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Der vom BND seit Jahren immer wieder gegebene Hinweis auf seine personellen Engpässe kann an seiner Verpflichtung, gesetzlich vorgeschriebene Überprüfungsund Bereinigungsarbeiten zeitnah bzw. in einem vertretbaren und angemessenen Zeitrahmen durchzuführen,
nichts ändern. Ich habe daher den BND gebeten, die rückständigen Bereinigungsarbeiten in dem kontrollierten Bereich bis zu dem vorgenannten Zeitpunkt abzuschließen.
– Im Zusammenhang mit der Kontrolle einer Fachdatei hat
der BND seine Absicht mitgeteilt, einer Behörde außerhalb des BND personenbezogene Daten im Wege der
Online-Übermittlung zur Verfügung zu stellen. Gegen
diese Absicht habe ich datenschutzrechtliche Bedenken
geäußert. Zwar ist nach § 10 BDSG die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Übermittlung
personenbezogener Daten durch Abruf ermöglicht, zulässig. Jedoch ist die Anwendung dieser Vorschrift durch
§ 11 BNDG ausgeschlossen. Ich halte daher einen Online-Zugriff von Drittstellen auf personenbezogene Daten in BND-Dateien wegen der Nichtanwendbarkeit des
§ 10 BDSG und des Fehlens einer spezialgesetzlichen
Vorschrift im BNDG grundsätzlich für unzulässig. Dies
gilt im Übrigen auch für die Datenbestände der anderen
Nachrichtendienste.
Das Bundeskanzleramt und der BND halten dagegen
eine Online-Übermittlung in bestimmten Fällen für erforderlich und auch zulässig. § 11 BNDG sei nach seiner
Entstehungsgeschichte nicht dahin zu verstehen, dass
dem BND die in § 10 BDSG beschriebene Möglichkeit
der Datenübermittlung verboten wäre. § 11 BNDG stelle
lediglich klar, dass die für den BND geltenden Spezialvorschriften nach dem BNDG den Umgang mit personenbezogenen Daten besonders regeln und die einschlägigen Spezialvorschriften den korrespondierenden
Normen des BDSG vorgehen würden.
Dieser Auffassung konnte ich mich auch in einer gemeinsamen Besprechung mit dem Bundeskanzleramt und dem
BND nicht anschließen. Denn bei der Übermittlung personenbezogener Daten im Wege des automatisierten Abrufs handelt es sich um eine besondere Art der Übermittlung, bei der u. a. die nach § 9 BNDG erforderliche
Einzelfallprüfung entfällt. Mit § 11 BNDG hat der Gesetzgeber jedoch eindeutig geregelt, dem BND – ebenso
wie dem BfV nach dem BVerfSchG und dem MAD nach
dem MADG – diese besondere Übermittlungsart ohne
Einzelfallprüfung nicht einzuräumen.
Das Bundeskanzleramt wies hingegen darauf hin, dass
ein Vergleich mit dem BfV und dem MAD in dieser
Frage irreführend sei, da § 1 Abs. 2 Satz 2 BNDG einen
wesentlichen Unterschied zu diesen Behörden verdeutliche. Nach dieser Vorschrift richte sich die Erhebung,
Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur
dann nach dem BNDG, wenn diese im Geltungsbereich
dieses Gesetzes erhoben werden. In der hier in Rede stehenden Datei seien aber nahezu ausschließlich Daten erfasst, die im Ausland erhoben worden seien. Es sei unverhältnismäßig, einen automatisierten Abruf wegen des
sehr geringen Anteils von im Inland erhobenen Daten
generell auszuschließen.
Diese Betrachtungsweise des Bundeskanzleramtes hätte
Auswirkungen auf zahlreiche Dateien des BND mit der

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

Konsequenz, dass personenbezogene Daten dahin gehend
zu kennzeichnen wären, ob diese im Inland oder im Ausland erhoben wurden. Nur so ließe sich eindeutig feststellen, ob für den Umgang mit diesen Daten das BNDG
oder das BDSG anzuwenden ist. Eine solche Abgrenzung dürfte besonders bei den durch Residenturen erhobenen Daten kaum zu realisieren sein.
Die Diskussion über diese Rechtsfrage ist noch nicht abgeschlossen. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass dieses
Problem erstmals nach zwölf Jahren Anwendung des
BNDG auftritt. Das Bundeskanzleramt hat mir eine ergänzende Stellungnahme angekündigt. Des Weiteren
habe ich das Ressort, dem die Daten durch die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens zur Verfügung
gestellt werden sollen, gebeten, seinen Bedarf und die
Notwendigkeit für diese besondere Übermittlungsart darzulegen.
Beide Stellungnahmen lagen mir bei Redaktionsschluss
noch nicht vor.
– Nach § 4g Abs. 2 BDSG ist dem behördlichen Datenschutzbeauftragten von der verantwortlichen Stelle eine
Übersicht über alle Verfahren automatisierter Verarbeitung personenbezogener Daten zur Verfügung zu stellen.
Nachdem der BND sich zunächst geweigert hatte, mir
zur Ausübung meines umfassenden Kontrollrechts eine
Übersicht aller beim BND geführten Dateien mit personenbezogenen Daten zu übermitteln, hat er mir schließlich Gelegenheit gegeben, in das von der behördlichen
Datenschutzbeauftragten zusammengestellte Gesamtverzeichnis Einsicht zu nehmen. Hierbei habe ich eine bedenklich hohe Anzahl von Dateien festgestellt, die zwar
zum Teil unter den Anwendungsbereich des BNDG fallen, darüber hinaus aber auch so genannnte Verwaltungsdateien außerhalb dieses Anwendungsbereichs, die nicht
dem BNDG unterfallen. Viele dieser Dateien sind im
Laufe der Zeit von Mitarbeitern des BND gewissermaßen als „Handakten“ angelegt worden und entsprechen
in keiner Weise den datenschutzrechtlichen Erfordernissen. Selbst zu den Dateien für den eigentlichen Aufgabenbereich des BND liegen überwiegend keine Dateianordnungen nach § 6 BNDG i. V. m. § 14 BVerfSchG vor.
Die so genannnten Verwaltungsdateien, die von den
Fachabteilungen geführt werden und die u. a. auch personenbezogene Daten zu Mitarbeitern der jeweiligen
Abteilung enthalten, dürften – ohne dass dies von mir
bisher näher geprüft werden konnte – den Vorschriften
der §§ 90 ff. Bundesbeamtengesetz nicht entsprechen.
Ich habe den BND dringend aufgefordert, diesen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen, den dieser selbst als unhaltbar bezeichnet. Ziel sei es, die nicht genehmigten
Dateien in ein geordnetes Genehmigungsverfahren oder
die dort enthaltenen Daten in bestehende genehmigte
Dateien zu überführen bzw. die unzulässigen Dateien
ganz zu löschen. Dies werde jedoch wegen der großen
Anzahl der vorgefundenen Dateien eine geraume Zeit in
Anspruch nehmen.
Ich werde die Umsetzung dieser Bereinigungsarbeiten
sorgfältig beobachten und nach einer angemessenen Zeit
kontrollieren. Von einer förmlichen Beanstandung nach
§ 25 Abs. 1 BDSG habe ich zunächst abgesehen.

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