Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
– 67 –
Drucksache 19/26103
jedoch besonders schutzbedürftig, da eine solche Offenlegung Rückschlüsse auf Fähigkeiten und Aufklärungspotenziale des Bundesnachrichtendienstes ermöglichen würde, die dessen zukünftige Aufklärungsmöglichkeiten negativ beeinträchtigen könnten. Zur Sicherstellung der adäquaten Weiterverarbeitung beim Empfänger fügt der
Bundesnachrichtendienst jeder Übermittlung einen Hinweis bei, der Aufschluss darüber gibt, zu welchen Zwecken der Empfänger die Daten verwenden darf (vgl. § 29 Absatz 12 sowie die entsprechenden Regelungen in § 30
Absatz 8 beziehungsweise die Verweise auf diese Verpflichtungen in 38 Absatz 8 und § 39 Absatz 6). Der Hinweis stellt daher als aliud zur Weiterleitung der internen Kennzeichnung bei der Übermittlung der Daten den
korrekten Umgang des Empfängers mit den übermittelten Daten sicher, wahrt aber gleichermaßen das Interesse
des Bundesnachrichtendienstes an Verhinderung einer Offenlegung seiner technischen Leistungsfähigkeit.
§ 20 (Besondere Formen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung)
Zu Absatz 1
Absatz 1 regelt die konkreten Voraussetzungen für die gezielte Erhebung personenbezogener Daten von Einrichtungen der Europäischen Union, öffentlicher Stellen ihrer Mitgliedsstaaten oder von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern. Eine gezielte Datenerhebung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Verwendung eines bestimmten
Suchbegriffs (zum Beispiel eine E-Mail-Adresse) dazu dienen soll, Telekommunikationsverkehre von Einrichtungen der Europäischen Union, öffentlichen Stellen ihrer Mitgliedsstaaten oder Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern zu erheben. Datenerhebungen nach Absatz 1 dürfen nur in Ausnahmefällen erfolgen, wenn die engen
Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt werden. Die Datenerhebung muss entweder nach Nummer 1 zur Früherkennung von Gefahren im Sinne des § 19 Absatz 4 oder zur Informationsgewinnung nach Nummer 2 erforderlich
sein. Nach Satz 1 Nummer 2 ist eine gezielte Datenerhebung zulässig, wenn dies erforderlich ist, um Informationen zur Erkennung und Begegnung von Gefahren für die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik
Deutschland, zur Wahrung der Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland oder zur Gewinnung von
sonstigen Erkenntnissen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung zu erlangen. Weitere Voraussetzung
ist, dass ausschließlich Daten über Vorgänge in Drittstaaten gesammelt werden sollen, die von besonderer Relevanz für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland sind.
Satz 2 regelt den Fall der nachträglichen Erkennung der gezielten Erhebung von Daten nach Satz 1. Solche Daten
dürfen nur weiterverarbeitet werden, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, müssen die Daten unverzüglich gelöscht werden.
Zu Absatz 2
Gegenüber Personen, die als mögliche Verursacher von Gefahren mit Blick auf gegenüber ihnen zu ergreifende
Folgemaßnahmen im unmittelbaren Interesse des Bundesnachrichtendienstes stehen, hat der Gesetzgeber insoweit
einen eigenen Schutzmechanismus vorzusehen. Gegenüber ihnen hat die Überwachung eine besondere Intensität
und es besteht eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit von belastenden Folgen (BVerfG, a. a. O., Randnummer 188).
Absatz 2 trägt dem besonderen Schutzbedürfnis dieses Personenkreises Rechnung, wobei auf die konkrete Absicht der Übermittlung erhobener Daten zu Zwecken der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung abzustellen ist.
Die gezielte Datenerhebung zu diesen Personen bzw. Personengruppen unterliegt bei Absicht der Datenübermittlung zu Zwecken der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung der Anordnung der Leitung des Bundesnachrichtendienstes sowie grundsätzlich der Prüfung der Rechtmäßigkeit durch den Unabhängigen Kontrollrat vor deren
Vollzug (vgl. § 23 Absatz 5 und 7). Zusätzlich zu diesem besonderen formellen Schutzmechanismus ist materiell
im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die gegenüber solchen Personen gesteigerte Wahrscheinlichkeit belastender Folgen besonders zu berücksichtigen.
Zu Absatz 3
Absatz 3 schließt die Überwachung der gesamten Telekommunikation einer Person aus. Eine solche würde bereits
dem grundlegenden Gedanken der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung widersprechen. Eine umfassende
Überwachung des gesamten Telekommunikationsverkehrs einer Person ist gegeben, wenn sämtliche von einer
Person genutzten Telekommunikationsmerkmale bewusst von der Maßnahme erfasst sind und der Bundesnachrichtendienst bewusst auf alle Telekommunikationsnetze, auf denen die Kommunikation geführt wird, Zugriff
hat. Die Aufklärung alleine eines oder auch mehrerer Telekommunikationsmerkmale einer Person erfüllt diese
Bedingung hingegen nicht von vornherein. Dies gilt auch, soweit die Umsetzung der Aufklärung der Telekom-