- 71 Nummer 3
Auch zum Schutz von gewichtigen Rechtsgütern der Allgemeinheit, deren Grundlagen die
Existenz der Menschen berührt, sind Maßnahmen der strategischen Ausland- Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes zulässig. So sind entsprechende Maßnahmen
insbesondere zulässig, um Gefährdungen der Energie- und Rohstoffsicherheit begegnen
zu können. Der gesetzliche Auftrag des Bundesnachrichtendienstes umfasst dabei den
Schutz der Versorgungslage in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch in Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Zu Absatz 5
Die Erhebung von Inhaltsdaten ist im Rahmen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung unverändert nur anhand von Suchbegriffen zulässig. Suchbegriffe können u.a. Anschlusskennungen, Signaturen von Übertragungen (das heißt bestimmte technische Parameter), geografische Bereiche, inhaltliche Suchbegriffe oder ein bestimmtes Telekommunikationsnetz einer geschlossenen Nutzergruppe sein. Suchbegriffe können auch Suchmuster sein, die auf Ergebnissen vorheriger Auswertungen beruhen. In der Praxis handelt es
sich bei den vom Bundesnachrichtendienst genutzten Suchbegriffen zu einem weit überwiegenden Teil um formale Suchbegriffe, also in der Regel um Telekommunikationsmerkmale. Inhaltliche Suchbegriffe, also Suchbegriffe, mittels derer nach bestimmten Begriffen
im Telekommunikationsinhalt gesucht wird (z. B. Namen von bestimmten, z. B. für die Herstellung von Sprengstoffen genutzten chemischen Verbindungen) werden hingegen in geringerem Umfang eingesetzt. Auf diese Weise soll bestmöglich sichergestellt werden, dass
zielgerichtet nur die Kommunikation erfasst wird, die auftragsrelevant für die Tätigkeit des
Bundesnachrichtendienstes ist und nicht Kommunikation von Personen, in der die inhaltlichen Suchbegriffe lediglich zufällig bzw. aufgrund eines nicht nachrichtendienstlich relevanten Sachverhaltes verwendet werden.
Der Einsatz von Suchbegriffen erfolgt jeweils zum frühestmöglichen Zeitpunkt bei der Datenerhebung. Bei bestimmten Arten von Suchbegriffen kann diese Selektion technisch bedingt erst in einem weiteren Verarbeitungsschritt unmittelbar nach der Datenerhebung erfolgen. Es dürfen nur solche Suchbegriffe verwendet werden, die zur Erhebung von auftragsrelevanten Informationen führen, das heißt die für die Aufklärung der nach Absatz 1
bestimmten Vorgänge bestimmt, geeignet und erforderlich sind. Ihre Verwendung muss
darüber hinaus im Einklang mit den außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland stehen.
Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit ist sicherzustellen, dass – soweit Suchbegriffe
von bestimmten Personen verwendet werden – die Verwendung von Suchbegriffen von
Verursachern von Gefahren, Nachrichtenmittlern oder sonst näher qualifizierten Informanten gegenüber der Verwendung von Suchbegriffen völlig unbeteiligter Personen vorrangig
erfolgt (vgl. BVerfG, a.a.O., Randnummer 187). Die Befugnisse aus § 24 bleiben unberührt.
Im Verhältnis zur Überwachung individueller Telekommunikation weist die strategische
Fernmeldeaufklärung allerdings insoweit ein geringeres Eingriffsgewicht auf, als sie sich
auf Datenströme bezieht, deren Ergiebigkeit im Einzelnen nicht vorhersehbar ist. Auch soweit sie mittels formaler Suchbegriffe auf die Überwachung einzelner Personen gerichtet
ist, ist sie typischerweise weniger zielgenau und nicht vollständig, da die für eine konkrete
Kommunikationsverbindung genutzten Netze und Übertragungsstrecken (sogenanntes
Routing) je nach Verfügbarkeit weithin spontan bestimmt werden und nur ein geringer
Bruchteil der deutschlandweit und weltweit vorhandenen Netze von Erfassungsmaßnahmen des Bundesnachrichtendienstes erfasst wird. Die strategische Fernmeldeaufklärung
unterscheidet sich in ihrem Eingriffsgewicht damit grundsätzlich von einer Beschränkung
im Einzelfall, wie sie etwa durch § 3 des Artikel 10-Gesetzes ermöglicht wird (vgl. BVerfG,
a.a.O., Randnummer 148).

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