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die Vernichtung von Unterlagen unberührt. Das BVerfSchG
regelt nur die Löschung personenbezogener Daten in Dateien (§ 12 Abs. 2), nicht ausdrücklich aber die Vernichtung
in Akten. § 13 BVerfSchG gilt nur für die Berichtigung und
Sperrung solcher Daten. Das BArchG ist daher anzuwenden; Personen- und Sachakten des BfV sind dem Bundesarchiv nach den Regelungen des BArchG anzubieten. Ich
habe durchgängig die Auffassung vertreten, dass das
BArchG „hinreichend normenklare Bestimmungen“ mit gesetzlich präzise bestimmten Zwecken für eine zulässige
Aufbewahrung personenbezogener Daten enthalte.
Zurzeit wird im BfV folgendes Verfahren angewandt:
Das BfV hat eine große Zahl von Akten – entsprechend einer
Vereinbarung mit dem Bundesarchiv, die im Januar 2001 erneuert wurde – als „zeitgeschichtlich bedeutsam“ eingestuft.
Dabei handelt es sich insgesamt um Grundsatzakten, zu denen
auch Arbeits- und Aktenpläne gehören, und um Personen- und
Sachakten. Tatsächlich sind diese Unterlagen bisher nicht
nach § 2 BArchG dem Bundesarchiv angeboten worden. Es
handelt sich also noch um ein Verfahren im „Vorfeld“ des
BArchG, da auch das Bundesarchiv selbst die als zeitgeschichtlich bedeutsam gekennzeichneten Unterlagen noch
nicht dahin gehend überprüft hat, ob ihnen nach § 3 BArchG
„bleibender Wert für die Erforschung oder das Verständnis der
deutschen Geschichte, die Sicherung berechtigter Belange der
Bürger oder die Bereitstellung von Informationen für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung zukommt“.
Die Tatsache, dass Akten mit personenbezogenen Daten im
BfV auch nach Löschung der Daten des Betroffenen in Dateien (§ 12 Abs. 2 BVerfSchG) und trotz des Wegfalls der
Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung des BfV weiter
aufbewahrt werden, stellt auch nach Auffassung des BMI
einen fortdauernden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar.
Vor diesem Hintergrund habe ich die Ansicht vertreten, dass
wegen der Geltung des BArchG eine Darstellung in den
Dienstanweisungen der Abteilungen des BfV ausreiche;
dort müsste die Pflicht zum Anbieten der Sach- und Personenakten nach Fortfall der Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung des BfV einheitlich verdeutlicht werden. In der
Vereinbarung mit dem Bundesarchiv und/oder in den Arbeitsplänen des BfV sollte eine Frist für die Prüfung nach
§ 2 BArchG enthalten sein, die wie folgt lauten könnte:
„Wenn eine Akte insgesamt zur Erfüllung der Aufgaben
nicht mehr erforderlich ist, ist binnen eines Jahres zu entscheiden, ob sie an das Bundesarchiv abzugeben ist. Wird
sie nicht abgegeben, ist sie zu vernichten“.
Zwar betrachte ich eine solche „untergesetzliche“ Verfahrensanweisung als ausreichend; ich würde aber aus Gründen
der Normenklarheit einer bereichsspezifischen Vorschrift
zur Anwendung des BArchG im BVerfSchG den Vorzug geben. Neben einer ggf. zu schaffenden Regelung zur Vernichtung der Akten wäre in § 13 BVerfSchG dann – vergleichbar
etwa der Regelung in § 33 BKA-Gesetz – aufzunehmen,
dass anstelle der Vernichtung eine Abgabe an das Bundesarchiv erfolgen muss, wenn den Unterlagen bleibender Wert
i. S. v. § 3 BArchG zukommt. Ich habe vorgeschlagen, die
o. a. Ein-Jahres-Frist in die gesetzliche Regelung aufzunehmen. Das BMI ist allerdings der Auffassung, die Befristung
für die Abgabeentscheidung sollte lediglich in den Arbeitsplänen bzw. in der bilateralen Vereinbarung zwischen dem
BfV und dem Bundesarchiv festgelegt werden.
