- 94 Datenübermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst an die Bundeswehr stets ein enger Bezug zu besonders gewichtigen Rechtsgütern (z. B. Leib und Leben von Soldatinnen
und Soldaten im Auslandseinsatz oder Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr bzw. von Streitkräften verbündeter Staaten im Rahmen der Landes- oder Bündnisverteidigung) gegeben.
Die Bundeswehr ist insbesondere im Rahmen der „Force Protection“ bei Auslandseinsätzen
und deren Vorbereitung (siehe die Begründung zu § 24 Absatz 7 Nummer 2), aber auch im
Rahmen der anderen in den Nummern 1. bis 4. genannten Fälle auf valide und schnelle
Datenübermittlung angewiesen. Diese kann in vielen Fällen nur durch einen automatisierten Datenaustausch gewährleistet werden. Daher darf der Bundesnachrichtendienst Daten
aus der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung auch automatisiert an die Bundeswehr übermitteln, wenn sie auf Grundlage von Suchbegriffen erhoben wurden, die strategischen Aufklärungsmaßnahmen nach § 19 Absatz 4 Nummer 1 Buchstabe a - zur Landesoder Bündnisverteidigung sowie Einsätzen der Bundeswehr oder verbündeter Streitkräfte
im Ausland - und Nummer 2 Buchstabe a - Leib, Leben oder Freiheit - zugeordnet sind.
Soweit die Bundeswehr dem Bundesnachrichtendienst zur Datenerhebung konkrete Suchbegriffe zur Verfügung gestellt hat, erfolgt auch die Prüfung dieser Suchbegriffe durch den
Bundesnachrichtendienst vor deren Verwendung automatisiert.
Datenübermittlungen an die Bundeswehr zu Zwecken der Unterrichtung der Bundesregierung oder einer Landesregierung sind darüber hinaus wie an alle anderen inländischen öffentlichen Stellen unter den Voraussetzungen der Absätze 2 und 7 möglich.
Zu Absatz 6
Absatz 6 gestattet dem Bundesnachrichtendienst eine Übermittlung personenbezogener
Daten, die mit dem Zweck der Gefahrenfrüherkennung gekennzeichnet sind, an andere
inländische Stellen und orientiert sich an der bisherigen Regelung in § 23 Absatz 2 Satz 1
in Verbindung mit § 19 Absatz 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG). Im
Unterschied zu den Absätzen 1 bis 4 der Norm ist hier der Empfängerkreis auf nicht-öffentliche Stellen erweitert (zum Beispiel nicht-öffentliche Stiftungen, Vereine und Kapitalgesellschaften). Da der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Zuständigkeit in der Regel
an andere inländische Stellen keine personenbezogenen Daten übermittelt, stellt die Norm
einen Ausnahmetatbestand dar. Demensprechend hoch sind die materiellen und formellen
Übermittlungshürden.
In formeller Hinsicht ist nach Satz 2 eine vorherige Zustimmung der fachaufsichtführenden
Stelle im Bundeskanzleramt einzuholen. Materiell-rechtlich sind die in Satz 1 benannten
Rechtsgüter, zu deren Schutz eine Übermittlung zulässig sein soll entsprechend gewichtig
und entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das eine Übermittlung
zum Schutz von Rechtsgütern von besonders schweren Gewicht in der Vorgängervorschrift
des § 23 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 4 BVerfSchG für zulässig erachtet
hat (BVerfG, a.a.O., Randnummern 174 und 313). Satz 3 gestattet ausnahmsweise eine
Datenübermittlung an andere inländische Stellen über die Vorgaben in Satz 1 und 2 hinaus,
wenn diesen die Daten bereits bekannt sind und der Bundesnachrichtendienst mit der Anfrage eine Vervollständigung oder Konkretisierung seiner Daten erreichen möchte. Da der
anderen inländischen Stelle in diesem Fall durch die Übermittlung keine zusätzlichen personenbezogenen Daten bekannt werden, sind die datenschutzrechtlichen Auswirkungen
für den Betroffenen gering. Der Kritik des Bundesverfassungsgerichts, das bei der Vorgängervorschrift das Fehlen einer Übermittlungsschwelle beanstandet hat (BVerfG, a.a.O.,
Randnummer 313), wird Rechnung getragen. Eine Übermittlung ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Erreichung der vorgenannten Zwecke erforderlich ist.