Drucksache 19/26103

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Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

nenbezogenen Daten für sich genommen einen eigenen Grundrechtseingriff darstellt, ist eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragende, sowie dem Erfordernis der Normenklarheit genügende Ausgestaltung der
Normen erforderlich (BVerfG, a. a. O., Randnummer 212 ff.). Vor diesem Hintergrund wurden mit den Übermittlungsnormen der §§ 29 f. Regelungen geschaffen, die den vorgenannten Erfordernissen bei der Erhebung von
Daten durch Eingriff in das nach Artikel 10 Absatz 1 des GG geschützte Recht in der für Ausländer im Ausland
geltenden Ausprägung Rechnung tragen. Sie stehen in einem Spezialitätsverhältnis zu den allgemeinen Übermittlungsnormen der §§ 10 ff. und treffen daher ausschließlich und insoweit gleichzeitig auch abschließend Regelungen in ihrem Anwendungsbereich.
Mit ihnen werden die besonderen Anforderungen an Übermittlungsnormen, die das Bundesverfassungsgericht in
seinem Urteil vom 19. Mai 2020 für die Übermittlung von personenbezogenen Daten aus der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung gefordert hat (BVerfG, a. a. O., Randnummer 211 ff.), umgesetzt. So knüpfen die jeweiligen Voraussetzungen in den Übermittlungstatbeständen an die Zwecke an, zu denen die personenbezogenen
Daten erhoben und nach § 19 Absatz 1 oder § 26 Absatz 2 gekennzeichnet wurden. Dieser zentrale Aspekt einer
Kopplung des Erhebungszwecks an einen Übermittlungs- und Weiterverarbeitungszweck wird den Forderungen
des Urteils gerecht und bildet gemeinsam mit den austarierten Übermittlungsschwellen und zu schützenden
Rechtsgütern den Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung ab (als zentrale Forderung formuliert in
BVerfG, a. a. O., Randnummer 216).
Den vorgenannten Ausführungen folgend, gelten für die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die mit den
eingriffsintensiven Mitteln der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung erhoben wurden, die Sonderregelungen dieses Abschnitts.
§ 29 (Übermittlung von personenbezogenen Daten aus der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung an
inländische öffentliche und andere inländische Stellen)
Zu Absatz 1
Absatz 1 gestattet dem Bundesnachrichtendienst, personenbezogene Daten aus der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung an die anderen Nachrichtendienste des Bundes oder der Länder zu übermitteln. Absatz 1 trägt
dem Erfordernis des schnellen und effektiven Datenaustausches innerhalb der Nachrichtendienste Rechnung und
berücksichtigt dabei den Umstand, dass die Empfängerbehörden allesamt nicht über exekutive Befugnisse verfügen und ihr Aufgabenfeld von vornherein dadurch gekennzeichnet ist, dass es dem Schutz besonders gewichtiger
Rechtsgüter dient (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, zuletzt: „Bestandsdatenauskunft II“,
Beschluss des Ersten Senats vom 27. Mai 2020 – 1 BvR 1873/13 –, Randnummer 151). Es handelt sich aus diesem
Grund um eine gegenüber den anderen inländischen öffentlichen Stellen privilegierende Vorschrift.
Bei den konkreten Übermittlungsvoraussetzungen der Nummern 1 und 2 ist die Zweckkennzeichnung der Daten
bestimmend für ihre Verwendung: Nummer 1 sieht vor, dass die mit dem Zweck der Gefahrenfrüherkennung
gekennzeichneten personenbezogenen Daten bei Erforderlichkeit zum Schutz besonders gewichtiger Rechtsgüter
übermittelt werden dürfen. Durch diese Hürde soll insbesondere im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
sichergestellt werden, dass nur die jeweils erforderlichen personenbezogenen Daten ausgetauscht werden. Dabei
genügt das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit der Übermittlung.
Die Nummer 2 bestimmt, dass die mit dem Zweck der politischen Unterrichtung oder der Gefahrenfrüherkennung
gekennzeichneten personenbezogenen Daten zum Zweck der Unterrichtung der Bundesregierung oder einer Landesregierung übermittelt werden dürfen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung
zur Erfüllung der Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes oder der Aufgaben der Empfänger erforderlich ist.
In der Praxis wird die beschriebene Zweckbindung dem Empfänger durch den Bundesnachrichtendienst in Form
einer Kennzeichnung nach Absatz 12 mitgeteilt. Dies stellt die korrekte Weiterverarbeitung beim Empfänger sicher.
Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt die Übermittlung von im Rahmen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung erhobenen Daten an andere als die in Absatz 1 genannten Stellen zu Zwecken der Unterrichtung der Bundesregierung oder einer
Landesregierung. Hierbei ist die strikte Zweckbindung zu beachten: personenbezogene Daten, die ausschließlich

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