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relang erfasst bleiben. Mit dieser Blickrichtung werde ich
die Geldwäschedatei einer datenschutzrechtlichen Kontrolle
unterziehen.
13.8

INPOL-neu: Neuer Anlauf

Das Projekt der Fortentwicklung des polizeilichen Informationssystems von Bund und Ländern – INPOL-neu – hat im
April 2001 eine Zäsur erfahren:
Im Rahmen der zu diesem Zeitpunkt vorgesehenen Einführung wurde festgestellt, dass die für das System bestimmte
Software im Hinblick auf das Antwort-Zeit-Verhalten bei
Erkenntnisabfragen den polizeifachlichen Anforderungen
nicht entsprach. Zwar konnten die Schwächen der Software
in der Folgezeit behoben werden, doch wurden wegen des
komplexen Entwicklungsansatzes der INPOL-neu Konzeption weitere Realisierungsrisiken gesehen. Diese bestanden
unter anderem darin, alle INPOL-Daten nur einmal in einer
Datenbank zu erfassen mit der Folge, dass die Polizeibehörden in Bund und Ländern INPOL-neu hätten gleichzeitig in
Betrieb nehmen müssen, um Zugang zu der Datenbank zu
erhalten. Bund und Länder verständigten sich daher auf eine
Alternativplanung, die zu einer Neuausrichtung der ursprünglichen Projektstrategie führte. Die durch Beschluss
der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren
der Länder festgelegten Eckpunkte des neuen Konzepts sehen nunmehr in mehreren Schritten die Entwicklung von
zwei Datenbanken – einer operativen und einer so genannten
dispositiven – vor. Die operative Datenbank, die vorrangig
realisiert werden soll, ist speziell auf polizeiliche Standardabfragen (Erkenntnisabfragen, Fahndung) zugeschnitten
und soll 80 % der Anwendungen abdecken. Daneben soll
die auf komplexe Recherche- und Analysezwecke zugeschnittene dispositive Datenbank in einem späteren Entwicklungsschritt verwirklicht werden, wobei die im Rahmen des
ursprünglichen Projekts bereits entwickelten Systemkomponenten genutzt werden sollen. Die neue Produktversion von
INPOL-neu soll zudem sicherstellen, dass sich die Länder
entsprechend der von ihnen erzielten Realisierungsfortschritte individuell auf das neue INPOL-System aufschalten
können bei gleichzeitiger Beibehaltung der Funktionalität
von INPOL-aktuell bis zu diesem Zeitpunkt. Bei ihrer Planung gehen BMI und BKA davon aus, dass am 16. August
2003 INPOL-aktuell abgeschaltet werden kann.
Die mit der Realisierung des überarbeiteten Konzepts
INPOL-neu verbundenen Neuerungen zeichnen sich bereits
ab: So soll die Benutzeroberfläche für die Nutzer des Systems mittels Internettechnologie modernisiert werden. Zudem wird angestrebt, Personendaten um Lichtbilder zu erweitern, so genannte Kombi-Abfragen z. B. zu Schengen
und INPOL in einer Auskunft zu ermöglichen sowie Falldatengruppen zu eröffnen, in denen Informationen zu Personen und Sachen mit einem bestimmten Fall verbunden werden können.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
haben die bisher gut zehnjährige konzeptionelle Arbeit am
Projekt INPOL-neu fortlaufend begleitet. Über die dabei
aufgetretenen datenschutzrechtlichen Probleme habe ich regelmäßig berichtet (zuletzt 18. TB Nr. 11.2). Auch wenn die
nunmehr beschlossene Revision des Entwicklungskonzepts
faktisch einen Neustart des Projekts INPOL-neu bedeutet,
behalten die von den Datenschutzbeauftragten in der Ver-

gangenheit zum Projekt INPOL-neu gefassten Beschlüsse
und ergänzend erteilten Hinweise zum großen Teil ihre Aktualität. Dies gilt z. B. für den Umfang der Protokollierung
von Abrufen aus dem polizeilichen Informationssystem
(17. TB Nr. 11.9) oder die Abbildung der kriminellen Historie zu einer Person (18. TB Nr. 11.2.2). Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder werden auch weiterhin die mit der Neuausrichtung des Projekts INPOL-neu
angestrebten Veränderungen im polizeilichen Informationssystem des Bundes und der Länder unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten bewerten. Hierüber werde ich auch
künftig regelmäßig berichten.
13.9

AFIS – Automatisiertes Fingerabdruckidentifizierungssystem

Rund zehn Jahre nach Einführung des automatisierten
Fingerabdruckidentifizierungssystems AFIS, das die kriminalistische Arbeit der deutschen Polizei entscheidend verbessert hat, ist beim Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämtern ein neues Verfahren eingeführt worden, das
die Identifizierung von Straftätern auch mithilfe von Handflächenabdrucken ermöglichen soll. Während bisher nur Fingerabdrucke und Fingerabdruckspuren zur Identifizierung
ausgewertet wurden, sollen zukünftig auch Handflächenabdrucke und Handflächenspuren den Täter überführen helfen.
Dies wird erleichtert mittels des neuen Verfahrens „METAMORPHO“. Die Auswertung der Handflächen, in Ergänzung der bisherigen zehn Fingerkuppen, bringt nach Auffassung der Polizei einen bedeutenden Fortschritt, zumal ein
beträchtlicher Teil der hinterlassenen Spuren von Handflächen stammen soll.
Nicht zuletzt können mit „METAMORPHO“ auch Handflächenspuren verglichen werden, die bereits in der Vergangenheit am Tatort gesichert, aber nicht automatisiert ausgewertet werden konnten. Zu diesem Zweck ist noch im
Jahre 2002 ein Kontingent von ca. 500 000 Handflächenabdrucken, die von den Ländern stammen, bei der amerikanischen Tochter eines französischen Unternehmens digitalisiert worden, um anschließend in AFIS eingestellt zu
werden. Die Einspeisung in AFIS war zum 23. Januar 2003
abgeschlossen. Dies bedeutet, dass lediglich ein Drittel des
insgesamt vorhandenen Materials – wahrscheinlich infolge
haushaltsrechtlicher Zwänge – kodiert wurde, wobei sich
der auf die einzelnen Länder entfallende Anteil nach einem
bestimmten Schlüssel richtet. Die Landeskriminalämter
können nun mit Handflächenspuren in diesem Datenbestand
recherchieren.
Ich habe eher zufällig von diesem neuen Verfahren Kenntnis
erlangt, nachdem ein Pilotversuch mit entsprechendem Spurenmaterial aus Sachsen bereits abgeschlossen war. Der Vertrag zur retrograden Erfassung der Abdrucke aus den übrigen Ländern wurde dann im September 2002 vom
Beschaffungsamt des BMI mit dem französischen Unternehmen abgeschlossen. Genau genommen handelt es sich
um die Aktualisierung und Ergänzung eines bereits aus dem
Jahre 1992 stammenden Vertrages zur Einführung von
AFIS. Auf meine Frage, warum ich bei dieser Aktion, die
heikle datenschutzrechtliche Fragen, insbesondere wegen
der Verbringung und Verarbeitung des sensiblen Materials
in die USA aufwirft, nicht beteiligt worden bin, wurde vom
BMI auf meine damalige umfangreiche Beteiligung bei der
Ausarbeitung des ursprünglichen Vertragswerkes in den

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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