sicherung von Personalunterlagen habe ich in diesem Fall abgesehen. Zwar hätte die
Bezirksverwaltung ihrer Verpflichtung, diese Daten nur Befugten zugänglich zu machen oder nur an diese weiterzugeben, in höherem Maße nachkommen müssen, zumal es sich
auch um äußerst sensible Krankheitsdaten handelte. Die
Entwendung der Unterlagen wurde durch die ungesicherte
Aufbewahrung sehr erleichtert. Dennoch konnte die Berufsgenossenschaft mit dem Einsatz von beträchtlicher krimineller Energie nicht rechnen. Gegen eine solche Verhaltensweise – insbesondere, wenn hieran möglicherweise auch eigene Mitarbeiter beteiligt sind – ist ein vollkommener
Schutz kaum zu gewährleisten. Dieser Fall verdeutlicht,
dass die datenschutzrechtliche Forderung nach ausreichenden technischen und organisatorischen Sicherungsmaßnahmen zum Schutz von Daten für die Mitarbeiter, die diese
Maßnahmen durchzuführen haben, nicht nur eine lästige
Verpflichtung ist, sondern auch zu ihrem eigenen Schutz besteht. Deshalb hat die Berufsgenossenschaft sofort nach Bekanntwerden des Verlustes von Unterlagen durch entsprechende Anweisungen sichergestellt, dass in Abwesenheit
eines Mitarbeiters dessen Zimmer stets verschlossen gehalten wird und die Akten auch innerhalb des Zimmers verschlossen aufbewahrt werden. Die Mitarbeiter der betroffenen Bezirksverwaltung der Berufsgenossenschaft haben
durch die Erfahrung mit dem vorliegenden Einzelfall eine
hohe Akzeptanz hinsichtlich der neu eingeführten Maßnahmen zum Schutz von Akten und Unterlagen gezeigt.
27
Rehabilitations- und
Schwerbehindertenrecht
27.1
Bundesarbeitsgemeinschaft
für Rehabilitation: Gemeinsame
Empfehlungen zum Wohl
des Versicherten
Das Rehabilitations- und Schwerbehindertenrecht ist mit
dem zum 19. Juni 2002 in Kraft getretenen SGB IX (BGBl.
I 2001 S. 1046) neu geregelt worden. Dieses Gesetz gibt indes nur einen Rahmen vor, um die Ziele des Gesetzgebers
zu erreichen, nämlich die Zusammenarbeit der beteiligten
Rehabilitationsträger zu sichern und Beratungen für behinderte Menschen, Präventionsansätze oder erforderliche
Leistungen im Einzelfall zu verbessern und aufeinander abzustimmen. Die konkreten Maßnahmen und auch die Datenerhebungs- und Datenverarbeitungsschritte werden in den
gemeinsamen Empfehlungen nach § 13 SGB IX von den beteiligten Rehabilitationsträgern vereinbart. Diese Aufgabe,
die gemeinsamen Empfehlungen zu einer Vielzahl von Regelungssachverhalten, wie beispielsweise zur Früherkennung und Frühförderung behinderter Kinder oder zur
Zusammenarbeit der Hausärzte mit Betriebsärzten, auszuarbeiten und den Trägern vorzuschlagen, wird von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation wahrgenommen,
die bereits seit vielen Jahren die gemeinsame Repräsentanz
der Verbände der beteiligten Rehabilitationsträger und einer