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– In dem vorstehend beschriebenen Zusammenhang wurde
auch folgende Problemstellung erörtert: In vielen Bereichen des Dienstes ergebe sich für den BND die Notwendigkeit zu Datenhaltungen und -sammlungen, die sich
entweder wegen ihres noch vagen Analyseaspekts als
noch nicht speicherfähig in gefestigten Dateistrukturen
erwiesen hätten, oder die ad-hoc zur schnellen Krisenreaktion erforderlich würden. Die aktuell erforderliche und
im Rahmen der Berichtspflicht nach § 12 BNDG geprägte Ad-hoc-Auftragserledigung ließe sich vielfach
mit den regulären Fachdateien nicht realisieren. Es seien
daher so genannnte Arbeitsdateien erforderlich, die aber
die Kriterien für ein geordnetes Genehmigungsverfahren
nach § 6 BNDG noch nicht voll erfüllen würden. Nachdem ich mich anhand der Präsentation von zwei vorgesehenen Ad-hoc-Arbeitsdateien von deren Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit überzeugen konnte, wurde mit
dem BND folgendes Verfahren festgelegt:
– Für die so genannnten Ad-hoc-Arbeitsdateien wird
mir der BND, soweit möglich, in einer Dateimeldung
die in § 14 Abs. 1 BVerfSchG genannten notwendigen Angaben übermitteln. Hierbei ist vor allem der
Zweck der Datei themenartig zu beschreiben.
– Solche Arbeitsdateien unterliegen einer Höchstspeicherdauer von sechs Monaten. Nach Ablauf dieser
Frist hat
– bei Beendigung des Auftrags eine Überführung
der Daten in bestehende, genehmigte Fachdateien
zu erfolgen; ansonsten sind die Daten zu löschen
oder
– bei Verstetigung des Auftrages die Erstellung einer Dateianordnung zu erfolgen.
Nach dieser Verfahrensfestlegung hat mir der BND für
die beiden Dateien, die er mir zuvor zur Begründung der
Notwendigkeit präsentiert hatte, entsprechende Dateimeldungen zugeleitet, die die vorgenannten Kriterien im
Wesentlichen erfüllen und die nach Form und Inhalt eine
gangbare Lösung darstellen. Dies könnte auch auf andere künftig erforderliche Ad-hoc-Arbeitsdateien übertragen werden.
20
Sicherheitsüberprüfung
20.1
Sicherheitsüberprüfungen nun auch bei
Tätigkeiten in lebens- und verteidigungswichtigen Einrichtungen
Im Rahmen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9. Januar 2002 (vgl. Nr. 2) als Folge der Ereignisse des 11. September 2001 wurde auch das Sicherheitsüberprüfungsgesetz
(SÜG) um den so genannten vorbeugenden personellen Sabotageschutz erweitert. Bislang galt das SÜG nur für den personellen Geheimschutz, also den Umgang mit Verschlusssachen, die mit VS-vertraulich oder höher eingestuft sind.
Nunmehr übt nach § 1 Abs. 4 SÜG eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit auch aus, wer an einer sicherheitsempfindlichen
Stelle innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen
Einrichtung oder wer innerhalb einer besonders sicherheitsempfindlichen Stelle des Geschäftsbereichs des BMVg („Militärischer Sicherheitsbereich“) beschäftigt ist oder werden
soll. Ziel dieser Gesetzesänderung ist es, sicherheitsempfindliche Stellen in lebens- und verteidigungswichtigen Einrich-
tungen sowohl im öffentlichen als auch im nicht öffentlichen
Bereich vor so genannten Innentätern zu schützen. Der Zugang zu VS-Unterlagen ist in diesen Fällen nicht mehr Voraussetzung für eine Sicherheitsüberprüfung. Ähnliche Überprüfungen gibt es bereits nach dem Atomgesetz und dem
Luftverkehrsgesetz.
Um einer uferlosen Überprüfungspraxis vorzubeugen, habe
ich im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens gefordert, den
Begriff der sicherheitsempfindlichen Stelle innerhalb einer
lebens- und verteidigungswichtigen Einrichtung im Gesetz
klar zu definieren. Dieser Forderung ist der Gesetzgeber
nachgekommen und hat mit den Definitionen in § 1 Abs. 5
SÜG eine ausreichende Klarstellung vorgenommen. Ferner
habe ich gefordert, die lebens- und verteidigungswichtigen
Einrichtungen in einer Verordnung enumerativ aufzuzählen.
Das BMI hat inzwischen aufgrund der ebenfalls erweiterten
Ermächtigung in § 34 SÜG den Referentenentwurf einer
„Verordnung zur Feststellung der Behörden des Bundes mit
Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit
wie die der Nachrichtendienste des Bundes und zur Feststellung der öffentlichen Stellen des Bundes und der nicht öffentlichen Stellen mit lebens- oder verteidigungswichtigen
Einrichtungen (Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung)“ vorgelegt. In diesem Verordnungsentwurf werden
die lebens- und verteidigungswichtigen Einrichtungen abschließend festgelegt. Zu einer von mir zunächst befürchteten uferlosen Überprüfungspraxis wird es nach dem vorgelegten Verordnungsentwurf nicht kommen. Der Eingriff in
das Persönlichkeitsrecht wird durch die überschaubare Anzahl der in dem Verordnungsentwurf festgeschriebenen Einrichtungen und die im Gesetz festgelegte Beschränkung auf
eine einfache Sicherheitsüberprüfung, bei der z. B. die Einbeziehung des Ehegatten oder Lebenspartners nicht vorgesehen ist, in einem vertretbaren Rahmen gehalten. Zudem
sind solche Überprüfungen stets nur mit der Zustimmung
des Betroffenen möglich.
Bei Redaktionsschluss war die Verordnung noch im Stadium des Referentenentwurfs.
20.2
Luftverkehrsgesetz und LuftverkehrsZuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung
der neuen Gefährdungssituation
angepasst
Mit dem ersten Sicherheitspaket (s. Nr. 2.2.1) wurde – als
umgehende Reaktion auf die Ereignisse vom 11. September
2001 – nach jahrelanger Vorbereitung (vgl. 16. TB Nr. 17.2)
die Luftverkehrs-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung
(LuftVZÜV) vom 8. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2625) erlassen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um den Entwurf,
der bereits im Mai 2000 dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vorlag.
Erst in einem zweiten Schritt wurde mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 (s. Nr. 2.2.3) die auch
von mir kritisierte Ermächtigungsnorm des § 29d Luftverkehrsgesetz (LuftVG) in eine normenklare Rechtsgrundlage
umgewandelt. Diese Vorschrift und dazu die §§ 19b, 20a und
32 Abs. 2b LuftVG enthalten nunmehr – der Wesentlichkeitstheorie des Volkszählungsurteils entsprechend – die Regelungen, die durch den Gesetzgeber selbst zu erfolgen haben. Dies sind alle Tatbestände, die wesentliche Rechte des
Betroffenen bei der Verarbeitung seiner Daten berühren. An
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002