Drucksache 19/26103
– 82 –
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Nummer 1 des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG). Sie entspricht dem sogenannten Doppeltürmodell des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 130, 151). Eine solche Übermittlungsbefugnis ist insbesondere in Konstellationen relevant, in denen der Bundesnachrichtendienst zur Erfüllung seiner Aufgaben durch die Übermittlung der
personenbezogenen Daten weitere Informationen zu der betroffenen Person generieren möchte. Beispielhaft kann
hier eine Übermittlung von personenbezogenen Daten zum Abgleich mit den im Fluggastdaten-Informationssystem gespeicherten Daten nach § 4 Absatz 5 des Fluggastdatengesetzes (FlugDaG) genannt werden. Gleiches gilt
für die Übermittlung von personenbezogenen Daten nach dem Aufenthaltsgesetz zur Unterstützung der Ausländerbehörden bei der Prüfung, ob Versagungsgründe oder sonstige Sicherheitsbedenken nach § 73 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegen. Übermittlungen nach dieser Norm umfassen auch Datenübermittlungen des
Bundesnachrichtendienstes im Rahmen von Konsultationsverfahren nach § 73 Absatz 3, 3a, 3b AufenthG, sowie
die Übermittlung von Behördenerklärungen im Sinne von § 99 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) oder
Behördenerklärungen zum Zwecke der Gefahrenabwehr an Polizeibehörden, Ausländerämter, Auswärtiges Amt
etc. sowie nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG). Erfasst sind ferner Datenübermittlungen im Rahmen
des Verfahrens nach Artikel 36 SIS-II-Beschluss (Beschluss 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die
Einrichtung den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II)).
Nummer 2
Nummer 2 gestattet die Übermittlung bei dem Vorliegen von tatsächlichen Anhaltspunkten zur Abwehr einer
Gefahr für besonders gewichtige Rechtsgüter oder wenn die Übermittlung zur Abwehr einer besonders schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte Einzelner erforderlich ist. Bei den Rechtsgütern muss es sich um solche
handeln, die als gewichtig anzuerkennen sind. Hiermit wird sichergestellt, dass der Eingriff in das Recht des
Betroffenen aus Artikel 10 GG nur durch den Schutz von hinreichend bedeutsamen Rechtsgütern gerechtfertigt
wird. Das Abstellen auf Rechtsgüter und nicht auf Straftatenkataloge entspricht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil für einen Eingriff in Artikel 10 GG aufgestellt hat (BVerfG, a. a. O., Randnummer 221). Anknüpfend an ein nachrichtendienstliches Verständnis des Gefahrenbegriffs müssen tatsächliche
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung erforderlich ist zur Abwehr einer Gefahr für besonders gewichtige Rechtsgüter oder zur Abwehr einer besonders schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte Einzelner.
Dies entspricht dem Umstand, dass sich die Zuständigkeit des Bundesnachrichtendienstes im Verhältnis zu anderen Sicherheitsbehörden auf eine zeitlich vorverlagerte Gefahrenverhinderung bezieht und trägt dem Umstand
Rechnung, dass auch gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen zu einem frühen Zeitpunkt durch die dafür zuständigen Behörden ergriffen werden können.
Zu Absatz 5
Absatz 5 gestattet über Absatz 2 hinaus eine Übermittlung der mit dem Zweck der Gefahrenfrüherkennung gekennzeichneten personenbezogenen Daten an die Bundeswehr zu den dort genannten Zwecken. Er stellt einen
Baustein der privilegierten Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes als einzigem Auslandsnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland, dem somit auch die Funktion eines militärischen Nachrichtendienstes
zukommt, dar. Diese setzt voraus, dass auch personenbezogene Daten aus der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung, die für die Aufgabenwahrnehmung der Bundeswehr erforderlich sind, unmittelbar und ohne Zeitverzug zur Auswertung an die Bundeswehr übermittelt werden können.
Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben bei der Vorbereitung oder Durchführung von Auslandseinsätzen und der
Landes- oder Bündnisverteidigung wird die Bundeswehr zum Schutz hochrangiger Rechtsgüter und in einem eng
begrenzten Aufgabenbereich auf Grundlage verfassungsunmittelbarer Befugnisnormen sowie – je nach Einzelfall
– von Bundestagsmandaten und/oder völkerrechtlichen Rechtsgrundlagen, die auch als nationales Recht gelten,
tätig. Die Aufgabenwahrnehmung der Bundeswehr ist insoweit nicht vergleichbar mit der von Strafverfolgungsoder Gefahrenabwehrbehörden. Dennoch ist bei Datenübermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst an die
Bundeswehr stets ein enger Bezug zu besonders gewichtigen Rechtsgütern (z. B. Leib und Leben von Soldatinnen
und Soldaten im Auslandseinsatz oder Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr bzw. von Streitkräften verbündeter Staaten im Rahmen der Landes- oder Bündnisverteidigung) gegeben.
Die Bundeswehr ist insbesondere im Rahmen der „Force Protection“ bei Auslandseinsätzen und deren Vorbereitung (siehe die Begründung zu § 24 Absatz 7 Nummer 2), aber auch im Rahmen der anderen in den Nummern 1.
bis 4. genannten Fälle auf valide und schnelle Datenübermittlung angewiesen. Diese kann in vielen Fällen nur
durch einen automatisierten Datenaustausch gewährleistet werden. Daher darf der Bundesnachrichtendienst Daten