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
Die Gespräche mit dem BMI und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien waren bei Redaktionsschluss noch nicht beendet. Ich bin allerdings optimistisch,
dass es zu einer gesetzlichen Regelung kommen wird, die
alle Seiten zufrieden stellt. Bis dahin sollte das Verfahren
zwischen BfV und Bundesarchiv bereits entsprechend gestaltet werden.
17.3
Aktenvernichtung beim Bundesamt für
Verfassungsschutz nunmehr durch eine
neue Dienstanweisung klar geregelt
Aus gegebenem Anlass habe ich im Jahr 2001 die Vernichtung von Personenakten (P-Akten) nach Löschung der zugehörigen personenbezogenen Daten in der Personenzentraldatei des nachrichtendienstlichen Informationssystems
(NADIS-PZD) geprüft. Hierbei stellte ich fest, dass das Verfahren der Aktenvernichtung insgesamt einer kritischen
Überprüfung zu unterziehen war, da Teile von P-Akten, die
ebenfalls hätten vernichtet werden müssen, nicht dem zur
Vernichtung anstehenden Gesamtvorgang zugeführt worden
waren. In einem Fall war z. B. der Hinweis auf die in einem
anderen Bereich zuvor angelegte Teilakte bei der Aktenvernichtung von allen Beteiligten offenbar übersehen worden.
Aufgrund der festgestellten organisatorischen Mängel bei
der Zusammenführung von Teilen von P-Akten und der Vernichtung dieser Akten hat – auf meine Veranlassung hin –
das BfV ein verbessertes Verfahren entwickelt. Anfang 2002
wurde eine neue „Dienstanweisung für die Vernichtung von
Gesamtakten“ in Kraft gesetzt, die ich im Echtbetrieb überprüft habe. Durch diese Dienstanweisung scheint nunmehr
sichergestellt zu sein, dass Akten, die nach Löschung der
personenbezogenen Daten in NADIS-PZD zu vernichten
sind, tatsächlich vollständig und fristgerecht vernichtet werden. Die von mir festgestellten Mängel werden aller Wahrscheinlichkeit nach in Zukunft nicht mehr auftreten.
Im BfV werden alle Akten nach und nach verfilmt. Bei der
Vernichtung von Daten auf Rollfilmen stellt sich allerdings
noch ein Problem. Daten auf Rollfilmen über Personen, deren Akten zu vernichten sind, werden im Zuge des Aktenvernichtungsverfahrens anstelle einer physischen Vernichtung nach Herausschneiden der entsprechenden Teile mit
einem schwarzen Balken als „vernichtet“ gekennzeichnet.
Diese Filme werden nach und nach jahrgangsweise vom
BfV überprüft; die Teile, die noch nicht zu vernichten sind,
werden herausgeschnitten und archiviert. Die – durch einen
schwarzen Balken bereits gekennzeichneten – „gelöschten“
Daten werden bei diesem Arbeitsvorgang vernichtet.
Angesichts des nachvollziehbaren hohen Arbeitsaufwandes,
der beim Herausschneiden und Vernichten der Teile im
Zuge der konkret anstehenden Aktenvernichtung entstehen
würde, habe ich gegen dieses Verfahren keine grundlegenden datenschutzrechtlichen Bedenken. Zwar sind die durch
den schwarzen Balken als „vernichtet“ gekennzeichneten
Daten noch lesbar; ein gezieltes Recherchieren nach solchen
Daten erscheint aber nahezu ausgeschlossen.
Ich habe das BMI in Anbetracht des größeren Arbeitsrückstandes des BfV bei der Überprüfung der Rollfilme gebeten,
das BfV anzuhalten, diese Arbeiten beschleunigt fortzusetzen und mich über das Ergebnis zu unterrichten.