Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

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Nutzung muss daher durch qualifizierte Übermittlungsschwellen sichergestellt
werden (BVerfG, a. a. O., Randnummer 165).
Gleichzeitig stellt das Bundesverfassungsgericht klar, dass die Befugnisse zur
strategischen Überwachung, zur Übermittlung der mit ihr gewonnenen Erkenntnisse und zur diesbezüglichen Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten nur
dann mit den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit vereinbar sind, wenn sie
durch eine unabhängige objektivrechtliche Kontrolle flankiert werden. Diese
Kontrolle ist als kontinuierliche Rechtskontrolle auszugestalten, die einen umfassenden Kontrollzugriff ermöglicht. Hierfür fordert das Bundesverfassungsgericht
eine mit abschließenden Entscheidungsbefugnissen verbundene gerichtsähnliche
Kontrolle, der die wesentlichen Verfahrensschritte der strategischen Fernmeldeaufklärung unterliegen, sowie eine administrative Kontrolle, die eigeninitiativ
strukturiert ist und stichprobenmäßig den gesamten Prozess der strategischen
Fernmeldeaufklärung auf seine Rechtmäßigkeit prüfen kann (BVerfG, a. a. O.,
Randnummer 272ff.). Zu gewährleisten ist eine Kontrolle in institutioneller Eigenständigkeit. Hierzu gehören ein eigenes Budget, eine eigene Personalhoheit
sowie Verfahrensautonomie. Die Kontrollorgane sind personell wie sachlich so
auszugestalten, dass sie ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen können (BVerfG,
a. a. O., Randnummer 282 ff.). Sie müssen gegenüber dem Bundesnachrichtendienst alle für eine effektive Kontrolle erforderlichen Befugnisse haben und die
Kontrolle darf nicht durch die „Third Party Rule“ behindert werden (BVerfG,
a. a. O., Randnummer 292 ff.)
Neben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts setzt die Novellierung
auch die Vorgaben zweier Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom
13. Dezember 2017 (BVerwG 6 A 6.16 und 6 A 7.16) um. In diesen Verfahren
hatte das Bundesverwaltungsgericht über zwei Klagen gegen das bis zu diesem
Zeitpunkt durch den Bundesnachrichtendienst genutzte Verkehrsdatenanalysesystem (VERAS) zu entscheiden. In VERAS wurden Verkehrsdaten der Kommunikation von deutschen Staatsangehörigen, inländischen juristischen Personen
oder sich im Bundesgebiet aufhaltenden Personen mit dem Ausland gespeichert.
Vor ihrer Speicherung wurden die Daten jedoch durch den Bundesnachrichtendienst anonymisiert, sodass diese nicht mehr individualisierbar waren. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierin ungeachtet der vor der Speicherung vorgenommenen Anonymisierung einen Eingriff in den Schutzbereich des Artikels 10 Absatz 1 GG gesehen. Solche Eingriffe sind demnach nur zulässig, wenn sie auf eine
spezielle gesetzliche Rechtsgrundlage gestützt werden könnten. Diese fehlte zum
Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch sowohl im
BNDG als auch im Artikel 10-Gesetz und wird nunmehr geschaffen.
Das Ziel dieser grundlegenden Novelle der bestehenden Rechtslage des Bundesnachrichtendienstes ist es somit – in Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundesverwaltungsgerichts –, die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes im Rahmen der technischen Aufklärung und der Weiterverarbeitung der so erhobenen Daten auf eine rechtssichere und bestimmte Rechtsgrundlage zu stellen. Damit soll auch für die Zukunft eine wirksame und zugleich
rechtsstaatlich eingehegte Auslandsaufklärung mit technischen Mitteln ermöglicht werden.
B. Lösung
Die Novellierung des BND-Gesetzes führt zu einer rechtskonformen Ausgestaltung der Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.
Mai 2020 (1 BvR 2835/17), indem sie diese umsetzt und das BND-Gesetz zudem

Drucksache 19/26103

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