Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
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Drucksache 19/26103
aus der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung auch automatisiert an die Bundeswehr übermitteln, wenn sie
auf Grundlage von Suchbegriffen erhoben wurden, die strategischen Aufklärungsmaßnahmen nach § 19 Absatz 4
Nummer 1 Buchstabe a – zur Landes- oder Bündnisverteidigung sowie Einsätzen der Bundeswehr oder verbündeter Streitkräfte im Ausland – und Nummer 2 Buchstabe a – Leib, Leben oder Freiheit – zugeordnet sind. Soweit
die Bundeswehr dem Bundesnachrichtendienst zur Datenerhebung konkrete Suchbegriffe zur Verfügung gestellt
hat, erfolgt auch die Prüfung dieser Suchbegriffe durch den Bundesnachrichtendienst vor deren Verwendung automatisiert.
Datenübermittlungen an die Bundeswehr zu Zwecken der Unterrichtung der Bundesregierung oder einer Landesregierung sind darüber hinaus wie an alle anderen inländischen öffentlichen Stellen unter den Voraussetzungen
der Absätze 2 und 7 möglich.
Zu Absatz 6
Absatz 6 gestattet dem Bundesnachrichtendienst eine Übermittlung personenbezogener Daten, die mit dem
Zweck der Gefahrenfrüherkennung gekennzeichnet sind, an andere inländische Stellen und orientiert sich an der
bisherigen Regelung in § 23 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG). Im Unterschied zu den Absätzen 1 bis 4 der Norm ist hier der Empfängerkreis auf nichtöffentliche Stellen erweitert (zum Beispiel nichtöffentliche Stiftungen, Vereine und Kapitalgesellschaften). Da der
Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Zuständigkeit in der Regel an andere inländische Stellen keine personenbezogenen Daten übermittelt, stellt die Norm einen Ausnahmetatbestand dar. Demensprechend hoch sind
die materiellen und formellen Übermittlungshürden.
In formeller Hinsicht ist nach Satz 2 eine vorherige Zustimmung der fachaufsichtführenden Stelle im Bundeskanzleramt einzuholen. Materiell-rechtlich sind die in Satz 1 benannten Rechtsgüter, zu deren Schutz eine Übermittlung zulässig sein soll entsprechend gewichtig und entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das eine Übermittlung zum Schutz von Rechtsgütern von besonders schweren Gewicht in der Vorgängervorschrift des § 23 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 4 BVerfSchG für zulässig erachtet hat
(BVerfG, a. a. O., Randnummern 174 und 313). Satz 3 gestattet ausnahmsweise eine Datenübermittlung an andere
inländische Stellen über die Vorgaben in Satz 1 und 2 hinaus, wenn diesen die Daten bereits bekannt sind und der
Bundesnachrichtendienst mit der Anfrage eine Vervollständigung oder Konkretisierung seiner Daten erreichen
möchte. Da der anderen inländischen Stelle in diesem Fall durch die Übermittlung keine zusätzlichen personenbezogenen Daten bekannt werden, sind die datenschutzrechtlichen Auswirkungen für den Betroffenen gering. Der
Kritik des Bundesverfassungsgerichts, das bei der Vorgängervorschrift das Fehlen einer Übermittlungsschwelle
beanstandet hat (BVerfG, a. a. O., Randnummer 313), wird Rechnung getragen. Eine Übermittlung ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Erreichung der vorgenannten
Zwecke erforderlich ist.
Zu Absatz 7
Absatz 7 eröffnet als Ausnahmevorschrift zu den Absätzen 1 und 2 die Möglichkeit einer Zweckänderung. Liegt
der strengen Systematik der Absätze 1 und 2 das Dogma zu Grunde, dass personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der politischen Unterrichtung nach § 19 Absatz 1 Nummer 1 erhoben wurden, grundsätzlich nicht für Folgemaßnahmen mit unmittelbarer Außenwirkung für den Betroffenen übermittelt und vom Empfänger genutzt werden dürfen, durchbricht dieser Absatz den Grundsatz: Ausnahmsweise ist eine Übermittlung
dieser personenbezogenen Daten und deren Weiternutzung durch den Empfänger auch für Folgemaßnahmen mit
unmittelbarer Außenwirkung für den Betroffenen möglich, wenn eine unmittelbar bevorstehende Gefahr für die
in dem Absatz aufgezählten essentiellen Schutzgüter von höchster Gewichtigkeit abgewendet werden soll. Die
verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Ausnahmevorschrift ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das eine solche Zweckänderung ausdrücklich als zulässig ansieht (BVerfG, a. a. O., Randnummer
228). Bei Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person ist auch eine Übermittlung an andere inländische
Stellen zulässig.
Zu Absatz 8
Absatz 8 schützt besonders sensible Daten, die Journalisten, Rechtsanwälten oder Geistlichen in ihrer Funktion
als Seelsorger anvertraut wurden und die dem Zeugnisverweigerungsrecht unterfallen würden. Hierdurch soll
sichergestellt werden, dass die Schutzfunktion des § 53 StPO in Bezug auf die benannten Personengruppen nicht