Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

– 119 –

Drucksache 19/26103

Zu Artikel 2 (Änderung des Artikel 10-Gesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 4a Weiterverarbeitung von Verkehrsdaten durch den Bundesnachrichtendienst)
§ 4a regelt eine Befugnis zur Weiterverarbeitung von nach § 3 erhobenen Verkehrsdaten zu einem anderen Zweck
als den in § 1 Absatz 1 Nummer 1 genannten. Dabei ist die Speicherung der Daten zum Zweck der Weiterverarbeitung im Rahmen einer Verkehrsdatenanalyse nach § 4a Absatz 1 Nummer 1 und 2 zulässig, ohne dass diese
zuvor unkenntlich gemacht wurden. In Absatz 3 werden Kontrollmechanismen geregelt, die sicherstellen, dass
die Zweckbindung bei der Nutzung der Verkehrsdaten eingehalten wird.
Zu Absatz 1
In Absatz 1 wird ergänzend zu § 3 Absatz 1 die Nutzungsmöglichkeit von Verkehrsdaten geregelt, die aufgrund
einer angeordneten Maßnahme nach § 3 erhoben wurden. Eine Unkenntlichmachung der Verkehrsdaten ist hier
nicht erforderlich, da die Daten im Rahmen einer G 10-Maßnahme erhoben wurden.
Nach Nummer 1 darf der Bundesnachrichtendienst die gespeicherten Verkehrsdaten weiterverarbeiten, um Personen zu erkennen, die einen Deutschlandbezug aufweisen und über die Informationen erlangt werden können,
die für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes relevant sind. Die gespeicherten Verkehrsdaten sind
solche, die Anschlusskennungen des Verdächtigen einer Straftat nach § 3 Absatz 1 oder eines Nachrichtenmittlers
enthalten. Durch Nummer 1 sollen die Kontaktpersonen der Verdächtigen bzw. der Nachrichtenmittler (§ 3 Absatz 2: „Personen, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Verdächtigen
bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder, dass der Verdächtige
ihren Anschluss benutzt“) für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienst ohne Beschränkung auf die
Zwecke nach § 4 Absatz 2 Satz 3 weiterverarbeitet werden, BND-spezifisch auch für die in § 1 Absatz 1 Satz 1
Nummer 2 bezeichneten Zwecke. Verkehrsdaten der erkannten Personen können unter den dafür geltenden Voraussetzungen durch den Bundesnachrichtendienst als Suchbegriffe für die strategische Fernmeldeaufklärung genutzt werden.
Eine weitere Zweckänderung ist in Nummer 2 geregelt. Danach können die Verkehrsdaten genutzt werden, um
geeignete Telekommunikationsnetze im Sinne des § 10 Absatz 4 Satz 2 zu identifizieren (vgl. auch Begründung
zu § 26 Absatz 3 BNDG-E). Auch hier kann nur durch eine Analyse der über bestimmte Übertragungswege laufenden Daten festgestellt werden, ob diese für die strategische Fernmeldeaufklärung geeignet sind. Geeignet kann
ein Übertragungsweg beispielsweise sein, wenn eine hohe Anzahl von Daten übertragen wird, an denen Personen
aus dem Inland beteiligt sind. Bevor eine Strecke nach dem G 10-Verfahren angeordnet wird, muss geprüft werden, ob sich diese überhaupt hierfür eignet. Dies kann durch eine Abfrage nach § 114 TKG erfolgen. Durch die
Analyse der unverhashten Verkehrsdaten kann jedoch eine besonders präzise Prüfung der Geeignetheit erfolgen.
Die Analyse der Verkehrsdaten gibt Aufschluss über Start- und Endpunkt der Kommunikation sowie die Teilnehmer der Kommunikation. Hierdurch kann festgestellt werden, ob Daten enthalten sind, die für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes relevant sind und im Rahmen von Maßnahmen nach § 5 erhoben werden
könnten.
Wird im Rahmen einer Analyse zum Zweck der Nutzung nach Satz 1 Nummer 1 und 2 erkannt, dass die Daten
für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes relevant sind, ist eine darüberhinausgehende Nutzung
der Verkehrsdaten im Rahmen des Satzes 2 zulässig. Im Rahmen einer Analyse kann es dazu kommen, dass der
Bundesnachrichtendienst erkennt, dass es sich bei den Verkehrsdaten um relevante Daten handelt, die über die in
Satz 1 genannte Zwecke hinaus genutzt werden sollen. Beispielsweise könnte im Nachgang an eine terroristische
Anschlagsserie in Afghanistan in der Nähe von dort stationierten Soldaten der Bundeswehr erkannt werden, dass
der Bundesnachrichtendienst Verkehrsdaten zu Personen gespeichert hat, die im Zusammenhang mit den Anschlagsvorbereitungen stehen. Die Verkehrsdaten deuten darauf hin, dass verschiedene Anschlagsbeteiligte insbesondere kurz vor den Anschlägen Kontakt zu einer Nummer in Deutschland hatten. Im genannten Beispiel
könnten die Informationen zu der deutschen Nummer im Rahmen der in Satz 2 geregelten Befugnis an inländische
Polizeibehörden übermittelt werden, damit diese Ermittlungsmaßnahmen zu einer möglichen Anschlagsbeteiligung aufnehmen können.
Für die weitergehende Nutzung der Daten nach Satz 2 gilt folgende „Nutzungskaskade“: Sie dürfen immer zu
Zwecken genutzt werden, zu denen gleiche oder geringere Voraussetzungen vorgesehen sind, als die, zu denen
sie erhoben wurden. D.h. Daten, die im Rahmen von § 3 (Individualmaßnahme) erhoben wurden, dürfen neben

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