- 65 die Bundesregierung rechtzeitig Maßnahmen zum Schutz deutscher Staatsbürger im Ausland bzw. – je nach Reichweite des Ereignisses – der Bevölkerung in Deutschland ergreifen
(z.B. Warn- und Reisehinweise, Evakuierungen oder Ausgabe von Medikamenten).
Darüber hinaus gewinnt der Bundesnachrichtendienst durch strategische Aufklärungsmaßnahmen auch Erkenntnisse über Entwicklungen, deren Fortgang schwerste Verbrechen,
die die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren (Völkermord, Verbrechen gegen
die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen), erwarten lassen. So entzünden sich Konflikte im
Rahmen von Wahlkämpfen, Kämpfen um Ressourcen (Weideland, Zugang zu Wasser, zu
staatlichen Geldern etc.) oder Kämpfen um größere Autonomie oft entlang ethnischer oder
religiöser Zugehörigkeiten, was zu ethnischen Vertreibungen, bewaffneten Angriffen auf die
Zivilbevölkerung etc. führen kann. Die Verhinderung solcher Verbrechen durch das Ergreifen von Gegenmaßnahmen liegt im Interesse der Bundesrepublik Deutschland sowie der
internationalen Staatengemeinschaft. Auf Basis der Übermittlung von Erkenntnissen zu
derartigen Entwicklungen und den involvierten Akteuren kann die Bundesrepublik Deutschland auf diplomatischem, politischem und wirtschaftlichem Wege Einfluss auf die Konfliktparteien nehmen. Zudem kann sie ihre Mitgliedschaft in internationalen Organisationen nutzen, um über die nationale Ebene hinaus einzuwirken.
Durch strategische Aufklärungsmaßnahmen gewinnt der Bundesnachrichtendienst ferner
Erkenntnisse über die Auswirkungen krisenhafter Entwicklungen im Ausland, insbesondere
auch über krisenbedingte illegale Migrationsbewegungen in Richtung der Bundesrepublik
Deutschland bzw. von Staaten der Europäischen Union, soweit diese nicht in organisierten
kriminellen Strukturen (vgl. hierzu Buchstabe e) erfolgt.
Krisenhafte Entwicklungen im Ausland können sich auf die Bundesrepublik Deutschland
auch in dem Zusammenhang auswirken, dass die Bundesrepublik Deutschland als rohstoffarmes Land mehr als andere Länder auf den freien grenzüberschreitenden Handel mit
Energie und Rohstoffen angewiesen ist. Beeinträchtigungen in diesem Bereich in Form von
Lieferengpässen oder -ausfällen haben erhebliche Folgen für die Bevölkerung und die deutsche Volkswirtschaft. Teilweise setzen staatliche Akteure die Zurückhaltung von Rohstoffexporten gezielt als politisches Druckmittel gegen andere Länder ein. Die Aufklärung
solcher Beeinträchtigungen ist für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes
von herausragender Bedeutung, da die Bundesrepublik z.B. Rohöl für deutsche Raffinerien
oder Erdgas in erheblichem Umfang aus dem Ausland bezieht, teilweise über Pipelines, die
ihrerseits durch mehrere Länder verlegt sind. Einseitige Maßnahmen der Lieferstaaten oder
Auseinandersetzungen zwischen Liefer- und Transitstaaten können die Energieversorgung
der Bundesrepublik gefährden. Bei rechtzeitiger Warnung hätte die Bundesregierung beispielsweise die Möglichkeit, diplomatisch aktiv zu werden und vermittelnd einzugreifen bzw.
Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Energieversorgung einzuleiten.
Buchstabe c
Buchstabe c erfasst den Phänomenbereich des internationalen Terrorismus und Extremismus, der entweder durch Gewaltbereitschaft charakterisiert wird, oder auf die planvoll verborgen betriebene Durchsetzung politscher, religiöser oder ideologischer Ansichten ausgerichtet ist. Die Bedrohungslage durch den internationalen gewaltbereiten Terrorismus durch
Terrororganisationen ist unverändert hoch.
Gewalttätige und extremistisch ausgerichtete Organisationen haben Verbindungen nach
Deutschland und Europa und betreiben von dort aus anschlagsvorbereitende Maßnahmen
der Finanzierung und Rekrutierung. Dabei erfolgt auch eine Nutzung europäischer Staaten
als Flucht- und Ruheraum für Mitglieder der Organisationen.
Darüber hinaus hat der gewaltbereite, international vernetzte Extremismus an Gefährdungspotential gewonnen. Gerade auch im Bereich des gewaltbereiten Rechtsextremismus