Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
– 93 –
Drucksache 19/26103
§ 33 (Weiterverarbeitung von unselektierten personenbezogenen Verkehrsdaten im Rahmen von Kooperationen)
Die Schaffung einer eigenen Befugnisnorm für den Austausch von unselektierten Verkehrsdaten geht auf eine
Forderung des Bundesverfassungsgerichtes zurück. Dieses hatte die Schaffung einer eigenen Regelung als geboten angesehen, soweit im Rahmen von Kooperationen ohne vorangehende Selektion anhand bestimmter Suchbegriffe gesamthaft Verkehrsdaten an ausländische Nachrichtendienste übermittelt werden sollen und vom ausländischen Nachrichtendienst bevorratend gespeichert werden können (vgl. BVerfG, a. a. O., Randnummer 262).
Zu Absatz 1
Eine automatisierte Übermittlung von unselektierten – also nicht auf Grundlage von Suchbegriffen erhobenen –
Verkehrsdaten an den Kooperationspartner ist nur dann zulässig, wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen des
§ 31 ein qualifizierter Aufklärungsbedarf vorliegt. Diese Regelung setzt ebenfalls eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes um, das einen qualifizierten Aufklärungsbedarf im Hinblick auf eine spezifisch konkretisierte
Gefahrenlage für derartige Kooperationen gefordert hatte(vgl. BVerfG, a. a. O., Randnummer 263).
Zu Absatz 2
Ein solcher Aufklärungsbedarf setzt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes voraus, dass über das Bestehen allgemeiner Gefährdungslagen hinaus aufgrund bestimmter Ereignisse Anlass bestehe, durch Aufklärungsmaßnahmen konkreten Bedrohungen entgegenwirken zu können und die Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik
sicherzustellen. Das könne etwa der Fall sein, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Vorbereitung terroristischer Anschläge vorliegen, für Verschiebungen von Kriegswaffen auf einer bestimmten Route oder für koordinierte Cyberangriffe gegenüber bestimmten Staaten oder Einrichtungen (vgl. BVerfG, a. a. O., Randnummer
263).
Diesem Petitum folgend, regelt Absatz 2 die Voraussetzungen, die an einen solchen qualifizierten Aufklärungsbedarf zu stellen sind. So ist die automatisierte Übermittlung von Verkehrsdaten im Rahmen einer Kooperation
nach Satz 1 nur dann zulässig, wenn die Übermittlung der Daten erforderlich ist, um konkreten Bedrohungen
entgegenzuwirken und die Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland oder des Kooperationspartners
sicherzustellen. Von einer solchen Erforderlichkeit ist insbesondere dann auszugehen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung zum Schutz vor konkreten, gravierenden Bedrohungen erforderlich
ist. Hierbei kann auch eine Prognose anhand vergangener Ereignisse maßgeblich sein.
Bedrohungen in diesem Sinne werden in Satz 2 benannt. Neben den bereits vom Bundesverfassungsgericht als
zulässig erachteten Bedrohungsszenarien werden auch die Vorbereitung eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik, verbündete Nationen oder den Kooperationspartner, nachrichtendienstliche gesteuerte, auf Destabilisierung angelegte Desinformationskampagnen mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland oder
mit dem Ziel der Vorbereitung oder Durchführung von staatsterroristischen Aktivitäten und die Vorbereitung von
Angriffen auf elementarste Rechtsgüter der Allgemeinheit als ausreichend erachtet.
Der qualifizierte Aufklärungsbedarf ist schriftlich zu fixieren. Es findet eine ex ante-Kontrolle durch den Unabhängigen Kontrollrat statt.
Zu Absatz 3
Kooperationen nach § 31, sofern sie die Verarbeitung unselektierter Verkehrsdaten zum Gegenstand haben, bedürfen im dem benannten Fall der Anordnung durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes oder eine durch sie oder ihn bestimmte Vertretung.
§ 34 (Eingriff in informationstechnische Systeme von Ausländern im Ausland)
Die Erhebung von Daten aus informationstechnischen Systemen von Ausländern im Ausland ist für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes unverzichtbar und erfolgt – unter Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie strenger formeller Hürden – bereits aktuell. Eine Erweiterung des Tätigkeitsfeldes des
Bundesnachrichtendienstes ist daher mit der Regelung in § 34 nicht verbunden. Da das Bundesverfassungsgericht
in seinem Urteil zur strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung Maßnahmen der Ausland-Fernmeldeaufklärung
gegenüber Ausländern im Ausland als Eingriffe in Artikel 10 GG bewertet hat und in der Folge dezidierte und